USA: Demokratie oder Faschismus?
- USA: Demokratie oder Faschismus?
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US-Präsident Biden bezeichnet Trump-Radikale als halbfaschistisch. Trump wiederum droht mit "schrecklichen Dingen". Warum die anstehenden Wahlen die Demokratie in den Abgrund ziehen könnten.
In seiner gestrigen Rede griff US-Präsident Joe Biden die Republikaner rund um Donald Trump scharf an.
Donald Trump und seine Gefolgsleute verkörpern einen Extremismus, der die Fundamente unserer Republik bedroht. … Demokratie kann nicht überleben, wenn eine Seite glaubt, dass nur zwei Wahlausgänge möglich sind: Entweder sie gewinnt, oder sie ist um ihren Sieg betrogen worden; und da stehen heute die MAGA-Republikaner.
MAGA ist eine Abkürzung von "Make America Great Again". Mit diesem Motto zog der ehemalige Präsident Trump in den Wahlkampf.
Letzte Woche bezeichnete Biden die Philosophie der "Ultra-MAGA-Republikaner" sogar als "Halbfaschismus". Gut zwei Monate vor den sogenannten Midterms am 8. November, den Kongresswahlen, gehen die Demokraten mit der Biden-Rede in den Wahlkampfmodus. Der Ton verschärft sich.
Die Zwischenwahlen im November und dann die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren, mit Trump bereits in den Startlöchern, sind Schicksalswahlen und werden den Kurs der USA maßgeblich bestimmen. Es geht buchstäblich darum, ob Demokratie oder Proto-Faschismus (in welcher Form auch immer) die Zukunft der Vereinigten Staaten bestimmen werden.
Sicherlich stellen die USA keine funktionierende Demokratie dar – und das ist auch unabhängig davon, ob die Demokraten oder die Republikaner das Land führen. Allein der Fakt, dass bei Wahlen das Votum der Mehrheit keineswegs über den Präsidenten entscheidet, sondern die von den Bundesstaaten entsandten Wahlmänner und -frauen ("electoral college"), verweist auf eine grundlegende Dysfunktionalität. So wurde Donald Trump 2016 zum US-Präsidenten gewählt, obwohl die Mehrheit der zu den Urnen gegangenen Wähler:innen nicht für ihn gestimmt hat.
Auch der mächtige Senat repräsentiert keineswegs die US-Amerianer:innen. So erhält der Bundesstaat Kalifornien mit fast 40 Millionen Einwohner:innen genauso viele Sitze im Senat, nämlich zwei, wie Wyoming mit knapp 600.000 Bewohner:innen. Die ländlich geprägten Bundesstaaten mit wenigen Einwohner:innen, die oft republikanisch wählen, sind im Senat daher deutlich überrepräsentiert.
Empirische Untersuchungen zeigen zudem, dass Gesetze in den USA nicht responsiv auf die Bevölkerungsmeinung sind. Wenn die oberen Einkommenschichten etwas wollen oder nicht, setzen sie sich mit ihren Interessen immer durch, auch wenn die unteren 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung dagegen sind. Sie haben faktisch keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen. Auch das ist unabhängig davon, ob die Republikaner oder Demokraten regieren.
Dieser eklatante Missstand wurzelt vor allem darin, dass die obersten Schichten, die Businessklasse, große Unternehmen und Lobbys enormen Einfluss nicht nur auf Washington, den Kongress, die Bundesstaaten und US-Behörden haben, sondern auch die öffentliche Meinung über kommerzielle, extrem monopolisierte Medien und Denkfabriken wie Stiftungen beeinflussen können.
Trotzdem sind die anstehenden Wahlen in ihrer Bedeutung für die Demokratie in den USA nicht zu unterschätzen. Die Republikaner sind weiter fest im Griff von Trumps Fähigkeit, Massen zu den Wahlurnen zu bringen, indem er den Frust vieler Amerikaner:innen populistisch zu nutzen weiß. Zugleich attackieren sie über den Obersten Gerichtshof eine Reihe von liberalen Rechten wie auch das Wahlsystem, um es weiter undemokratisch auszuhöhlen.
Sie lassen auch zu, dass Donald Trump öffentlich Öl ins Feuer gießt. Eine Woche, nachdem ein Team von FBI-Agenten in Trumps Residenz in Florida aufgetaucht war, warnte Trump, dass die Dinge außer Kontrolle geraten könnten, wenn das Justizministerium den Druck auf ihn aufrechterhalte. "Die Menschen sind so wütend über das, was hier passiert", sagte Trump gegenüber Fox News und prophezeite, dass "schreckliche Dinge passieren werden", wenn die "Temperatur" nicht gesenkt wird.
Ein enger Vertrauter von Trump, Senator Lindsey Graham warnte vor kurzem vor einem Bürgerkrieg, sollte Trump angeklagt werden. Gleichzeitig teilt Trump mit, dass er die, die das Kapitol am 6. Januar stürmten und einen Staatscoup planten, mit Geld und möglichen Begnadigungen unterstütze, sollte er wieder gewählt werden. Zudem werden Richter bedroht, die die Hausdurchsuchung Trumps genehmigten.