Türkei: Transitland zum IS
Seite 3: Wohin mit den inhaftierten IS-Anhängern?
- Türkei: Transitland zum IS
- Geschichte einer Entführung
- Wohin mit den inhaftierten IS-Anhängern?
- Auf einer Seite lesen
Was soll nun mit den gefangenen ausländischen IS-Terroristen und deren Angehörigen geschehen, die wie die aus den letzten Bastionen des IS geretteten 70.000 Flüchtlinge in dem Camp Hol in Ostsyrien von der kurdisch-arabischen Selbstverwaltung versorgt werden müssen? Man muss sich vorstellen, wie viel Trinkwasser und Nahrungsmittel am Tag alleine für 70.000 Menschen organisiert werden müssen.
Trinkwasser und Lebensmittel sind wegen des Embargos in Syrien knapp. Der kurdische Rote Halbmond Heyva Sor ist nicht in der Lage, das Camp medizinisch zu versorgen. Es fehlt an Ärzten und Medikamenten. Die Ärzte des Kurdischen Roten Halbmonds appellieren an die Länder, aus denen die ausländischen Familien kommen. "Nehmt Eure Bürger zurück", wird auch der Kurdischen Roten Halbmond zitiert. "Wir müssen die Zahl der Flüchtlinge hier verringern und brauchen gleichzeitig mehr Unterstützung."
Die Bevölkerung und die Selbstverwaltung müssen auch noch weitere Flüchtlingscamps mit Tausenden Flüchtlingen versorgen. Zum Beispiel die Flüchtlinge aus dem von der Türkei besetzten Afrin in der Sheba-Region. Die prekäre Situation führt unweigerlich zu Spannungen im Camp Hol. Am 3. April starben zwei Soldatinnen der kurdischen Einheit YPJ, als sich eine IS-Selbstmordattentäterin in die Luft sprengte.
IS-Rückkehrer in Deutschland unerwünscht
Der Tagesspiegel berichtete, dass 90 aus Deutschland stammende IS-Leute zurück nach Deutschland wollen. Andere wollen in die Türkei ausreisen, weil ihnen da angeblich maximal 6 Monate Haft drohen. Die Bundesregierung weigert sich nach wie vor, mit der Selbstverwaltung von Nordsyrien, die die Hauptlast mit den IS-Gefangenen trägt, über eine Rückkehr zu verhandeln.
Ibrahim Murad, der Vertreter der Nordsyrien-Föderation in Deutschland, bot der Bundesregierung mehrfach Unterstützung bei der Rückführung deutscher IS-Kämpfer an. Über die nordirakische Autonomieregion könnte die Übergabe abgewickelt werden, so einer der Vorschläge. Denkbar sei aber auch ein internationaler Gerichtshof zur Aufarbeitung der IS-Verbrechen vor Ort in Nordost-Syrien. Da sich so viele Länder mit der Rückführung der IS-Leute so schwertun, gibt es von Seiten der Föderation den Vorschlag, Frauen und Kinder in die Herkunftsländer zurückzuführen und für die IS-Kämpfer in Nordsyrien einen Internationalen Gerichtshof einzurichten. Denkbar wäre als Ort die Stadt Kobane, die weltweit bekannt wurde, da sie von den kurdischen Militäreinheiten YPG/YPJ erfolgreich gegen den IS verteidigt wurde.
Für Innenminister Horst Seehofer wäre dies eine Option, da er wenig Neigung hat, die IS-Leute zurückzuholen. Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke, sieht in der Unterstützung Seehofers für ein internationales Tribunal aber nur die Verschleppung des Problems, da es unrealistisch sei, dass sich der UN-Sicherheitsrat für ein Sondergericht ausspricht.
Jelpke erinnerte auch daran, dass die Behörden im nordsyrischen Selbstverwaltungsgebiet wiederholt um internationale Unterstützung gebeten hätten, da sie die Versorgung der Inhaftierten langfristig nicht garantieren können. Seehofer spiele auf Zeit und erhöhe somit das Risiko, dass die inhaftierten IS-Terroristen wieder in Freiheit gelangen und weitere Verbrechen begehen.
Ein Problem stellen auch die IS-Täterinnen dar. Die erste IS-Anhängerin kehrte kürzlich mit ihren drei Kindern nach Deutschland zurück. Sie wurde direkt am Flughafen in Stuttgart festgenommen. Eine weitere deutsche IS-Anhängerin aus Niedersachsen muss sich gerade vor einem Münchner Gericht wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Mordes an einem fünfjährigen jesidischen Kind verantworten (Prozess gegen IS-Heimkehrerin: Wichtiges Signal über Deutschland hinaus).