Tödlicher Anschlag auf den russischen Botschafter in Ankara

Russlands Außenministerium spricht von einem Terroranschlag. Der Attentäter beschwört ein Rachemotiv für Aleppo

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Für den morgigen Dienstag war ein Treffen der Außen- und Verteidigungsminister von Russland, Iran und der Türke angesetzt. Laut Tass sollte über Abmachungen zu Syrien gesprochen werden und über die "Implementierung von relevanten UN-Sicherheitsratsresolutionen".

Der russische Außenminister Lawrow richte seine Erwartungen darauf, die Situation in Syrien mit denen zu besprechen, die sie "wirklich beeinflussen" können, ist in der Meldung zu lesen - ein offensichtlicher Seitenhieb auf die USA. Der Außenminister hoffe, dass das Treffen stattfinde, heißt es am Ende.

Die Meldung war lange veröffentlicht, bevor die Nachricht kam, dass auf den russischen Botschafter in der Türkei, Andrej Karlow, auf einer Kunstausstellung in der Hauptstadt Ankara ein tödlicher Anschlag verübt wurde. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, sprach von einem Terroranschlag, den sie vor dem UN-Sicherheitsrat zur Sprache bringen will. Sie fordert eine gründliche Untersuchung von den türkischen Behörden.

Ein Mann im Anzug hatte auf Andrej Karlow, der gerade eine Rede hielt, hinterrücks geschossen, wie ein Video zeigt, das im Netz kursierte und dann auf YouTube gepostet wurde. Karlow erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Der Mann rief, wie die Videoaufzeichnungen zeigen, "Allahu Akbar" und schrie dann mit erhobenen Zeigefinger und dann mit der Pistole aufs Publikum gerichtet wütende Sätze - über Syrien, wie der Spiegel aufklärt:

Vergesst Syrien nicht! Vergesst Aleppo nicht. Solange die Menschen dort nicht sicher sind, werdet ihr nicht sicher sein!

Attentäter, laut Spiegel

Der Mann wurde von Sicherheitskräften erschossen. Noch bevor sich Spekulationen über einen möglichen al-Qaida-Hintergrund des Attentäters auf Twitter auf etablierte Medien ausbreiteten, lieferten die türkischen Behörden, gewohnt schnell, schon ein erstes Täterbild.

Innenminister Süleyman Soylu identifizierten den 22-Jährigen als Polizisten, der seit zweieinhalb Jahren bei einer Riot-Polizei-Einheit in Ankara im Dienst war. Er soll bei seinem Eintreten einen Polizeiausweis gezeigt haben. Laut Informationen von Hurriyet Daily News wurden bei dem Anschlag drei weitere Personen verletzt.

Nach Angaben der Zeitung schoss der Attentäter zuerst in die Luft und dann den russischen Botschafter in den Rücken - nachdem derTatort evakuiert worden sei, habe er ein zweites Mal auf Andrej Karlow geschossen.

"Wer auch immer Anteil an der Unterdrückung hat, wird dafür zahlen müssen", soll der Mörder laut Hurriyet weiter gerufen haben. Der türkische Außenminister befand sich während der Zeit des Anschlags im Flugzeug nach Moskau.

Geht es nach der beachtenswerten Analyse des Mitbegründers und Kommandeurs der kurdischen YPG, Polat Can, so hatten die russisch-türkischen Abmachungen einen wichtigen Anteil an der Niederlage der Dschihadisten-Milizen in Aleppo. Erdogan orderte angeblich nach seinem Besuch bei Putin den Stopp von militärischen Aktionen von Milizen, auf die er Einfluss hatte. Laut Can hatte der türkische Geheimdienst großen Einfluss auf die Milizen in Aleppo.