Tomaten statt Tablets: Warum Schulgärten in Zeiten der Digitalisierung wichtig sind

Symbolbild zeigt Kinderhände mit frisch geerntetem Gemüse

Selbst gepflanztes Gemüse ernten: ein etwas anderer Belohnungsmechanismus als digitale Likes. Hat er langfristig eine Chance? Foto: jf-gabnor / Pixabay Licence

Bildungskrise: Auch Mangel an Bewegung und Naturerfahrungen spielen eine Rolle. Wissenschaftler setzen auf grundlegende Kulturtechniken.

Mit knapp 40 in der Auszeit nach dem Burnout zum ersten Mal selbst angebautes Gemüse gekocht? Das kann bei Großstadtmenschen schon mal vorkommen. Manche lernen es auch nie, bleiben Tiefkühlpizza oder Lieferando treu oder kaufen bestenfalls frisches Gemüse, ohne sich vorstellen zu können, wie und wo es gewachsen ist.

Es ergab sich einfach nie die Gelegenheit – und wer bemüht sich schon im Alltagsstress darum?Nicht alle haben Zugang zu Gärten oder großen Balkons, um Tomaten oder gar Kürbisse und Kartoffeln zu pflanzen.

Gemeinschaftsgärten in Städten gehen zum Teil auf Besetzungen zurück und ihr rechtlicher Status ist nicht immer gesichert. Ob Privatgrundstücke oder öffentliche Flächen auch der balkonlosen Nachbarschaft zur Verfügung gestellt werden, ist mehr oder weniger Glücksache; falls überhaupt jemand die Initiative ergreift. Und nicht jeder und jede hatte das Glück, eine Schule mit Schulgarten zu besuchen.

Degeneration durch Digitalisierung?

Viele beschäftigt aktuell auch die Frage, was Digitalisierung bringt, wenn die Menschen zugleich immer weniger Ahnung von grundlegenden Kulturtechniken haben.

Der Astrophysiker und ZDF-Wissenschaftsjournalist Harald Lesch sowie der Pädagogikprofessor Klaus Zierer sehen einen Schlüssel zur Überwindung der Bildungskrise in Schulgärten.

"Jede Schule sollte einen Schulgarten haben", fordern sie laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur, da heute immer mehr Kinder und Jugendliche ohne Naturerfahrungen aufwüchsen.

Die Pflege eines Schulgartens könne vielfältige Bildungsprozesse in Gang setzen, betonen sie: "Sich um die Natur zu kümmern, zu sehen, wie Leben entsteht und Gartenfrüchte wachsen, zu erfahren, wie schön es ist, zu ernten, und auch zu erkennen, wie wichtig es ist, gemeinsam im Garten zu arbeiten."

Schulgärten: Lange Tradition vom 18. Jahrhundert bis zur DDR

Obwohl es sie bisher nicht flächendeckend gibt, haben Schulgärten laut Lesch und Zierer in Deutschland eine lange Tradition, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. In der DDR seien sie fest im Bildungssystem verankert gewesen.

Gemeinsam haben Lesch und Zierer im Herbst das Buch "Gute Bildung sieht anders aus: Welche Schulen unsere Kinder jetzt brauchen" veröffentlicht. Darin fordern sie vor allem mehr Lebensnähe im Unterricht – auch mit Blick auf Bewegungsmangel und falsche Ernährung.

Digitale Technik als teilweise lernschädlich kritisiert

Die "zunehmende Digitalisierung der Lebenswelt" sehen sie dabei als Kernproblem, da sie dazu führe, dass Kinder und Jugendliche weniger Zeit in Bewegung verbringen. In diesem Zusammenhang steht auch ihre Forderung nach der flächendeckenden Einführung von Schulgärten, die sich prägnant mit "Tomaten statt Tablets" zusammenfassen lässt.

"Statt Milliarden Steuergelder für wenig bildungswirksame und teilweise sogar lernschädliche Technik zu vergeuden, wäre es pädagogisch sinnvoller, unsere Schulen wieder mit Leben zu erfüllen."

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