Triumph des Populismus - Bulgarien hat ein neues Parlament

Seite 2: Statt Justizreform vermutlich Koalition mit den Patrioten

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Weil GERB die von Justizminister Hristo Ivanov vom Reformerblock angestrebte Justizreform gemeinsam mit den Oppositionsparteien torpedierte, trat Ivanov im Dezember 2015 von seinem Amt zurück. Seitdem gab es Spekulationen, Borissov könne vorgezogene Neuwahlen provozieren, um die lästigen Reformer als Koalitionspartner durch die ihm genehmeren Patrioten zu ersetzen.

Ob Borissov dies tatsächlich im Sinn gehabt hat, als er im November 2016 in Reaktion auf GERBS Wahlniederlage bei den Präsidentschaftswahlen sein Regierungsmandat niederlegte und damit vorgezogene Parlamentswahlen notwendig machte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die Nachfolge der Patrioten auf die Reformer als GERBS Koalitionspartner ist nun aber das wahrscheinliche Resultat dieser Parlamentswahlen. Hristo Ivanovs neugegründete, stark das Thema Rechtsstaatlichkeit fokussierende Partei "Da, Bulgaria" (Ja, Bulgaria) hat den Einzug ins Parlament verfehlt.

Traditionell stellen sich die bulgarischen Parteien in Wahlnächten der Internationalen Pressekonferenz. Vor einigen Jahren hat Boiko Borissov mit dieser Tradition gebrochen und die versammelte Journaille kurzerhand versetzt. Seitdem zieht er es vor, sich jeweils in seinem Stabsquartier einem kleinen Kreis von Reportern zu erklären.

Verwaiste Internationale Pressekonferenz in der BTA. Bild: F. Stier

Am vergangenen Sonntag sind die anderen Parteien seinem Beispiel nun gefolgt, so dass Journalisten und Kameraleute in der Bulgarischen Telegraphen-Anstalt (BTA) völlig umsonst auf Wahlsieger und Besiegte warteten. "Vielleicht ist die verwaiste Internationale Pressekonferenz in der BTA die treffendste Metapher für diese Wahl", kommentierte der Soziologe Ognjan Mintschev, einstiger Vorsitzender von Transparency International Bulgaria. Bulgarien ist in der Ära Borissov in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) von Rang 59 im Jahr 2008 auf Rang 113 abgestürzt, hat auch dort die Rote Laterne aller EU-Staaten inne.