US-Hypothekenkrise schlägt wieder zu
Nun musste auch der Präsident der größten US-Bank wegen Milliardenabschreibungen abtreten
Zunächst wurde so getan, als sei die US-Hypothekenkrise überstanden. Doch nach Stanley O’Neal bei Merrill Lynch musste nun auch Charles Prince von der Citigroup seinen Hut nehmen, da die größte US-Bank weitere acht bis elf Milliarden Dollar abschreiben muss.
Es dürfte allen Finanzanalysten klar gewesen sein, dass die Hypothekenkrise, ausgelöst durch den Crash am Subprime Markt, nicht ausgestanden ist. Letzte Woche musste mit Merrill Lynch einer der weltweit führenden Finanzdienstleister einen Verlust von 2,3 Milliarden Dollar im dritten Quartal vermelden - der höchste seit ihrer Gründung vor 93 Jahren. Dazu kamen Abschreibungen und 8,4 Milliarden Dollar wegen verfehlter Investitionen im Rahmen der Hypothekenkrise. Stanley O’Neal musste, versüßt mit 161,5 Millionen Dollar Abfindung, seinen Hut nehmen.
Mit der Citigroup ist nun der größte Finanzdienstleister weltweit schwer getroffen. Das Wall Street Journal meldete meldete, dass die Abschreibungen der Citigroup wegen der Verluste am Subprime Markt deutlich höher ausfallen werden, als bisher eingeräumt wurde. Mit Abschreibungen bis zu elf Milliarden Dollar sei zu rechnen. Da bereits rund sechs Milliarden abgeschrieben wurden, können sie sich auf 17 Milliarden summieren. Deshalb musste nun auch Charles Prince den Sessel räumen. Er wird durch Robert Rubin, Ex-Finanzminister der Clinton Administration, ersetzt. An der Börse wird bereits über eine Aufspaltung und Teilverläufe des riesigen Konzerns mit 300.000 Beschäftigen spekuliert.
Die Folgen sind nicht abschätzbar, zunächst stürzten die Finanzaktien an den Börsen heute ab. Die Verunsicherung ist enorm, das Vertrauen in die von den Banken vorgelegten Zahlen schwindet. So berichtet das Handelblatt von einer Studie der Deutschen Bank, die davon ausgeht, dass bei Merrill Lynch weitere Wertberichtigungen in der Höhe von über zehn Milliarden Dollar möglich seien. "Wir haben zunehmend das Vertrauen in die Finanzen von Merrill verloren", zitiert die Zeitung den Bericht.
Gehofft wurde, dass mit der Vorlage der neuen Quartalszahlen die Karten endlich auf den Tisch kämen. Doch das ist nicht der Fall. Merrill Lynch und die Citibank sind ins Visier der US-Börsenaufsicht SEC geraten. Geprüft wird bei Merrill, ob das Institut das Ausmaß der Probleme bei seinen Hypothekengeschäften verschleiert hat und weiter versucht, einige seiner Risiken aus den Büchern zu bekommen. Das Institut soll über Hypotheken abgesicherte Aktien im Wert von über einer Milliarde Dollar an einen Hedge-Fonds weitergegeben haben. Dieser hat das Recht, sie nach einem Jahr zu einem festgelegten Preis zurückzugeben. Auch die Citigroup soll noch in dieser Woche Angaben über vorgenommene und mögliche weitere Wertberichtigungen machen. Vermutet wird, dass im November auch zwei der großen Banken in Großbritannien Abschreibungen im größeren Stil melden werden.
Dem Versuch, die Krise über die Zinssenkung zu meistern, teilte der Börsenguru Jim Rogers eine Absage. "Dieser Mann ist verrückt", sagte er über den Chef der US-Zentralbank Ben Bernanke nach der Leitzinssenkung in der vergangenen Woche um 0,25 %. "Er liebt es, Geld zu drucken." Diese Maßnahmen heizten die Inflation nur weiter an. "Der Dollar kollabiert, und die Rohstoffpreise heben völlig ab."
Die Probleme untergraben erneut das Vertrauen der Banken untereinander - und das dürfte zu einem weiteren Ansteigen des Euribors führen, also des Zinssatzes, mit dem sich die Banken untereinander Geld ausleihen. An den Zinssatz, der sich gerade auf hohem Niveau stabilisiert hatte, sind viele Hypothekenkredite gebunden, die sich somit weiter verteuern würden.
In Spanien, wo die Immobilienblase gerade mit fallenden Preisen platzt, wird sich das ebenso negativ auswirken, wie die Horrornachricht der letzten Woche, dass die Inflationsrate in nur einem Monat um fast einen Prozentpunkt auf 3,6 hochgeschnellt ist. Das hatte die Regierung nicht erwartet. An dem hohen Wert dürften die Hoffnungen der Sozialisten zerschellen, dass auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen senkt, um Druck von den hoch verschuldeten Familien zu nehmen. Denn die EZB ist anders als die FED auf die Geldwertstabilität ausgerichtet. Dass trotz des hohen Wirtschaftswachstums die Arbeitslosigkeit nun seit drei Monaten in Folge steigt, zeigt, dass der bisherige Motor der Ökonomie, die Bauwirtschaft, mehr als stottert. Diese Faktoren werden das Platzen der Immobilienblase in Spanien weiter beschleunigen.