US-Gasexporte: Trumps Team fürchtet juristische Niederlagen
Die USA sind Europas wichtigster Gaslieferant. Trump-Berater ringen um neue LNG-Exportlizenzen. Warum sie auf die Bremse treten, hat einen brisanten Grund.
Die Europäische Kommission möchte bis 2027 komplett auf die Einfuhr fossiler Energieträger aus Russland verzichten. Beim Erdgas setzt sie dabei auf neue Lieferungen aus den USA, die bereits der wichtigste LNG-Lieferant der Europäer sind – Russland folgt auf Platz 2.
Im Jahr 2023 importierten die EU-Staaten im Schnitt 201 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag aus den USA, die ihren Weg in verflüssigter Form nach Europa fanden. Damit dürfte das Ziel längst erreicht sein, das EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden vereinbart hatten. Bis 2030 sollten es zusätzliche 50 Milliarden Kubikmeter Erdgas sein, heißt es in einer Erklärung von 2022.
Für den designierten US-Präsidenten Donald Trump ist diese Entwicklung aber nicht genug. Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember 2024, drohte Trump seinen europäischen Verbündeten:
Ich habe der Europäischen Union gesagt, dass sie ihr enormes Defizit mit den Vereinigten Staaten durch den großangelegten Kauf unseres Öls und Gases ausgleichen müssen. Andernfalls gibt es ZÖLLE ohne Ende!!!
Doch wie sich jetzt zeigt, werden die USA womöglich auch unter einer Trump-Regierung nicht zeitnah genügend Erdgas liefern können. Trump-Berater haben laut einem Reuters-Bericht empfohlen, bei der Erteilung neuer Exportlizenzen geduldig zu sein. Sie befürchten, dass übereilte Genehmigungen vor Gericht keinen Bestand haben könnten.
Trumps Berater wollen Klagen gegen LNG-Genehmigungen vermeiden
Der noch amtierende Präsident Joe Biden hatte im Januar vergangenen Jahres überraschend LNG-Exportlizenzen gestoppt. Diese Entscheidung hatte damals in Europa für Unsicherheit gesorgt, nicht nur, weil dadurch mit steigenden Preisen in diesem Jahr zu rechnen ist. Man machte sich auch Sorgen über die Zuverlässigkeit der USA als Energielieferanten.
Trump hatte zwar im Wahlkampf versprochen, das Exportverbot wieder zu kippen, doch das könnte langwierige Rechtsstreitigkeiten mit Umweltschützern mit sich bringen. Diese könnten ausgerechnet durch eine Studie der aktuellen US-Regierung gestützt werden.
Das im Dezember veröffentlichte Papier kommt zu dem Ergebnis, dass ungebremste LNG-Exporte den Klimawandel verschärfen könnten. Besonders dann, wenn die Lieferungen an den Versandorten kohlenstoffärmere Energiequellen ersetzen.
Die Trump-Berater nehmen allerdings keinen Abstand von neuen Exportlizenzen, sondern sind laut Reuters-Bericht bestrebt, die Studie zu diskreditieren. Bis zum 18. Februar kann das Papier öffentlich angefochten werden. Einige Berater erwägen zudem, die Frist zu verlängern, um für ihren Angriff mehr Zeit zu bekommen. Ziel ist nicht nur, die Ergebnisse der Studie zu diskreditieren, auch mögliche Klagen sollen auf diesem Weg vereitelt werden.
Europas Gasspeicher leeren sich schnell
Die Debatte in den USA findet vor dem Hintergrund einer angespannten Versorgungslage in Europa statt. Vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2024 wurden über 250 Terawattstunden Gas aus den Speichern entnommen – laut Bloomberg die zweithöchste Menge, die jemals für diesen Zeitraum verzeichnet wurde. Sie liegt deutlich über dem 10-Jahres-Durchschnitt von 165 Terawattstunden.
Gründe dafür sind ein kalter Winter und der Wegfall russischer Lieferungen, nachdem die Ukraine den Transitvertrag für russisches Gas zum Jahresende nicht verlängert hat. Europa ist daher dringend auf zusätzliche LNG-Importe angewiesen, um die Speicher wieder aufzufüllen.
Ungewöhnlich hohe Gaspreise auch im Sommer erwartet
Analysten erwarten, dass die Preise für Erdgas auch im Sommer ungewöhnlich hoch bleiben werden. Denn die europäischen Länder müssen ihre Lagerbestände bis zum 1. November auf mindestens 90 Prozent der Kapazität auffüllen. Sie konkurrieren dabei mit anderen Importregionen, insbesondere Asien, um LNG-Ladungen.
Derzeit wird Sommergas mit einem Aufschlag von fast vier Euro pro Megawattstunde gegenüber Wintergas gehandelt. Vor einem Jahr gab es noch einen Abschlag von etwa einem Euro. Weitere Preissteigerungen gelten als wahrscheinlich.
Die hohen Preise bringen die europäischen Regierungen in eine Zwickmühle: Speicherbetreiber laufen Gefahr, teuer einzukaufen und später billiger verkaufen zu müssen. Doch die Alternative, die Speicher nicht vollständig zu füllen, ist zu riskant.
Entlastung könnte der europäische Markt durch mehr LNG-Lieferungen aus den USA erhalten, wo 2025 einige neue Verflüssigungsanlagen in Betrieb gehen sollen. Auch eine geringere Nachfrage in Asien, vorwiegend in China, würde helfen. Als unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen gilt eine Wiederaufnahme russischer Lieferungen, sollte der Ukraine-Krieg unter US-Präsident Trump beendet werden.