US-Programm zur Ausbildung von syrischen Kämpfern gescheitert
Eigentlich sollten 3000 "gemäßigte" Kämpfer vom Pentagon ausgebildet werden, von den 54 ersten sind angeblich noch 9 aktiv, die meisten sind untergetaucht oder haben sich anderen Gruppen angeschlossen
Für die Syrien-Politik Washingtons war es eine Blamage, als General Lloyd Austin, der Kommandeur des Centcom, letzte Woche vor dem Streitkräfteausschuss des Senats einräumen musste, dass gerade einmal "4 oder 5" der von den USA ausgebildeten Kämpfer in Syrien seien. Die US-Regierung will bekanntlich selbst aus "gemäßigten" syrischen Oppositionellen, die trainiert und ausgerüstet werden, eine Bodentruppe machen, um dem kaum Wirkungen zeigenden Luftkrieg zu ergänzen. Das Ziel war auch, lenkbare Kämpfer auf dem Boden im Land zu haben, da es die Freie Syrische Armee kaum mehr gibt, die meisten anderen bewaffneten Oppositionsgruppen islamistisch sind und auch gegen Assad kämpfen. Auch die Kurden, die von den USA unterstützt werden, verfolgen eigene Interessen.
Ein Jahr lang bombardieren US-Kampfflugzeuge und Drohnen im Rahmen der von den USA geführten Koalition bereits Stellungen des Islamischen Staats im Irak (seit 8. August 2014) und in Syrien (seit 23. September 2014). Die Koalition aus 60 Nationen, wie der General betont und worauf stets aus Washington hingewiesen wird, dient vor allem dazu, die Führung der USA und die Legitimität der Intervention zu demonstrieren, die in Syrien völkerrechtlich heikel ist und auf Duldung des von Russland unterstützten Assad-Regimes beruht. Hier kommt es gerade zu einem mit Konfrontation durchsetzten, schlingernden Annäherungskurs an Moskau, das allerdings klar macht, dass jede Unterstützung seitens Russlands die Einbeziehung von Assad und der syrischen Armee voraussetzt (Russische Kampfflugzeuge in Syrien?).
Bis auf Gebiete in Syrien oder im Irak, die von den Kurden eingenommen und verteidigt werden, wurden allerdings keine sichtbaren Fortschritte erzielt (Geheimdienstberichte über Inherent Resolve verschönt?). Der mit den irakischen Streitkräften und schiitischen Milizen begonnene Versuch, den IS aus Ramadi zu vertreiben und Richtung Mosul vorzurücken, ist zu einem Stillstand gekommen. Die Einbeziehung der Türkei wird positiv erwähnt, man könne ja nun den Luftwaffenstützpunkt Incirlik benutzen, was die Angriffe einfacher mache. Dass die Türkei aber vor allem ihre eigenen Interessen verfolgt und im Nordirak die PKK mit völkerrechtswidrigen Interventionen bekämpft, während die USA mitsamt Deutschland und anderen Koalitionspartner die irakischen und syrischen Kurden unterstützen, erwähnt der General nicht.
Austin zog in seinen schriftlichen Ausführungen gleichwohl als Resümee vor dem Ausschuss, dass man "messbare Erfolge" erzielt habe. Für den weiteren Erfolg sei entscheidend, den Druck auf den IS "von der Luft und auf dem Boden" aufrechtzuerhalten. Beschönigend erklärte der General, dass der IS zwar noch Angriffe ausführen könne, seine allgemeinen Kapazitäten seien jedoch beeinträchtigt worden. Allerdings sei das Verteidigungsministerium sowieso nur für zwei von neun "lines of effort" (LOE) zuständig, nämlich für den Aufbau von Partnerkapazitäten und der Zerstörung des "Sicheren Hafens" für den IS durch Präzisions-Luftangriffe, Aufklärung, Beratung der irakischen Streitkräfte und der Unterstützung der einheimischen Kräfte. Verkauft wird der Luftkrieg einmal wieder als der bislang beste Präzisionskrieg in der Geschichte der Kriegsführung mit einer Erfolgsrate von mehr als 95 Prozent, was immer das genauer heißen mag (Bericht: Hunderte von Zivilisten bei Luftschlägen in Syrien und im Irak getötet).
Im Irak habe man bereits mehr als 3000 sunnitische "Stammeskämpfer" ausgebildet, 750 würden gerade trainiert. Man baut also hier eine neue Miliz auf, was mit Blick auf die starken schiitischen und kurdischen Milizen eigentlich die Macht der Zentralregierung und der irakischen Truppen weiter unterminieren wird. Auch in Bezug auf Syrien suchte der General die Ausbildung und Ausrüstung von "moderaten syrischen Oppositionskräften" möglichst schön darzustellen und vermied auch zu erklären, mit welchen anderen Oppositionsgruppen diese kooperieren sollten. Es sei halt bislang "langsam" angelaufen, was mit der "Komplexität" zu tun habe. Auf Nachfrage räumte er ein schließlich ein, dass sich gerade einmal "4-5" der vom Pentagon ausgebildeten Kämpfer in Syrien an den Kämpfen beteiligen. Christine Wormuth, Staatssekretärin des Pentagon für Politik, wollte vor dem Ausschuss auch das Programm verteidigen. Es würden gerade "mehr als 100"Kämpfer ausgebildet. Das seien weniger als erhofft, habe aber vor allem mit den schwierigen Überprüfungsvorkehrungen zu tun. Geplant war, in diesem Jahr 3000 Kämpfer auszubilden, innerhalb von drei Jahren 15.000.
Die Blamage wollte das Pentagon nicht ganz auf sich sitzen lassen. Leutnant Pat Ryder, Sprecher des CentCom, hob die Erfolge der syrischen Kurden hervor, die von den USA unterstützt würden. Dass die syrischen Kämpfer der YPG allerdings mit der PKK verbunden sind, ließ er lieber unerwähnt.
Und er stellte am Freitag die Zahlen richtig. Von den ersten 54 Kämpfer, die ausgebildet wurden, seien nun genau 9 in Syrien, weitere 11 der so genannten "Neuen Syrischen Streitkraft" (NSF) würden sich noch außerhalb Syriens aufhalten und darauf warten, sich an den Kämpfen zu beteiligen. 14 hätten die NSF schon wieder verlassen und sich anderen, aber angeblich gemäßigten Oppositionsgruppen angeschlossen, 18 würden sich irgendwo in Syrien aufhalten, hätten sich aber wahrscheinlich nicht dem IS oder al-Nusra angeschlossen. Ein Kämpfer sei bei Kämpfen mit al-Nusra wahrscheinlich getötet und ein anderer verschleppt worden. Trotz der Truppe in Auflösung wird das weiterhin als Erfolg verkauft und herausgestellt, dass die Ausrüstung der Kämpfer in Syrien sich bei einer "gemäßigten Oppositionsgruppe" befindet. Im Weißen Haus wird allerdings überlegt, das Programm einzustellen.