Trump liegt in Swing States Kopf an Kopf mit Clinton

Sanders siegt in West Virginia und will "um jeden Delegierten kämpfen"

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Bis vor Kurzem war in deutschen Mainstreammedien unisono zu lesen, dass Donald Trump niemals Kandidat der republikanischen Partei werde. Das stellte sich als falsch heraus. Nun zitieren diese Medien Umfragen, in denen er hinter Hillary Clinton zurückliegt. US-Präsident wird jedoch nicht unbedingt der Kandidat, der im ganzen Land die meisten Stimmen bekommt, sondern der, der die meisten Wahlmänner in den Bundesstaaten gewinnt.

Deshalb konzentriert sich der Wahlkampf auf die so genannten Swing States - Bundesstaaten, in denen es keine klare Mehrheit von traditionell demokratischen oder republikanischen Wählern gibt und die einmal dem Kandidaten einer und ein andermal dem Kandidaten einer anderen Partei den Vorzug geben. In drei der wichtigsten dieser Swing States - in Florida, Ohio und Pennsylvania - liegen Trump und Clinton in aktuellen Umfragen derzeit recht nahe beieinander:

In Florida und Ohio führt Clinton nur mit 43 Prozent vor Trump, der auf 42 Prozent kommt. Ihr minimaler Vorsprung liegt dabei deutlich innerhalb der Fehlertoleranz. Im Rust-Belt-Staat Ohio liegt der exzentrisch frisierte Milliardär mit 43 Prozent etwas deutlicher vor der Ex-Präsidentengattin, die dort nur auf 39 Prozent kommt.

Bernie Sanders würde Trump dagegen in Ohio mit 43 zu 41 Prozent knapp besiegen und auch in Florida und Pennsylvania besser gegen ihn abschneiden als die ehemalige Außenministerin. Allerdings hat der Mann mit dem Brooklyn-Akzent nur mehr eine theoretische Chance auf eine Nominierung bei den Demokraten, weil er die restlichen Vorwahlen aufgrund des Proporzsystems und der stimmberechtigten Parteifunktionäre und Amtsträger mit unrealistisch großem Vorsprung gewinnen müsste, um seine Konkurrentin noch zu schlagen.

Charleston, die größte Stadt in West Virginia. Foto: Tim Kiser. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Daran ändert auch Sanders gestriger Sieg im Kohleminenstaat West Virginia nichts: Mit 51,1 Prozent Stimmenanteil gewann er dort 16 von insgesamt 27 Delegierten. Elf Delegierte gingen an Clinton, für die nur 36,3 Prozent stimmten - ein Zeichen dafür, wie unzufrieden viele demokratische Vorwähler mit der praktisch sicheren Kandidatin sind. Sanders hatte bereits vorher angekündigt, die Vorwahlen trotz der extrem geringen Chancen durchzuziehen und "um jeden Delegierten zu kämpfen" - möglicherweise auch deshalb, weil er glaubt, die Wall-Street-nahe mutmaßliche Siegerin zu inhaltlichen Zugeständnissen bewegen zu können.

Bei den Republikanern, die gestern in West Virginia und Nebraska wählten, sind die Vorwahlen nach den Ausscheiden aller Kandidaten außer Donald Trump nur mehr bedingt spannender als Präsidentschaftswahlen in Nordkorea. Mit den beiden Siegen ist Trump nun nur mehr 129 Delegierte von der absoluten Mehrheit entfernt, die ihm aber ohnehin niemand mehr streitig macht.

Wer wird Trumps Vizepräsidentenkandidat?

Er konzentriert sich deshalb bereits voll auf die Auseinandersetzung mit Clinton. Dass er Chris Christie, den Gouverneur des Sopranos-Staates New Jersey damit beauftragt hat, eine Administration für sich zusammenzustellen, dürfte zwar Teile der republikanischen Parteielite beruhigen, könnte aber auch Wähler abschrecken, die einen Präsidenten wollen, der mit dem politischen Establishment bricht:

Christie ist nicht nur fester Teil dieses Establishments, sondern geriet auch in die Schlagzeilen, weil ihm vorgeworfen wurde, eine wichtige Brücke nur deshalb zu sperren, um einen Konkurrenten zu schaden. Im Wahlkampf gab er außerdem an, in Syrien unbedingt eine Flugverbotszone einrichten zu wollen und dafür auch einen Krieg mit Russland in Kauf zu nehmen. Wie sich das mit Trumps ganz anderen außenpolitischen Äußerungen verträgt, wird sich zeigen.

Viele Beobachter glauben, dass die Rolle, die Christie jetzt zugewiesen bekam, ein Trostpflaster dafür sein könnte, dass er von Trump möglicherweise nicht als Vizepräsident nominiert wird. Auch Sarah Palin, die zeitweise als Vizepräsidentschaftskandidatin gehandelt wurde, scheint negative Signale bekommen zu haben: Sie sagte den Medien, sie wolle, das Trump Präsident wird und werde dafür eigene Interessen zurückstecken.

Das könnte darauf hindeuten, dass Trump einen Vizepräsidenten nominieren wird, der nicht nur bei mit dem Establishment unzufriedenen Republikanern, sondern auch bei demokratischen Wählern beliebt ist. Dass er einen Politiker der Gegenpartei nominieren wird, schloss der Milliardär allerdings aus (obwohl sein Helfer Ben Carson meinte, wenn man ihm einen Demokraten zeige, der Trumps Ziele zureichend unterstütze, dann werde man auch diesen in Betracht ziehen).

Ob die Personen, die derzeit in den Bildstrecken der Mainstreammedien als mögliche Vizepräsidentschaftskandidaten präsentiert werden, wirklich die sind, die Trump in Betracht zieht ist fraglich: Die Art und Weise, wie er seinen bisherigen Wahlkampf führte, deutet darauf hin, dass er sich nicht am Quotendenken vergangener Jahrzehnte orientiert und nicht in erster Linie daran interessiert ist, mit einem Latino oder einer Frau einen identitätspolitischen Gegenpol zu sich selbst zu setzen - was nicht ausschließt, dass ein "Running Mate", den er für geeignet hält, aus einer dieser Gruppen kommen kann.

Wilders und Salvini für Trump, Farage und Le Pen skeptisch

Wird Trump tatsächlich Präsident, dann müssen einige europäische Politiker, die ihn scharf angegriffen haben, möglicherweise darauf hoffen, dass er sich außenpolitisch tatsächlich vom Regime-Change-Kurs seiner Vorgänger absetzt - zumindest dann, wenn man sich ansieht, wer dem Milliardär in Europa aufgeschlossener gegenübersteht: Dazu gehört neben Geert Wilders auch der Lega-Nord-Vorsitzende Matteo Salvini, der ein gemeinsames Fotos von sich und Trump twitterte. Die Front-National-Chefin Marine Le Pen äußerte sich dagegen ähnlich wie der UKIP-Vorsitzende Nigel Farage eher kritisch: beide halten Trumps Ankündigung, aus Sicherheitsgründen keine Moslems mehr in die USA einreisen zu lassen, für übertrieben.

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