US-Regierung plant die Herstellung neuer Atomwaffen
Ab 2022 sollen jährlich 125 neue Sprengköpfe hergestellt und dafür alte Sprengköpfe schneller abgerüstet werden
Die US-Regierung will alle Einrichtungen, die zum Komplex für Atomwaffen gehören, bis zum Jahr 2030 umstrukturieren und modernisieren. Zudem sollen alte Sprengköpfe abgebaut und bis 2022 die Möglichkeit geschaffen werden, jährlich 125 neue Plutonium-Pits herzustellen. Bis 2012 werden neue Pits weiterhin im Los Alamos National Laboratory produziert (Neustart der US-Atomwaffen-Produktion). Thomas D'Agostino, der Leiter des Atomwaffenprogramms bei der National Nuclear Security Administration, die zum Energieministerium gehört, stellte den Plan gestern dem Streitkräfteausschuss des Repräsentantenhauses vor.
Obgleich die USA, sollte der Plan umgesetzt werden, seit Ende der 80er Jahre erstmals wieder neue Atomwaffen herstellen würde, verkaufte D'Agostino diesen als Abrüstungsprojekt, durch das die alten, angeblich nicht mehr verlässlichen und sicheren Atombomben aus dem Kalten Krieg, schneller abgebaut werden. Die USA würden nach dem Plan weniger nukleare Sprengköpfe als bisher haben, gleichzeitig ist der Bau von neuen Atomwaffen möglicherweise Auslöser für eine neue Aufrüstungsspirale. Um die Kritik zu entkräften, dass die Wiederaufnahme der Herstellung von Atomwaffen zu einem neuen Aufrüstungswettlauf führt, plant man, 2007 den Abbau alter Sprengköpfe um 50 Prozent gegenüber 2006 zu steigern.
Noch freilich sei das Arsenal an Atomwaffen sicher, das sorgfältig gewartet und anhand von Simulationen oder Tests mit nicht-nukleraen Bestandteilen überprüft werde. Langfristig aber müsse man, um einsatzfähige Atomwaffen zur Verfügung zu haben, wie dies der Nuclear Posture Review (NPR) vorsieht, neue Atomwaffen entwickeln und bauen (Neue Atomwaffen sollen entwickelt werden). Nur so könne langfristig eine wirksame Abschreckung aufrechterhalten werden. Das Pentagon strebt seit dem NPR allerdings einen taktischen Einsatz von Atomwaffen auch unterhalb der Schwelle eines Nuklearkrieges und im Rahmen von konventionellen Konflikten an (Eine Kombination aus nuklearen und nicht-nuklearen Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten). So wird der Plan auch damit begründet, eine „responsive nuclear weapons infrastructure“ aufzubauen, womit gemeint ist, schnell in jeder Hinsicht auf „unvorhersehbare Ereignisse oder entstehende Bedrohungen“ reagieren, „Innovationen von Feinden antizipieren und beantworten“ zu können (siehe auch CONPLAN 8022). Zu den nicht vorhersehbaren Ereignissen könne, so D’Agistino, „der komplette Ausfall eines eingesetzten Sprengkopfs oder die Notwendigkeit gehören, auf neue und entstehende geopolitische Bedrohungen zu antworten“. Zur Infrastruktur würden „die Menschen, die wissenschaftliche und technische Grundlage, die Einrichtungen und Ausstattung“ des gesamten Komplexes gehören.
Für die Entwicklung und Realisierbarkeit des Reliable Replacement Warhead-Programms (RRW), das nicht nur die Verbesserung von alten, sondern vor allem den Entwurf für neue, billigere, sicherere, flexiblere und umweltfreundlichere Sprengköpfen beinhaltet, wurden bereits von den Atomwaffenlabors Los Alamos National Laboratory und Lawrence Livermore National Laboratory erste Konzepte vorgelegt. Man will so weit kommen, dass innerhalb von vier Jahren nach einem Beschluss neue Atomwaffen entworfen, entwickelt und produziert werden können.
D’Agostino weist aber den Vorschlag einer vom Energieministerium einberufenen Task Force zurück, die sich mit der Restrukturierung des Atomwaffenkomplexes befasst hatte, die drei bislang vorhandenen Atomwaffenlaboratorien (Los Alamos National Laboratory, Lawrence Livermore National Laboratory, Sandia National Laboratories) zu einem einzigen Zentrum, einem Consolidated Nuclear Production Center (CNPC), in dem die neuen Atomwaffen billiger und effizienter entwickelt und hergestellt werden können, zusammen zu fassen. Das würde zu lange dauern, sei zu teuer und zu wenig effizient, weil der Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Labors entfalle.
Das Pentagon will Forschung, Entwicklung, Herstellung und Lagerung weiter dezentral halten, allerdings soll das gesamte waffenfähige Plutonium in einem „kleinen, modularen und flexiblen“ Zentrum, in einem anderen Zentrum alle Aktivitäten, die mit der Herstellung und Verwendung von hochangereichertem Uran (HEU) zusammenhängen, gebündelt werden. Auch die Herstellung von Tritium, die Produktion der nicht-nuklearen Waffenkomponenten sowie die Montage bzw. der Abbau der Sprengköpfe sollen in verschiedenen Einrichtungen stattfinden.