US-Finanzministerin Yellen warnt China vor Überinvestitionen in grüne Technologien
China und die USA finden nicht zueinander. Beijing will weiterhin massiv in grüne Technologien investieren. Droht ein neuer Handelskrieg?
Die amtierende US-Finanzministerin Janet Yellen verbrachte vier Tage in China. In den sozialen Netzwerken des Landes wurde sie schnell zum Star. Doch die Botschaft, die sie mit nach Beijing brachte, hatte einen ernsten Hintergrund: Sie warnte die Chinesen davor, massiv in grüne Technologien zu investieren.
Yellen warnt China vor massiven Investitionen in grüne Technologien
In einer vom Klimawandel bedrohten Welt klingt diese Warnung paradox – aber hier geht es vor allem um Industriepolitik. China hat enorme Produktionskapazitäten aufgebaut und beliefert den Weltmarkt zu günstigen Preisen. Die Unternehmen in den westlichen Industrieländern können damit kaum noch konkurrieren und sind in ihrer Existenz bedroht.
Ein Beispiel: Im Bereich der Solarmodule betrug Chinas Produktionskapazität Ende 2023 rund 861 Gigawatt (GW). Weltweit wurden aber nur Module mit einer Kapazität von 390 GW installiert, berichtet Reuters in einer Analyse. Und in diesem Jahr gehen weitere Kapazitäten für Wafer, Zellen und Module in Betrieb, die ausreichen könnten, um die jährliche weltweite Nachfrage bis 2032 zu decken.
Yellens schwierige Entscheidung: Schutzzölle oder Dialog?
Yellen steht nun vor der schwierigen Entscheidung, ob sie US-Präsident Joe Biden die Erhöhung von Schutzzöllen empfehlen soll. Ziel ist es, chinesischen Elektroautos, Solaranlagen und anderen grünen Produkten den Zugang zum US-Markt zu erschweren. Die Alternative wäre, auf Zeit zu spielen und einen neuen Dialog zwischen den USA und China zu initiieren, um alternative Lösungen zu finden.
China weist Yellens Warnungen zurück
In Beijing weist man Yellens Vorwürfe zurück. Handelsminister Wang Wentao hatte am Montag erklärt, die Behauptungen der USA und der Europäer über Überkapazitäten seien unbegründet. Chinas Aufstieg etwa bei Elektroautos gründe sich auf Innovation und integrierte Lieferketten.
Der chinesische Vize-Finanzminister Liao Min verwies laut Reuters auf die Gesetze des Marktes. Überkapazitäten als Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage seien oft die Norm. "Das kann in jedem marktwirtschaftlichen System vorkommen, auch in den USA und anderen westlichen Ländern, wo es in der Geschichte schon mehrfach vorgekommen ist".
Die globale Perspektive auf Angebot und Nachfrage
Auch die chinesische Seite betont, dass Angebot und Nachfrage global betrachtet werden müssten. Schließlich konzentriere sich die Kritik des Westens auf Industrien, die für die Klimaziele des gesamten Planeten entscheidend seien.
Dieses Argument verfängt auch bei westlichen Ökonomen. "Wenn man [über den Vorwurf der Überkapazitäten] nachdenkt, bedeutet das, dass jedes Land nur das produzieren sollte, was es selbst verbraucht. Das bedeutet keinen Handel. Wo kämen wir denn hin, wenn es keinen Handel gäbe?", gibt Reuters die Worte eines Ökonomen vom Peterson Institute wieder.