Teledörfer - Urbanisierung des Landes oder Ruralisierung der Städte?
- Teledörfer - Urbanisierung des Landes oder Ruralisierung der Städte?
- Ruralisierung der Stadt oder Urbanisierung des Landes
- Globalisierung und Regionalisierung
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Elmar Zepf im Gespräch mit Florian Rötzer
Der Cyberspace, so glaubt man, wird die Dezentralisierung fördern. Das könnte zum Bedeutungsverlust der Städte führen und durch die Einrichtung von Telearbeitsplätzen ein Leben auf dem Land für viele eröffnen. Elmar Zepf, Professor für Städtebau und Raumplanung in München, über Teledörfer und die Folgen.
Auszug aus der Stadt?
Man geht davon aus, daß der Ausbau der Datenautobahn oder des Cyberspace eine Dezentralisierung bewirkt, daß sich die Notwendigkeit der städtischen Verdichtungen auflöst und sich die Menschen auch auf dem Land ansiedeln können. Sie versuchen gerade, ein Konzept für Teledörfer auszuarbeiten. Was stellen Sie sich denn unter einem Teledorf vor, und welchen Sinn hätte die Einrichtung von Teledörfern?
ZEPF: In England, in den USA, in Holland wurden Teledörfer errichtet, die als Pilotprojekte sehr unterschiedlichen Charakter haben. Gemeinsam ist ihnen, daß sie eine virtuelle Gemeinschaft von Personen, Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen bilden, die durch Telekommunikation verbunden sind. Im Gegensatz zur Großstadt ist typisch, daß Dorfbürger mit Partnern direkt und schnell kommunizieren können, die sonst nur mit großem Zeit- und Wegeaufwand zu erreichen sind.
Zunächst muß man sich einmal die Gesamtzielrichtung für den ländlichen Raum ansehen. Man verspricht sich viel von der Dezentralisierung durch die Dematerialisierung mithilfe der Telekommunikation. Wird das dem ländlichen Raum tatsächlich helfen? Sicher werden nun Menschen im ländlichen Raum arbeiten können, die bislang in der Stadt ihren Arbeitsplatz gefunden haben. Diese Entwicklung kann man unter dem Begriff der Telearbeitsplätze zusammenfassen. In Amerika, aber auch schon bei uns, gibt es eine insgesamt noch kleine Bewegung von sogenannten Stadtflüchtern. In Amerika nennt man sie "lone eagles". Eine weitere Entwicklung wären Bildungsstätten, von denen man glaubt, daß sie im ländlichen besser aufgehoben sind.
Für das Dorf oder die Kleinstadt im ländlichen Raum gibt es drei konzeptionelle Ideen. Erstens kann man die Telekommunikation bekanntlich wie ein "Schwarzes Brett" benutzen. Dadurch können Informationen auch in das kleine Dorf hineinkommen, die sonst nur spärlich, spät oder überhaupt nicht dorthin gelangt wären. Zweitens kann das Handwerk, was bereits spezifischer für den ländlichen Raum ist, unter sich mit der Technologie arbeiten. Sodann wäre eine relativ neue Entwicklung, daß der Landwirtschaft über die Telekommunikationsmittel neue Chancen eröffnet werden, indem Agrarprodukte direkt den Stadtbewohnern angeboten werden können. Und drittens ist längerfristig anzustreben, daß das spezifisch ländliche Wissen vom Dorf in die Stadt fließt.