Türkische Armee trainiert islamistische Kämpfer für Offensive auf Kurden
Im Gebiet von Aleppo und Al-Bab werden sie für Luftlandeoperationen ausgebildet, um die SDF hinter ihrem Rücken anzugreifen
Während die Türkei eine Offensive östlich des Euphrat vorzubereiten scheint, die offensichtlich durch syrische und islamistische Milizen ausgeführt werden soll, köchelt der eingefrorene Konflikt in der "Rebellenhochburg" Idlib, die praktisch von der dschihadistischen HTS, einem früheren al-Qaida-Ableger, beherrscht wird. Umgeben ist Idlib von einer Kette türkischer Stützpunkte, über das im September 2018 beschlossene Abkommen zwischen der Türkei und Russland über Idlib wird von beiden Seiten geklagt.
Zwischen den Regierungstruppen und den eingeschlossenen oder geschützten "Rebellen" kommt es immer wieder zu Kämpfen, syrische und russische Flugzeuge greifen auch immer wieder Ziele an. Russland kritisiert, dass Idlib nicht zu einer Schutzzone für Terroristen werden dürfe, zögert eine Offensive aber weiter hinaus, um die Türkei bei der Stange zu halten, die wiederum Russland rügt, die Regierungstruppen und schiitischen Milizen nicht ausreichend zurückzuhalten.
Zuletzt sollen zwei Krankenhäuser bombardiert worden sein, wie UOSSM (Union des Organisations de Secours et Soins Médicaux) am Montag berichtete, die eng mit den Weißen Helmen zusammenarbeitet. Zusammen mit wiederkehrenden russischen Berichten, dass die Weißen Helme wieder Vorbereitungen treffen würden, um einen Chemiewaffenangriff zu inszenieren, verstärken auch weitere Nachrichten, dass etwas bevorstehen könnte.
Schon lange geplante Offensive
Im Dezember 2018 hatte der türkische Präsident Erdogan eine Offensive gegen die Kurden östlich des Euphrat angekündigt, manchmal wurde auch die Einrichtung einer von der Türkei kontrollierten Schutzzone auf kurdischem Gebiet verlangt. Hinter der türkischen Syrienpolitik stehen die miteinander verbundenen Interessen, einen kurdischen Staat an der türkischen Grenze mit allen Mitteln zu verhindern und durch Besetzung von syrischem Gebiet sowie der Unterstützung bewaffneter, aus islamistischer Gruppen einen entscheidenden Einfluss auf die Zukunft Syrien zu sichern oder auch die Türkei durch Annexion syrischer Gebiete zu vergrößern.
Letzteres dürfte hinter dem Ausbau der Kontrolle über Afrin und der Vertreibung der dort ansässigen Kurden stehen (Brett McGurk verurteilt türkische Besatzung von Afrin). Bislang ist die Offensive nicht erfolgt, zu vermuten ist, dass die Türkei eine Duldung seitens der USA und Russland anstrebt. Die türkischen Invasionen mit der Operation Schutzschild Euphrat und die Besetzung von Afrin waren völkerrechtswidrige Angriffe, die sowohl von den USA als auch von Russland geduldet wurden.
Kürzlich war schon bekannt geworden, dass die Türkei die USA drängen, einer Offensive zuzustimmen oder zumindest dafür zu sorgen, dass eine von türkischem Militär gesicherte Schutzzone auf dem von den SDF kontrolliertem Territorium eingerichtet werden soll (US-Regierung: YPG sollen die SDF verlassen). Die USA haben nach Donald Trumps Ankündigung, die Truppen aus Syrien abzuziehen, keinen konsistenten Plan für die weitere Syrienpolitik mehr. Zwar sprach Trump dann doch wieder nur von einem Teilabzug der Truppen.
Nur mit den Kurden kann Washington seine Kontrolle über syrisches Gebiet aufrechterhalten. Die SDF haben auch im Süden des Landes mit eigenen Verlusten die letzte größere Enklave des IS erobert, aber sie erfahren als eine Besatzungsmacht dort bei der arabischen Bevölkerung immer größere Ablehnung. Trump hatte zwar schon erklärt, der IS sei in Syrien mit der Eroberung von Baghouz vernichtet, aber der IS ist weiterhin in Syrien aktiv - und der Auftritt von al-Baghdadi in einem Video soll zumindest demonstrieren, dass man mit dem IS in der Region und weltweit wie in Sri Lanka weiter rechnen muss (IS-Führer Al-Baghdadi: Neue Kriegserklärung).
Türkei bildet islamistische Kämpfer für neue Taktiken gegen die SDF aus
Wie Al-Monitor nun berichtet, bereiten die türkischen Streitkräfte seit Anfang April eine Offensive vor, zumindest werden Kämpfer der "Freien Syrischen Armee" (FSA), die nur noch dem Namen nach an die einstigen Oppositionsgruppen erinnert, aber weitgehend eine islamistische Miliz unter türkischer Kontrolle ist, für einen Einsatz ausgebildet. Mustafa Sejari von der Al-Moaatsem-Brigade sagte Al-Monitor, dass "Vorbereitungen auf die kommende Schlacht im Osten des Euphrat" begonnen haben. Die Ausbildung sei so intensiv, dass sie den "Erfolg der Operationen in Rekordzeit" garantieren sollen: "Die vorhergehenden Erfahrungen mit den Operationen Schutzschild Euphrat und Olivenzweig werden den Ost-Euphrat-Kämpfen zugutekommen."
Es handele sich um eine "Kooperation" zwischen der FSA und der türkischen Armee im gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Dabei sind auch Kämpfer der islamistischen Gruppe Ahrar al-Sharqia und der ebenfalls islamistischen, aber türkisch nationalistischen Al-Sultan Murad Division. Die Kämpfer würden intensiv für Luftlandungseinsätze und neue militärische Taktiken, um gegnerische Stellungen zu stürmen, auf türkischen Militärstützpunkten bei Aleppo und in Camps bei Al-Bab ausgebildet. Es sei das erste Mal, dass Kämpfer so ausgebildet würden.
Geplant scheint zu sein, die Kämpfer in den Rücken der SDF-Verbände mit Hubschraubern oder Flugzeugen zu bringen, damit sie dort mit Fallschirmen abspringen. Ebenfalls soll auf diese Weise Ausrüstung und Munition geliefert werden.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.