Triumph des Populismus - Bulgarien hat ein neues Parlament

Seite 3: "Wir sind die Alternative"

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"Wir gratulieren GERB zum Wahlsieg, erklären aber sogleich: Sollten wir eine Einladung zum Gespräch erhalten, werden wir ein Koalitionsangebot strikt ablehnen. Wir sind die Alternative zu GERB", erklärte eine sichtlich enttäuschte BSP-Vorsitzende Kornelia Ninova in der Wahlnacht im BSP-Parteigebäude.

Erst im Mai 2016 hat sie den BSP-Vorsitz übernommen und bereits im November 2016 mit der Wahl ihres Kandidaten Rumen Radev zum Staatspräsidenten eine politische Sensation geschafft, galt die BSP doch nach ihrem Sturz von der Regierung im Sommer 2014 auf lange Sicht als erledigt. Unter Ninovas Führung hat die BSP ihr Wahlergebnis der Parlamentswahlen vom Oktober 2014 fast verdoppeln können, die erhoffte Ablösung Borissovs als Regierungschef wird ihr aber aller Voraussicht nach versagt bleiben.

Ninova hat einen auf soziale Themen fokussierten und nationalistisch angehauchten Wahlkampf geführt. Sie versprach die Abschaffung der von ihrer Partei vor zehn Jahren eingeführten Einheitssteuer auf Einkommen, ein Auftauen des eingefrorenen AKW-Projekts Belene und generell eine stärkere Einmischung des Staates in das Wirtschaftsgeschehen.

"Bulgaren, nehmen wir uns die Freiheit, die Ruhe und den Stolz zurück von Boiko Borissov", sprach sie eine Woche vor der Wahl im zentralbulgarischen Stara Zagora zu ihren Sympathisanten. "Die Demokratie hat uns viel genommen. Sie hat uns die Gesundheitsversorgung genommen, die Bildung, die Sicherheit", appelierte sie an die nostalgischen Gefühle ihrer Zuhörer. "Aber sie hat uns die Freiheit zu denken gegeben, dass wir eine Meinung haben und für unsere Rechte kämpfen. Dieser Typ hat uns auch diese Freiheit genommen", giftete sie gegen ihren politischen Gegner Borissov.

Ninova versprach, Bulgarien eine starke Wirtschaft zu verschaffen, Gesundheitsversorgung und Bildung und die Verteidigung nationaler Interessen. "Wir sagen klar in Europa, im Osten und im Süden, dass wir eine Ehre haben und Würde und es fremden Herren und Vorgesetzten nicht erlauben werden, unser Schicksal zu bestimmen", schlug sie nationalistische, an Brüssel gerichtete Töne an, die den Weg zur erklärtermaßen gewünschten Koalition mit den VP-Nationalisten ebnen sollten.

Daraus wird zumindest vorerst nichts, obliegt es doch zunächst Boiko Borissov, zu Koalitionsgesprächen einzuladen. Einem Bündnis mit der PDS hat er eine Absage erteilt, so bleiben ihm zwei Optionen; ein Zweierbündnis mit den drittplatzierten Nationalisten der VP und damit eine knappe Regierungsmehrheit von 122 der 240 Parlamentssitze. Oder eine breitere Koalition zusätzlich mit der populistischen Partei Volja, die nur knapp den Einzug ins Parlament geschafft hat. Sie ist das politische Instrument des Apotheken- und Tankenstellenbetreibers Vesselin Mareschki, der seinen Wählern vor allem billigen Sprit und günstige Medikamente versprochen hat.