Syrische Extremisten-Milizen: Westen gegen Russlands UN-Initiative

Jaish al-Islam in Eigendarstellung. Propagandabild.

Ahrar al-Sham und Jaish al-Islam sollten wegen ihrer Verbindungen zu al-Qaida auf die UN-Liste der terroristischen Gruppen. USA, Großbritannien und Frankreich stellen sich dagegen

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Kämen die beiden radikal-islamistischen Milizen Jaish al-Islam und Ahrar al-Sham auf die UN-Liste der Terrororganisationen, dann bedeuteten Waffenlieferungen und sowie andere Unterstützungsleistungen eindeutige Verstöße gegen UN-Regelungen im Kampf gegen den Terror. Ein solcher Schritt hätte auch Konsequenzen auf die Sicherheitsrats-Resolution zu Syrien unter Beachtung der ISSG-Verhandlungen, worin außer dem politischen Prozess auch der Kampf gegen Terrorgruppen eine wichtige Rolle spielt (UN-Sicherheitsrat verabschiedet einstimmig Syrien-Resolution).

Laut Berichten verschiedener Nachrichtenagenturen, die sich auf Diplomaten beziehen, haben die USA, Großbritannien, Frankreich und die Ukraine einen Vorschlag Russlands abgelehnt, Ahrar al-Sham und Jaish al-Islam auf die UN-Terror-Liste zu setzen. Dazu hätte es einen Konsens im Sicherheitsrat gebraucht.

Russland wirft beiden Gruppen vor, dass sie mit dem syrischen al-Qaida-Ableger al-Nusra Front Verbindungen haben. Berichte über Kampfbündnisse beider Gruppen mit der Nusra-Front belegen dies seit längerem.

Aussagen von Mitgliedern beider Gruppen lassen darüber hinaus keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie für eine radikal-islamistische Neuordnung Syriens eintreten, der Hass auf Schiiten ist prägend, die Sharia-Gerichtsbarkeit wird mit großer Rigidität und Brutalität verfolgt, wie Jaish al-Islam in Ost-Ghouta unter Beweis stellt. Die extremistische Jaish al-Islam lieferte wiederholt Beweise menschenverachtender Brutalität und der Kooperation mit al-Nusra.

Unterschiede zur Dschihad-Ideologie von al-Qaida mögen intern von Bedeutung sein, grosso modo spielen die Nuancen, was das angestrebte politische Herrschaftsystem anbelangt, eine kleine Nebenrolle, wenn man dem die Möglichkeit eines säkular orientierten Staates entgegenhält, der religiöse Freiheitsrechte gewährt und auf den Schutz von Minderheiten achtet.

Die Ablehnung des russischen Antrags zeigt wie üblich die politischen Interessen der Länder auf, die sich "Freunde Syriens" nennen. Die Begründung des Sprechers der US-Vertretung bei der UN lautet:

Russlands Versuch, Gruppen als Terror-Gruppen einzustufen, die als Parteien an der Waffenruhe beteiligt sind, könnte schädliche Auswirkungen auf die Waffenruhe haben, gerade jetzt, wo wir versuchen, die Situation vor Ort zu deeskalieren.

Um es einfach zu formulieren, die für den Frieden schädlichste Auswirkungen auf die Waffenruhe rühren von den stetigen Waffenlieferungen an Milizen, die mittels groß angelegter PR-Arbeit der Öffentlichekit nach wie vor als "moderat" verkauft werden.

Ahrar al-Sham wie auch Jaish al-Islam werden von Saudi-Arabien unterstützt, von der Türkei, von Katar und über die Zusammenarbeit Saudi-Arabiens mit der CIA bei Waffenlieferungen an überprüfte Milizen-Kommandeure ("vetted") auch von den USA. Dass Ahrar al-Sham in der Washington Post eine Selbstdarstellung in eigener Sache lancieren konnte, zeigt gute Verbindungen zur politischen Klasse in der US-Hauptstadt an.

Besonders eng ist das Verhältnis Saudi-Arabiens zu den beiden Gruppen, der Führer von Jaish-al-Islam gehört zu den Spitzenvertretern der Verhandlungsgruppe der Oppositionellen, die in Riad zusammengestellt wurde. Deren Ziel hat das Königreich immer wieder untermauert: die Ablösung von Bashar al-Assad. Dafür sollten die bewaffneten Oppositionsgruppen auch bestmöglich aufgerüstet werden, betonte der saudi-arabische Außenminister al-Jubeir kürzlich.

Dass Russland sich zuletzt besonders über die "Sicherheitszonen"-Projekte im Norden Syriens beunruhigt, hat auch den Grund, dass es hier um camouflierte Terraingewinne geht, die Gruppen möglich sind, die im Schutz der Waffenruhe gut operieren können. Wie dies am besten aufrecht erhalten wird, veranschaulicht ein Tipp des britischen Oppositionsexperten Charles Lister: Die syrische Opposition solle darauf achten, ihre Zusammenarbeit mit al-Nusra auf verdeckte Operationen zu beschränken.