Syrische Chemiewaffen sollen einsatzbereit sein

Seite 2: Ausländische Militärhilfe beim Chemieprogramm

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Die syrischen Streitkräfte wurden von der sowjetischen bzw. russischen Regierung mit Boden-Boden-Raketen und Jagdbombern ausgestattet. Welchen Anteil die Moskauer Regierung an der syrischen C-Waffenproduktion hat(te), ist nicht bekannt. Aufgrund der umfassenden Militärhilfe der Sowjetunion bzw. Russlands für das Regime in Damaskus halten sich gegenwärtig rund 200 russische Militärberater bzw. Ingenieure in Syrien auf. Wieviele davon mit der "Betreuung" der Jagdbomber und der Raketen befasst sind, ist nicht bekannt. Da die "Chemischen Truppen" innerhalb des russischen Heeres z. Zt. reduziert werden, besteht die Möglichkeit, dass russische Experten in den letzten Jahren nach Syrien ausgewandert sind.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden wiederholt chemische Kampfstoffe bzw. deren Ausgangsstoffe von Russland nach Syrien geschmuggelt. Der Umfang dieser illegalen Lieferungen kann nicht geschätzt werden. Immerhin konnte der russische Inlandsgeheimdienst FSB einmal eine Lieferung von 5 Tonnen Nervengas verhindern.

Außer Russland beteiligten sich aus Unternehmen aus mehreren "westlichen" Ländern - wissentlich oder unwissentlich - an der chemischen Aufrüstung in Syrien: USA, Niederlande, Frankreich, Spanien, Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien und Slowakei. So lieferten, teils mit Hermes-Bürgerschaften, mehrere deutsche Unternehmen Chemikalien oder Bauteile, die möglicherweise für das Chemiewaffenprogramm verwendet wurden. Als syrischer Handelspartner trat i. d. R. die zivile, pharmazeutische Importfirma Saydalaya auf.

Einsatzvorbereitungen

Bereits im Januar und Februar 1982 schlug der damalige syrische Diktator Hafez al-Assad einen Aufstand der islamistischen Moslembruderschaft in der Stadt Hama nieder, dabei soll auch Blausäure bzw. Zyanid eingesetzt worden sein. Das Blutbad forderte - nach unterschiedlichen Angaben - 7.000 bis 35.000 Tote. Es ist damit zu rechnen, dass das syrische Regime erneut C-Waffen einsetzt.

Im Juli 2012 erklärte der Sprecher des syrischen Außenministeriums, Dschihad Makdissi, seine Regierung werden C-Waffen nur im Falle einer ausländischen Einmischung, niemals aber gegen das eigene Volk, einsetzen. Und im September 2012 berichtete der "Spiegel", dass die syrischen Streitkräfte mitten im Bürgerkrieg Tests mit Chemiewaffen durchführten.

Nach einem Bericht von Wired unter Berufung auf einen anonym bleibenden Regierungsmitarbeiter sollen die syrischen Streitkräfte in der letzten Novemberwoche damit begonnen haben, die Gefechtsbereitschaft ihrer chemischen Waffensysteme herzustellen, so dass das Militär zuschlagen kann, sobald der amtierende Staatspräsident Baschar al-Assad dazu den Befehl erteilt. So berichtete die israelische Zeitung "Yedioth Achronoth" mit Verweis auf Wired, die Streitkräfte hätten die beiden bisher getrennt gelagerten Komponenten (Alkohol und Methylphosphonyl) zur Herstellung des Nervengases Sarin miteinander vermischt. Das fertige Sarin (chem. Bezeichnung: Methlylfluorophosphonsäureisopropylester) sei dann in Flugzeugbomben abgefüllt worden. Aber in dieser Form ist das Sarin nur rund 2 Monate lagerbar, so dass die Bomben bis Ende Januar 2013 entweder eingesetzt oder entsorgt werden müssen!

Diese alarmierenden Meldungen kommen zu einem Zeitpunkt, da die Rebellenarmee weiter auf dem Vormarsch ist. Zunächst hatten die syrischen Streitkräfte versucht, die Rebellen im Infanteriekampf niederzuringen, später dann durch ihre Panzerverbände. Zum Schluss ließ Baschir al-Assad die Wohnviertel der Aufständigen durch die Luftwaffe bombardieren. Damit sind seine konventionellen Möglichkeiten ausgeschöpft. Allerdings können sich die Kämpfe noch Monate hinziehen. So erklärte ein türkischer Regierungsbeamter gegenüber dem Guardian:

We have intelligence from different sources that the Syrians will use ballistic missiles and chemical warheads. (…) First they sent the infantry in against the rebels and they lost a lot of men, and many changed sides. Then they sent in the tanks, and they were taken out by anti-tank missiles. So now it's air power. If that fails it will be missiles, perhaps with chemical warheads. That is why we asked Nato for protection.

Möglicherweise sind die syrischen Einsatzvorbereitungen aber auch eine Reaktion auf die kürzlich bekannt gewordenen Pläne der NATO, AWACS-Flugzeuge und Patriot-Raketen in der Türkei zu stationieren.

Angeblich will die US-Regierung Rebellen für den Umgang mit chemischen Waffen ausbilden.So sollen bereits Experten angeheuert und erste Übungern in Jordanien durchgeführt worden sein.