US-General Edwin Walker und das Fake-Attentat

Major General Edwin Anderson Walker. Bild (unbekanntes Datum): U.S. War Department/gemeinfrei

Vor 60 Jahren genoss das damalige "Gesicht der radikalen Rechten" in den USA große Publicity wegen eines Mordanschlags.

Am 10. April 1963 meldete der rechtsextreme Ex-Major General Edwin Anderson Walker einen versuchten Anschlag auf sein Leben. Der umstrittene Politiker gab an, jemand habe ihn in seinem Haus durch das Fenster zu erschießen versucht, jedoch sei das Projektil vom Fensterkreuz abgefälscht worden und dann in der Wand eingeschlagen. Splitter hätten Walker lediglich an seinem Unterarm verletzt. Walker ordnete den Fall sofort ohne jeden Beleg kommunistischer Bedrohung zu.

Nachdem am 22. November 1963 John F. Kennedy erschossen wurde, erschien am 29. November in einer rechten deutschen Zeitung ein Interview mit Walker, in dem dieser den Verdächtigen Lee Harvey Oswald als Kommunist bezeichnete und auch des Anschlags auf Walker selbst beschuldigte. Hätte Justizminister Robert Kennedy seinerzeit die Ermittlungen nicht gestoppt, hätte Oswald im Gefängnis gesessen. Tatsächlich fand die mit der Untersuchung des Kennedy-Attentats befasste Warren-Kommission im Dezember 1963 Indizien für einen entsprechenden Verdacht.

Doch zahlreiche Ungereimtheiten wecken erhebliche Zweifel an der Authentizität des ohnehin dubiosen Anschlags. Neue Informationen deuten darauf hin, dass der ohnehin schillernde Walker und sein PR-Mann Robert Surrey bei ihren Aussagen vor der Warren-Kommission über den angeblichen Tathergang gelogen haben. Die Umstände sprechen vielmehr für einen Publicity-Stunt.

Ultrarechter General

Der Texaner Edwin Walker (1909-1993) hatte im Zweiten Weltkrieg kanadisch-US-amerikanische Spezialkräfte bei Anlandungsaktionen in Europa kommandiert sowie ein Regiment im Korea-Krieg. Später beriet Walker u.a. den chinesischen Nationalisten General Chiang Kai-shek, der 1938 im Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg in der Provinz Henan durch Zerstörung von Deichen eine Million Menschen getötet hatte.

Während des Korea-Kriegs hatte 1951 ein Streit über den Einsatz von nuklearen Waffen zwischen Präsident Truman und dem Oberbefehlshaber General Douglas MacArthur über die mit UN-Mandat ausgestatteten internationalen Truppen mit dessen Entlassung geendet. Der populäre Kriegsheld MacArthur bemühte sich bei den Republikanern um eine Präsidentschaftskandidatur, unterlag jedoch General Eisenhower, der dann die Wahl 1952 gewann. Die Spannungen zwischen Militär und Politik blieben.

Walker fungierte 1957 als Kommandeur des Militärs in Little Rock, Arkansas, als es dort zu Rassenunruhen kam. Der rassistische Gouverneur Orval Faubus hatte die Nationalgarde eingesetzt, um neun Schüler mit schwarzer Hautfarbe am Zutritt zur High School zu hindern.

Präsident Eisenhower unterstellte daraufhin die Behörden seinem Oberbefehl, der durch Militärpräsenz durchgesetzt wurde. Walker befolgte zwar den Befehl des Präsidenten gewissenhaft, er beschwerte sich jedoch wegen des Einsatzes des Militärs für ein politisches Ziel, das er definitiv nicht teilte.

Walker wandte sich rassistischen Propagandisten zu wie dem evangelikalen Prediger Billy James Hargis sowie dem texanischen Ölbaron H. L. Hunt, dessen rechtskonservatives Rundfunkprogramm "Life Line" täglich bundesweit zu empfangen war.

1957 traf Walker den Geschäftsmann Robert Welch, der 1958 mit ultrakonservativen Industriellen wie Fred C. Koch die rechtsextreme John Birch Society gründete. Die gut finanzierte Organisation verbreitete bizarre Theorien über eine kommunistische Unterwanderung der US-Elite auf höchster Ebene und sah selbst Roosevelt, Truman und Eisenhower und sogar die damals ultrarechte CIA als Agenten Moskaus.

Das Spektrum Welchs revisionistischer Spekulation über Verschwörungen reichte von einem Geheimbund in Sparta über die Bayrischen Illuminaten bis hin zur amerikanischen Hochfinanz.

Die John Birch Society stieß vor allem in Militärkreisen auf Resonanz und brachte es bis Mitte der 1960er-Jahre auf rund 100.000 Mitlieder. Zur Agitation unterhielt sie bundesweit Lesesäle. Die Bircher attackierten vor allem den Obersten Richter des Supreme Courts Earl Warren, weil dieser die damals noch geltenden Rassengesetze teilweise außer Kraft gesetzt hatte.

Walker hatte Eisenhower um seine Entlassung gebeten, da er glaubte, dass die Regierung von einer kommunistischen Verschwörung unterwandert sei. Stattdessen unterstellte ihm der Präsident die in Deutschland stationierte 24th Infantry Division mit 10.000 Soldaten.

Während seines Kommandos in Augsburg ließ Walker Pamphlete der John Birch Society verteilen. Nach Vorwürfen von Soldaten über politische Indoktrination wurde Walker abgezogen. Der Major General lehnte ein Angebot der Regierung Kennedy auf ein Kommando in Hawaii ab und schied auf eigenen Wunsch aus der Armee aus, um sich einer politischen Karriere zu widmen.

Rechter Rebell

Walker inszenierte sich als rechter Volkstribun, unternahm Vortragsreisen und wurde so das Gesicht der radikalen Rechten in den USA.

Finanziert vom einflussreichen Milliardär H.L. Hunt bewarb sich Walker als Gouverneur von Texas, unterlag jedoch bei 1962 bei den Primaries der Demokraten John Conally, der die Protektion von Vizepräsident Johnson genoss.

Walker machte mit Handgreiflichkeiten gegen einen Journalisten Schlagzeilen, als dieser ihn auf eine Lobrede auf Walker durch den Anführer der American Nazi Party, George Lincoln Rockwell, ansprach.

Walker hetzte öffentlich gegen den schwarzen Bürgerrechtsaktivisten James Meredith, als dieser sich an der Universität von Mississippi einschrieb. Dies führte zu Ausschreitungen, bei denen sechs Marshalls angeschossen und zwei Zivilisten quasi exekutiert wurden, darunter ein französischer Journalist. Die Regierung Kennedy sandte daraufhin 30.000 Soldaten, um die Ausschreitungen zu beenden.

Justizminister Robert Kennedy ließ Walker verhaften und wollte ihn psychiatrisch untersuchen lassen. Die Bürgerrechtsvereinigung ACLU, die ansonsten auf Walkers Gegenseite stand, kritisierte jedoch die Instrumentalisierung von Psychiatrie durch Politik scharf.

Das öffentliche Interesse verlegte sich jedoch auf die nun einsetzende Kuba-Krise. Walker hinterlegte eine Kaution, die Anklagen verliefen im Sande. Zuhause in Dallas wurde der rechte Aktivist von seinen Anhängern enthusiastisch gefeiert.