Trump als Terminator der US-Supermacht?

Seite 2: Die asiatische "Diplomatie" unter Trump

Ungeachtet der Bitten enger asiatischer Verbündeter kündigte Trump auch die Transpazifische Partnerschaft auf. Er öffnete damit China die Tür für den Abschluss seiner eigenen regionalen Wirtschaftspartnerschaft mit 15 asiatisch-pazifischen Ländern, auf die inzwischen fast ein Drittel des Außenhandels Beijings (Peking) entfällt.

Weitere vier Jahre von Trumps "America First"-Diplomatie im Pazifik könnten diesen wichtigen strategischen Bündnissen irreparablen Schaden zufügen.

Weiter südlich hat Trumps asiatische "Diplomatie" Beijing einige reale diplomatische, wirtschaftliche und militärische Vorteile verschafft und gleichzeitig die US-Position in der Region deutlich geschwächt. So hat er Taiwan dazu benutzt, den chinesischen Präsidenten Xi Jinping sowohl vor den Kopf zu stoßen, als auch zu umwerben, während er die Philippinen in die Umlaufbahn Beijings hat abdriften lassen, während er einen widersinnigen Handelskrieg mit China anzettelte.

Biden hingegen hat das Verhältnis zu China zumindest teilweise wiederhergestellt, was sich in einem überraschend freundschaftlichen Gipfeltreffen mit Präsident Xi in San Francisco im vergangenen November widerspiegelte.

Pakistan in Beijings Umlaufbahn

In Südasien, wo die erbitterte Rivalität zwischen Indien und Pakistan die gesamte Diplomatie beherrscht, hat Präsident Trump mit einer einzigen Neujahrsbotschaft ein 70-jähriges Militärbündnis mit Pakistan aufgekündigt.

"Die Vereinigten Staaten haben Pakistan in den letzten 15 Jahren törichterweise mehr als 33 Milliarden Dollar an Hilfe gegeben", twitterte Trump, "und sie haben uns nichts als Lügen und Betrug gegeben und uns zum Narren gemacht ... Schluss damit!"

Seitdem hat sich Pakistan entschlossen in die Umlaufbahn Beijings begeben, während Indien nun Moskau und Washington zu seinem wirtschaftlichen Vorteil gegeneinander ausspielt.

So wie Trumps Haltung gegenüber Europa in einer zweiten Amtszeit eine Abrissbirne durch das Nato-Bündnis schwingen könnte, so würde seine Mischung aus wirtschaftlichem Nationalismus und strategischer Kurzsichtigkeit die Reihe von Bündnissen entlang der pazifischen Küste destabilisieren. Damit würde die zweite von Brzezinskis drei Säulen für die globale Machtstellung der Vereinigten Staaten zu Fall gebracht werden.

Die "durchsetzungsfähige Kraft" in Zentralasien

Und was die dritte Säule der amerikanischen Weltmacht betrifft – verhindern, dass im "mittleren Raums" Eurasiens eine "durchsetzungsfähige Kraft" die Kontrolle erlangt – hat Präsident Trump kläglich versagt (wie übrigens auch seine Vorgänger).

Nach der Ankündigung von Chinas Billionen-Dollar-Initiative "Belt & Road Initiative" (Neue-Seidenstraße-Initiative) im Jahr 2013 hat Präsident Xi Milliarden in den Aufbau eines stählernen Netzes von Straßen, Schienen und Pipelines gesteckt, das den mittleren Teil der riesigen eurasischen Landmasse durchzieht – eine enorme neue Infrastruktur, die zu einer Kette von Bündnissen geführt hat, die sich über ganz Zentralasien erstreckt.

Die Machtposition Chinas manifestierte sich im Jahr 2021, als Beijing dazu beitrug, das US-Militär in einem geschickten geopolitischen Schachzug aus Afghanistan zu vertreiben. In jüngster Zeit vermittelte Beijing auch eine erstaunliche diplomatische Annäherung zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien, was Washington und viele westliche Diplomaten verblüffte.

Unterstützung für Netanjahus rechte Politik

Trumps Nahostpolitik während seiner ersten Amtszeit konzentrierte sich ausschließlich auf die Unterstützung des rechtsgerichteten israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu – Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt, Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran, Unterstützung von Netanjahus Marginalisierung der Palästinenser und Förderung der arabischen Anerkennung Israels.

Seit dem Hamas-Terroranschlag vom 7. Oktober und Netanjahus verheerendem Angriff auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat Präsident Biden in fast schon Trumpscher Manier auf Israel reagiert und damit an Einfluss in der gesamten Region verloren. Und man kann sich darauf verlassen, dass eine neue Trump-Regierung den Schaden nur noch vergrößern würde.

Auf den Punkt gebracht, Beijing ist bereits dabei, die dritte Säule der globalen Machtstellung der USA im kritischen "mittleren Raum" Eurasiens zu stürzen. In einer zweiten Amtszeit Trumps könnte ein unkontrollierter chinesischer diplomatischer und wirtschaftlicher Moloch diesen Pfeiler in Schutt und Asche legen.

Afrika als "Weltinsel"

Unabhängig davon, was Brzezinski darüber denken mag, gibt es jenseits von Eurasien andere Säulen globaler Macht – vor allem in Afrika. Sir Halford Mackinder, der Autor der geopolitischen Analyse von Weltmacht, die den ehemaligen nationalen Sicherheitsberater stark beeinflusste, vertrat bereits vor über einem Jahrhundert die Ansicht, dass der Ort globaler Macht in einer tri-kontinentalen Kombination aus Europa, Asien und Afrika liegt – letzteren Kontinent bezeichnete er als "Weltinsel".

Im Zeitalter des Hochimperialismus fand Europa in Afrika einen fruchtbaren Nährboden für die koloniale Ausbeutung. Während des Kalten Krieges trug Washington zum Leid dieses Kontinents bei, indem man ihn zu einem Stellvertreter-Schlachtfeld für die Supermächte machte.

Doch Beijing erkannte das menschliche Potenzial Afrikas und begann in den 1970er-Jahren, dauerhafte wirtschaftliche Allianzen mit den aufstrebenden Nationen aufzubauen. Bis 2015 stieg der Handel mit Afrika auf 222 Milliarden Dollar, dreimal so viel wie der der USA. Die dortigen Investitionen sollten bis 2025 eine Billion Dollar erreichen.

US-Präsident Barack Obama erkannte die strategische Bedrohung und hielt 2014 einen Gipfel mit 51 afrikanischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus ab. Trump hingegen bezeichnete den gesamten Kontinent während eines Treffens im Oval Office 2018 als "Scheißhausländer".

Trump würde China Afrika auf dem Tablett servieren

Die Trump-Regierung versuchte, den Schaden zu beheben, indem sie First Lady Melania auf eine Solo-Reise nach Afrika schickte. Aber ihre bizarren kolonialen Outfits und die schlecht getimten Kürzungen bei Hilfen für den Kontinent haben den Schaden nur noch vergrößert.

Neben seinem Reichtum an natürlichen Ressourcen ist Afrikas wichtigstes Kapital sein wachsender Pool an menschlichen Talenten. Das Durchschnittsalter in Afrika liegt bei 19 Jahren (im Vergleich zu 38 Jahren in China und den USA), was bedeutet, dass im Jahr 2050 ein Drittel der jungen Weltbevölkerung auf diesem Kontinent zu Hause sein wird.

In Anbetracht seiner schlechten Erfahrungen mit der Region würde Trumps zweite Amtszeit wahrscheinlich nicht viel mehr bewirken, als China den gesamten Kontinent auf einem vergoldeten Tablett zu servieren.

Südlich der Grenze

Auch in Lateinamerika hat sich die Situation auf komplexe Weise verändert. Als eine Region, die mehr als ein Jahrhundert lang informell in das amerikanische Imperium eingegliedert war und unter allen Unannehmlichkeiten einer asymmetrischen Allianz zu leiden hatte, begrüßten die Regierungen dort, die zunehmend einen national unabhängigen Kurs verfolgten, Chinas Interesse am neuen Jahrhundert.

Im Jahr 2017 hatte der chinesische Handel mit Lateinamerika ein beachtliches Volumen von 244 Milliarden US-Dollar erreicht und war damit – ja, der größte Handelspartner der Region. Gleichzeitig beliefen sich Beijings Darlehen an die karibischen Länder bis zum Ende der Trump-Regierung auf beachtliche 62 Milliarden Dollar.

Abgesehen von der Drogenbekämpfung und den Wirtschaftssanktionen gegen die linken Regierungen in Kuba und Venezuela ignorierte das Weiße Haus unter Trump Lateinamerika und unternahm nichts, um Chinas kommerziellen Durchmarsch zu bremsen. Obwohl die Biden-Regierung einige diplomatische Anläufe in Richtung auf die Region unternahm, stieg Chinas Handelsvolumen bis 2022 unaufhaltsam auf 450 Milliarden Dollar an.

Ein wiedergewählter Präsident Trump würde wahrscheinlich wenig tun, um Chinas wachsende Handelshegemonie über Lateinamerika zu verlangsamen. Und die Region würde eine solche Indifferenz zweifellos begrüßen, da die Alternative – gepaart mit drakonischen Maßnahmen an der amerikanisch-mexikanischen Grenze – Pläne für den Abschuss von Raketen oder die Entsendung von Truppen zur Ausschaltung von Drogenlabore in Mexiko beinhalten könnte.

Die Gegenreaktion auf ein derartiges einseitiges Eingreifen inmitten der Panik über die Zuwanderung könnte die Beziehungen zwischen den USA und der Region für die nächsten Jahrzehnte lähmen.

Schwindende US-Hegemonie

In der Welt, die eine zweite Amtszeit Trumps im Jahr 2025 erleben könnte, wird die globale Macht der Vereinigten Staaten wahrscheinlich weit weniger imposant sein als bei seinem Amtsantritt im Jahr 2016.

Das Problem wird nicht sein, dass er dieses Mal Berater ernennt, die entschlossen sind, Trump das sein zu lassen, was er ist, oder, wie die New York Times kürzlich schrieb, die "Pläne für eine noch extremere Agenda als in seiner ersten Amtszeit schmieden".

Die Macht der USA ist nach allen entscheidenden Parametern – wirtschaftlich, diplomatisch und sogar militärisch – seit mindestens einem Jahrzehnt auf dem absteigenden Ast. In der eher unipolaren Welt von 2016 war Trumps impulsive, individualisierte Version der Diplomatie oft zutiefst schädlich, aber zumindest bei einer kleinen Anzahl von Gelegenheiten bescheiden erfolgreich.

In der multipolaren Welt, mit der er fast ein Jahrzehnt später zurechtkommen muss, könnte sich seine Version eines unilateralen Ansatzes als zutiefst katastrophal erweisen.

Nachdem er im Januar 2025 seinen zweiten Amtseid abgelegt hat, könnte Präsident Trumps "donnernde Rhetorik, die Respekt vor der amerikanischen Autorität einfordert und militärische Vergeltung oder wirtschaftliche Repressalien androht", tatsächlich die Vorhersage erfüllen, die ich vor etwa 15 Jahren gemacht habe: "Die Welt schenkt kaum Beachtung, wenn das amerikanische Jahrhundert in Schweigen zu Ende geht".

Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Medium TomDispatch. Hier finden Sie das englische Original. Übersetzung: David Goeßmann.

Alfred W. McCoy ist Professor für Geschichte an der Universität von Wisconsin-Madison und Autor von "In the Shadows of the American Century: The Rise and Decline of U.S. Global Power". Zu seinen früheren Büchern gehören: "Torture and Impunity: The U.S. Doctrine of Coercive Interrogation", "A Question of Torture: CIA Interrogation, from the Cold War to the War on Terror", "Policing America's Empire: The United States, the Philippines, and the Rise of the Surveillance State", und "The Politics of Heroin: Die Komplizenschaft der CIA im globalen Drogenhandel".