Syrien: Warum Rojava entscheidend ist
Seite 2: Erdogans "rote Linien"
Das Scheitern der Eroberung von Manbidsch lag an mehreren Faktoren, so vor allem auch an dem entschlossenen Widerstand des Volksrats von Manbidsch und der Verteidigungskräfte. Insbesondere die inklusive Politik der Selbstverwaltung - alle in Manbidsch lebenden kulturellen, religiösen oder ethnischen Gruppen sind am Volksrat von Manbidsch beteiligt - bot keinen Ansatzpunkt für eine Destabilisierung.
Dennoch hätte Manbidsch alleine, möglicherweise nicht den Angriffen des türkischen Militärs und mit ihm verbundener Einheiten der sogenannten Freien Syrischen Armee (FSA) standhalten können. Einen entscheidenden Beitrag zu Verteidigung von Manbidsch lieferte das diplomatische Gewicht der Selbstverwaltung. Man bedenke, die Operation auf Rakka war gerade am Beginn, als sich die Angriffe auf Manbidsch verschärften.
Zunächst erlaubte die Selbstverwaltung der russischen Armee Stellungen bei Manbidsch einzurichten. Dies wurde in verschiedenen Publikationen fälschlicherweise als Stationierung von Regimetruppen dargestellt, wobei, worauf ich später zurückkommen werde, sehr wohl ein Dissens in der DFNS-Politik zwischen Baath- Regime und Russland existiert. Die Angriffe der Türkei dauerten allerdings an. Aldar Xelil (Demokratische Bewegung/ TEV-Dem) erklärte in einem Interview hierzu:
Die Türkei ist im Moment nicht stark genug, um nach Manbidsch vorzudringen. Sie benutzen dennoch ihre Artillerie und Kampfflugzeuge, um die Stadt zu bombardieren und anzugreifen. Die Situation ist aktuell so, dass, wenn die Angriffe der Türkei auf Minbic anhalten, wir unseren Fokus auf die Verteidigung von Manbidsch legen müssen. Das würde auch bedeuten, dass wir unsere Kräfte aus Rakka abziehen würden.
Aldar Xelil
Die geschilderte Problematik hat schließlich zur Stationierung von US-Einheiten in Manbidsch geführt, die Konkurrenz der USA zu Russland hat sicherlich ihr Übriges dazu beigetragen. Manbidsch ist möglicherweise der einzige Ort auf der Welt, an dem im Moment US-amerikanische und russische Truppen gemeinsam stehen. Interessant ist hierbei, dass sowohl Russland als auch die USA ein föderatives Modell für Syrien unterstützen.
Diese Situation hat ein Hauptziel der Türkei, nämlich die vollständige Besetzung der Region Shehba (um al-Bab) unmöglich gemacht. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Rückzug der Türkei zu verstehen. Allerdings handelt es sich vor allem um eine offizielle Form des Rückzugs, da die türkische Armee mit Spezialeinheiten, Geheimdienst und durch Söldnereinheiten dauerhaft in dieser Region präsent sind.
Von Euphrates Shield nach Euphrates Sword?
Die Städte Tscherabulus, al-Rai, Azaz, Soran, Dabik, Exterin und al-Bab sind weiterhin durch das türkische Militär besetzt. Im Moment dreht sich alles in diesem Rahmen um eine Konsolidierung der türkischen Vorherrschaft in der Region. Dazu wird auf verschiedene Kräfte gesetzt. So trainieren türkische Spezialeinheiten sogenannte "FSA"-Einheiten zum Kampf gegen die Selbstverwaltung der DFNS.
Diese Einheiten von der von türkischen Rechtsextremisten geprägten Sultan Murat Brigade über die al-Hamza Brigade befinden sich in der türkischen Besatzungszone nach der offiziellen Verdrängung des sogenannten Islamischen Staates in einer Phase der Stärkung und Ausbildung.