Trostpreis für "Siko"-Chef

Protestkundgebung gegen die Münchner Sicherheitskonferenz 2019. Foto: Henning Schlottmann / CC BY-SA 4.0

Vorläufige Münchner Sicherheitskonferenz ohne Hinterzimmergespräche, aber erstmals mit amtierendem US-Präsidenten geplant - Gegenveranstaltungen digital und analog

Eine echte Ersatzveranstaltung für die 57. Münchner Sicherheitskonferenz wird es nicht, denn die soll "zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2021 stattfinden", wie es auf der Internetseite der Veranstalter heißt. Für Freitag, den 19. Februar - nach ursprünglicher Planung der Tag Auftaktveranstaltung im Luxushotel Bayerischer Hof - ist wegen der Covid-19-Pandemie nur eine digitale "Special Edition" geplant. Allerdings mit noch hochkarätigerer Besetzung als bei den bisherigen Präsenzveranstaltungen mit Festessen und Hinterzimmergesprächen üblich: Aus den USA kamen dorthin - abgesehen von Militärs, Geheimdienstlern und Rüstungslobbyisten - meist "nur" Außen- und Verteidigungsminister. Ein amtierender US-Präsident war bisher nicht dabei.

Das soll sich bei der abgespeckten Digitalversion der Konferenz ändern: Eine Grundsatzrede von US-Präsident Joseph Biden ist angekündigt. Konferenzleiter Wolfgang Ischinger nahm Bidens Zusage bereits vergangene Woche zum Anlass, dem Bayerischen Rundfunk zu erklären, was das für die Rolle Deutschlands in der Welt bedeute: Die Tatsache, dass der US-Präsident seine erste Rede an die Adresse der Europäer ausgerechnet bei der Münchner Sicherheitskonferenz hält, sei auch ein Ausdruck der gewachsenen Erwartungshaltung an Deutschland, mehr Führungsverantwortung zu übernehmen.

EU meets NATO, Söder meets Gates

Zugeschaltet werden neben Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (beide CDU) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg auch der französische Präsident Emmanuel Macron sowie UN-Generalsekretär Antonio Guterres und der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus. Hinzu kommen der Präsident des Europarats, Charles Michel, und der Unternehmer, Multimilliardär und Stiftungsgründer Bill Gates. Die Begrüßung übernimmt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Live mitverfolgt werden kann die Veranstaltung von 16.00 Uhr bis 18.45 Uhr sowohl auf den Social-Media-Kanälen der "Munich Security Conference" (MSC), als auch beim TV-Sender Phoenix oder auf dem Portal BR24 des Bayerischen Rundfunks, der wie üblich als "Host Broadcaster" fungiert.

Protest und Gegenvorschlag "Sicherheit neu denken"

"Ganz offensichtlich geht es bei dieser Konferenz nicht um Sicherheit und Frieden für alle Menschen auf dem Globus, sondern um weitere Aufrüstung und die Fortsetzung Kriegspolitik Deutschlands und der NATO", erklärte am Montag Claus Schreer vom Münchner Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, das wie jedes Jahr zu einer Gegendemonstration aufruft. Unter dem Motto "Lockdown für Rüstung, Militär und Krieg" soll am Samstag ab 14 Uhr auf dem Marienplatz und ab 15 Uhr am Bayerischen Hof protestiert werden.

Bereits am Freitag gibt es von 14.30 Uhr bis in die Abendstunden die Möglichkeit, online an der Internationalen Münchner Friedenskonferenz teilzunehmen, die erstmals 2003 als eine Art zivilgesellschaftliche Antwort auf die MSC - im Volksmund "Siko" - stattfand. Damals hatten bis zu 35.000 Menschen in München gegen den bevorstehenden Irak-Krieg demonstriert, in späteren Jahren waren die "Siko"-Proteste kleiner ausgefallen. Fast jedes Jahr hatte es aber eine Friedenskonferenz mit Hauptveranstaltung im Alten Rathaus gegeben. Lediglich 2020 war die Konferenz abgesagt worden - wegen des Streits um ein Grußwort des SPD-Stadtrats Marian Offman, der als früheres CSU-Mitglied gegen das Münchner EineWeltHaus polemisiert hatte und nach Einschätzung der Konferenzveranstalter immer noch "CSU-Positionen in Sachen Militarisierung" vertrat. Der Trägerkreis der Friedenskonferenz sah sich mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert, als Offman die Vermutung äußerte, er sei als Jude wegen seiner Haltung zu Israel ausgeladen worden.

Der israelisch-palästinensische Konflikt gehörte allerdings nicht zu den Schwerpunktthemen der geplanten Konferenz. Auch in diesem Jahr steht er dort nicht auf der Tagesordnung. Statt dessen spricht beispielsweise der Friedensbeauftragte der Evangelischen Landeskirche in Baden, Stefan Maaß. über das Szenario "Sicherheit neu denken". Auf der gleichnamigen Internetseite wird dazu aufgerufen, sich für eine zivile Außen- und Sicherheitspolitik zu engagieren. Weitere Referentinnen stellen die bürgerschaftliche Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie, die Jugendbewegung "Fridays for Future" sowie die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und das Centre for Feminist Foreign Policy (Zentrum für feministische Außenpolitik).

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