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Seite 2: Türkei eskaliert den Konflikt mit Russland und den USA

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Parallel zur Repression im Inneren setzt Erdogan die aggressive Politik gegen die Kurden in Syrien und im Irak fort, obgleich die Amerikaner nicht nur immer wieder betont haben, dass sie die syrischen Kurden der YPG bzw. der SDF im Unterschied zur PKK nicht als Terroristen, sondern als Alliierte im Kampf gegen den IS betrachten. Nach den Luftangriffen und Artilleriebeschüssen auf Ziele in Nordsyrien, wo sich auch US-Truppen zur Unterstützung der SDF-Verbände aufhalten, kam es erneut zu einer Konfrontation.

Schon als die türkischen Truppen mit ihren Milizen Richtung Manbij (Manbidsch) vorrücken wollte, hatten sich US-Soldaten und auch russische Soldaten in das Gebiet begeben, um den Vormarsch zu stoppen. Während die Amerikaner sich auf Manbij konzentriert hatten, scheinen die Russen eher Afrin schützen zu wollen. Die Türkei brach daraufhin die Offensive ab, besetzt aber weiter die bereits besetzten Gebiete zwischen den von den Kurden kontrollierten Gebieten in Nordsyrien, wo es auch immer wieder Scharmützel gibt.

Schon wegen der Luftangriffe hatte sich die US-Regierung bei der türkischen Regierung beschwert, die Vorwarnzeit sei zu kurz gewesen, als Nato-Mitgliedsstaat müssten solche Angriffe auch koordiniert werden. Auch Russland geißelte die völkerrechtswidrigen Offensiven in Syrien und im Irak. Die irakische Regierung liegt schon länger im Streit mit der Türkei. Erdogan will einerseits mit den Amerikanern die Offensive auf Raqqa ausführen, um die Kurden fernzuhalten und Zugriff auf das Gebiet zu erhalten, und er warnt die Amerikaner davor, weiterhin die "Terroristen" zu unterstützen.

US-Soldaten haben wegen der türkischen Offensive begonnen, an der syrisch-türkischen Grenze zu patrouillieren, um einen Vormarsch zu verhindern, da sie an den SDF als Bodentruppen festhalten wollen. Erdogan droht nun, dass die Türkei jederzeit Angriffe auf Ziele in Syrien fliegen könne, was implizit heißt, dass auch US-Soldaten dabei getötet werden könnten. Verärgert hat ihn auch, dass US-Flaggen von US-Soldaten bei einem militärischen Konvoi gezeigt wurden und dass US-Soldaten an einem Begräbnis von YPG-Kämpfern teilnahmen, die von türkischen Kampfflugzeugen getötet worden waren. Dabei pochte er darauf, dass die Türkei Nato-Mitglied ist. Von deutscher Regierungsseite hört man bislang zu den Angriffen der Türkei auf den Nordirak und Syrien nichts. Erdogan wiederholte, dass die türkischen Streitkräfte weiter Sindschar und Nordsyrien angreifen werden, und droht damit, auch dort einzumarschieren.

Am Freitag veröffentlichte die Washington Post einen Kommentar von Ilham Ahmed, Vizepräsident des Demokratischen Rats Syriens, dem politischen Arm der SDF. Hier ist die Botschaft, dass die syrischen Kurden "die besten Freunde Amerikas" seien und von der Türkei trotzdem bombardiert wurden. Die syrischen Kurden hätten nie, wie Erdogan behauptet, von Syrien aus die Türkei angegriffen. Zudem sei man nicht identisch mit der PKK, ebenso wenig wie die türkische Partei HDP, es gebe nur einen gemeinsamen Führer und einige gemeinsame intellektuelle Ziele. Das kurdische Gebiet Rojava werde von Assad, dem IS und der Türkei bedrängt, sei aber eine stabile Region, die viele Flüchtlinge aufgenommen habe.

Es gebe einen großen Unterschied zwischen der Türkei, die Erdogan in einen totalitären Staat verwandelt, und der "demokratischen, egalitären und progressiven Gesellschaft" der syrischen Kurden. Wenn die Türkei ein Alliierter der USA wäre, würde er nicht die Kurden bekämpfen, die auf der Seite der US-Soldaten stehen, schreibt er, und im Kampf gegen den IS sterben. Die Türkei unterstütze Gruppen, die offen für den Dschihadismus eintreten, und sie bekämpfe nicht al-Qaida, die sich an der Grenze zur Türkei in Idlib ausbreite.

Erdogan setzt auf Donald Trump, den er demnächst besuchen wird. Trump ist als Person ähnlich autokratisch wie Erdogan, die ihren Willen als angeblich direkte Vertreter des Volkswillens durchsetzen. Ob ihm etwas an Rechtstaatlichkeit liegt, hat Trump noch nicht bewiesen. Dass er nun den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte anrief und ins Weiße Haus einlud, hat sicherlich viel mit der Situation in der Region zu tun, zeugt aber auch davon, dass er nicht den Kontakt mit einem Mann scheut, der Todesschwadronen ausschickt, um mutmaßliche Drogendealer in Missachtung jeden Rechts zu exekutieren.