US-Außenminister droht dem Internationalen Gerichtshof

MIke Pompeo. Bild: US-Außenministerium

Der ICC soll nicht gegen US-Bürger ermitteln, die in Afghanistan gefoltert haben sollen, zudem stellte sich Pompeo bedingungslos hinter Saudi-Arabien und den Krieg im Jemen

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Unmissverständlich machte US-Außenminister Mike Pompeo auf einer Pressekonferenz klar, dass die US-Regierung die Linie vorgibt, auf der Freiheit und die Menschenrechte verteidigt werden. Washington beansprucht freie Hand für sich und seine Alliierten, was auch heißt, dass die USA - im Unterschied zu anderen Ländern, in die man schon mal angeblich unter dem Banner von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten oder humanitärer Hilfe interveniert - über dem Völkerrecht stehen.

Es ist der neue, aggressive Ton, der unter Donald Trump im Weißen Haus eingezogen ist und nun mehr und mehr auch die Außenpolitik bestimmt. Pompeo machte dies im Hinblick auf den Jemen-Krieg klar, nachdem der Senat, in dem die Republikaner noch eine Mehrheit haben, beschlossen hat, dass das US-Militär, abgesehen von der Bekämpfung von al-Qaida, nicht mehr in den Jemen-Krieg eingreifen und Saudi-Arabien im Jemen-Krieg militärisch etwa durch Luftbetankung der Kampfflugzeuge unterstützen darf. Vermutlich wird das Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten eine Mehrheit haben, der Resolution auch zustimmen.

Das widerstrebt der US-Regierung, die voll hinter Saudi-Arabien als Regionalmacht im Nahen Osten steht und den Iran zum Schurkenstaat macht, der bekämpft werden muss und/oder in dem ein Regime Change organisiert werden soll. Die Argumentation von Pompeo ist entlarvend. Wer den Krieg und die humanitäre Not wirklich bekämpfen wolle, müsse den saudischen Krieg unterstützen, um zu verhindern, "dass der Jemen sich in einen Puppenstaat der korrupten, brutalen Islamischen Republik Iran verwandelt". Man müsse verhindern, dass Teheran seine autoritäre Herrschaft erweitert oder die Schifffahrtslinien um den Jemen kontrolliert - und das durch Unterstützung des autoritären und repressiven saudischen Regimes, einer Monarchie als Diktatur, die sich im Krieg durch Bombardierung von zivilen Zielen hervorgetan hat.

Die USA hätten dem jemenitischen Volk zwei Milliarden US-Dollar für humanitäre Hilfe gegeben, der Iran nichts: "Wenn man das Leiden der Menschen im Jemen mindern will, dann darf man den Konflikt nicht durch Behinderung unserer Partner im Kampf verlängern, sondern muss der saudischen Koalition die benötigte Hilfe gewähren, um die vom Iran unterstützten Rebellen niederzuschlagen und einen gerechten Frieden sicherzustellen." Dialog gibt es in dieser Welt nicht, nur Durchsetzung der Macht und die Aufteilung in Gut und Böse.

"Der ICC greift die Herrschaft des Gesetzes in den USA an"

Vielleicht noch drastischer ist Pompeos Attacke auf den Internationalen Gerichtshof (ICC) in den Den Haag. Dort soll ein Verfahren beginnen, um zu untersuchen, ob in Afghanistan, das 2003 das Rom-Statut ratifiziert hat, Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Rahmen des bewaffneten Konflikts begangen wurden. Untersucht werden sollen Kriegsverbrechen aller Parteien, also auch der US- und Nato-Truppen. Insbesondere wird US-Soldaten und CIA-Mitarbeitern Folter vorgeworfen (Untersuchung in Afghanistan).

Vergangenes Jahr hatte bereits Sicherheitsberater John Bolton massiv gedroht, um zu verhindern, dass die Ermittlung eingeleitet und festgestellt wird, was eigentlich jeder weiß, dass die USA schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben: "Die USA werden alle notwendigen Mittel einsetzen, um unsere Bürger und diejenigen unserer Alliierten vor ungerechter Verfolgung durch dieses illegitime Gericht zu schützen." Wenn der ICC es wagen sollte, Ermittlungen einzuleiten, werde "zurückgekämpft". Das ist auch deswegen tatsächlich bedrohlich, weil die USA 2002 gegen den ICC den Hague Invasion Act bzw. den American Servicemembers' Protection Act" beschlossen haben, nach dem die USA auch militärisch Angeklagte befreien können.

Die Angst muss groß sein, wenn nun Pompeo wieder in der Öffentlichkeit und völlig undiplomatisch die Aufnahme der Untersuchung verhindern will, obgleich die USA immer vorgibt, wie etwa auch in Venezuela, auf der Seite der Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und der westlichen Werte zu stehen, was aber nur so lange der Fall ist, so lange es den eigenen Interessen nicht widerspricht. Auch jetzt bot Pompeo die üblichen Phrasen auf, auf der Seite "der Freiheit, Souveränität und der Herrschaft des Gesetzes" zu stehen, um dann zu erklären, der ICC würde die nationale Souveränität bedrohen und amerikanische Bürger "politisch motiviert" verfolgen. Offenbar ist schon der Verdacht, der weithin belegt ist, dass US-Militärs und CIA-Mitarbeiter gefoltert haben könnten, schon eine politische Verfolgung.

Als ersten Schritt verkündete Pompeo, man werde für jeden Ausländer Visumbeschränkungen einführen, dessen Einreise in die USA oder dessen beabsichtigten Aktivitäten potentiell ernsthafte negative Folgen für die US-Außenpolitik haben können. Gemeint sind damit alle Personen, "die direkt für jede ICC-Untersuchung gegen US-Menschen verantwortlich sind". Dazu gehören auch diejenigen, die eine solche Untersuchung fordern, also auch die Opfer, die ihren Mund halten sollen. In Schutz genommen wird auch Israel. Man habe bereits mit der Umsetzung der Visa-Einschränkungen begonnen. Er kündigte auch weitere Maßnahmen an.

Die erste und wichtigste Aufgabe der US-Regierung sei der Schutz der eigenen Bürger. Wenn diese Kriminelles begangen hätten, würden sie in den USA belangt. Man unterstütze zwar auch "hybride legale Mechanismen, wenn sie mit den nationalen Interessen übereingehen, so Pompeo offenherzig. So unterstütze man das Vorgehen gegen Ruanda und Serbien sowie das Sammeln von Beweisen in Syrien und Myanmar: "Aber der ICC greift die Herrschaft des Gesetzes in den USA an."

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