USA: Der nationale Sicherheitsapparat wurde zur Dauereinrichtung

Gier, Machtmissbrauch und das Milliardengeschäft mit dem Kampf gegen den Terror

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Regierungsmacht lässt sich, einmal angehäuft, nur schwer wieder aufgeben, auch Obama erlag rasch der Versuchung. Er verkündete, er wolle "nach vorn blicken, nicht zurück", und sprach sich gegen umfassende neue Untersuchungen des Einsatzes von Folter, der rechtswidrigen Gefangenenüberstellungen, der geheimdienstlichen Ausspähung amerikanischer Bürger im Inland und anderer möglicher strafbarer Handlungen des Regierungsapparats unter George Bush aus.

Nachdem er an seinem ersten Tag im Amt einen Präsidentenerlass zur Schließung des Gefängnisses von Guantánamo Bay unterzeichnet hatte, änderte Obama seinen Kurs wieder und ließ die Anstalt in Betrieb. Er umgab sich mit Beratern, die tief in die umstrittensten sicherheitspolitischen Maßnahmen der Bush-Administration verstrickt waren. Er weitete den Einsatz von Drohnen für "gezielte Tötungen" auf der ganzen Welt aus, setzte die Praxis der Anklage von Terrorverdächtigen vor Militärtribunalen fort, erlaubte den Strafverfolgungsbehörden, solche in den USA gefangenen Verdächtigen ohne Verlesung ihrer Rechte zu verhören, und billigte die außerjustizielle Tötung amerikanischer Bürger, die sich al-Qaida angeschlossen hatten. Er unternahm praktisch nichts, um verbreitete Missbräuche externer Vertragspartner der US-Administration im Irak, Afghanistan oder im umfassenderen globalen Krieg gegen den Terror einzudämmen.

Es machte sich für Obama bezahlt, dass er dem alten Vorwurf der Republikaner, die Demokraten seien bei der nationalen Sicherheit zu weich, den Stachel zog. Obama glückte ein politisches Kunststück: Den nationalen Sicherheitsstaat, den Bush zu solch gewaltiger Größe aufgebläht hatte, nahm er sich und machte ihn sich zu eigen. Unter ihm wurden die planlosen Notfallmaßnahmen, die Bush nach den Anschlägen vom 11. September verhängt hatte, zur Normalität. Obamas größte Leistung - oder größte Sünde - war, dass er den nationalen Sicherheitsstaat in eine Dauereinrichtung verwandelte.

Der hier veröffentlichte Text ist ein Auszug aus dem heute im Westend Verlag erscheinenden Buch "Krieg um jeden Preis" von James Risen. Der zweifache Pulitzerpreisträger Risen zeigt darin, dass vom sogenannten "Krieg gegen den Terror" mittlerweile so viele Menschen profitieren, dass er kaum noch zu stoppen ist. Private Sicherheitsunternehmen, gierige Kongressabgeordnete und machtbesessene Geheimdienstler treffen auf Behörden, denen zig Milliarden im Krieg gegen den Terror zur Verfügung stehen und die nicht wissen, wohin mit dem Geld - eine gefährliche Konstellation, die zu haarsträubenden Geschichten führt.

Der neue industrielle Heimatschutzkomplex

Ein halbes Jahrhundert zuvor hatte Präsident Dwight Eisenhower vor einem neuen "militärisch-industriellen Komplex" gewarnt; nun wurde unter Bush und Obama ein paralleler "industrieller Heimatschutzkomplex" aus der Taufe gehoben. Der Aufstieg des militärisch-industriellen Komplexes war von der Furcht vor dem Kommunismus getrieben.

Jetzt trieb eine andere abstrakte Furcht jedes Jahr Hunderte von Milliarden Dollar in den Aufbau der notwendigen Infrastruktur, um einen permanenten Krieg gegen den Terror zu führen; und diese Infrastruktur umwucherte CIA, FBI, Heimatschutz- und Finanzministerium, das Pentagon und Dutzende von anderen größeren und kleineren Ämtern und Bundesbehörden bald wie Urwaldlianen. Die Panik nach dem 11. September brachte den Kongress dazu, FBI, CIA und andere Behörden schneller mit Geld zu überhäufen, als diese es ausgeben konnten. Eine Schätzung aus dem Jahr 2012 kam zu dem Schluss, dass die Dekade des Kriegs die Amerikaner beinahe vier Billionen Dollar gekostet hatte.

Gier und Macht sind stets eine gefährliche Mischung. Zu Kriegszeiten dehnt sich die Macht aus, und leicht folgt ihr die Gier auf dem Fuße. Je mehr die amerikanische Infrastruktur zur Terrorbekämpfung wächst, desto schwerer ist es geworden, sie unter Kontrolle zu halten.

Der traditionelle militärisch-industrielle Komplex war für Außenstehende zumindest teilweise sichtbar; er bestand aus gewaltigen Rüstungskonzernen, die Flugzeuge, Schiffe und Raketen bauten, aus Hightechfirmen, die der Computertechnologie und modernster Elektronik neue Wege bahnten. Häufig kam es über die Ausgaben für große neue Waffensysteme zu heftigen öffentlichen Debatten im Kongress, und mächtige Rüstungskonzerne sahen sich regelmäßig genötigt, Anzeigen in Zeitungen und Fernsehspots zu schalten, um Unterstützung für ihre Projekte einzuwerben.

Der neue industrielle Heimatschutzkomplex ist von anderer Art. Er besteht zum großen Teil aus einem Netz von Geheimdienstbehörden und ihren privatwirtschaftlichen Kooperationsfirmen: Unternehmen, die vor allem geheime Dienste bereitstellen statt große Waffensysteme und Ausrüstung. Diese externen Auftragsnehmer werden angeheuert, um Washington dabei zu helfen, Umfang und Ausmaß terroristischer Bedrohungen zu beurteilen; sie verdienen kein Geld, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass die Bedrohung übertrieben wird oder, Gott bewahre, der Krieg gegen den Terror jemals ein Ende findet.

Das Wachstum des industriellen Heimatschutzkomplexes ereignet sich just zu einer Zeit, in der Schlagwörter wie Auslagerung von Dienstleistungen und Privatisierung den Ton angeben, ausgestreut von Unternehmensberatern, die sowohl für die Wirtschaft wie den Staat tätig sind. Heute erfüllen externe Auftragsfirmen in den Vereinigten Staaten Funktionen, die einst als ureigenstes Refugium des Staates angesehen wurden, besonders im Nachrichtendienst- und Verteidigungssektor. Die Zahl der Söldner und Mitarbeiter anderer externer Auftragsfirmen war im Irak und in Afghanistan am Ende höher als die der amerikanischen Soldaten.

Heute verlässt sich die CIA in solchem Maß auf externe Kräfte, dass viele Agenten begriffen haben, dass man am besten vorankommt, wenn man kündigt - um dann in der nächsten Woche denselben Job als externer Auftragsnehmer zum doppelten Gehalt zu erledigen.

General Atomics und das Geschäft mit Drohnen

Neal und Linden Blue sind seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Sie dienten in der Luftwaffe, kauften in Nicaragua eine Plantage, um Bananen und Kakaobohnen anzupflanzen, und stiegen in Colorado ins Immobilien-, Bau-, Erdöl- und Gasgeschäft ein. Jahre später wurde Linden Blue Spitzenmanager bei Lear Jet und Beech Aircraft. 1986 waren die Brüder in der Lage, General Atomics zu kaufen, eine Tochterfirma für Nukleartechnologie des gewaltigen Rüstungskonzerns General Dynamics, die später ausgegliedert wurde.

General Atomics wechselte mehrfach den Besitzer und wurde von einem Ölkonzern an den nächsten weitergereicht, bis Chevron zustimmte, die Firma für 50 Millionen an die Blue-Brüder abzustoßen. Das erwies sich für Letztere als ziemlich gutes Geschäft.

Unterdessen wurden die Blue-Brüder zu bedeutenden Größen im Uranbergbau und Immobiliengeschäft. In beiden Geschäftsfeldern stellten sie ihre Neigung unter Beweis, mit harten Bandagen zu kämpfen. Blues Unternehmen bekam es mit Ermittlungen wegen radioaktiver Verseuchung durch eine Uranfabrik im Indianerreservat in Oklahoma zu tun. Außerdem wurden Klagen über Uranlecks in einer geschlossenen Mine im coloradischen Golden laut. Eine weitere Stätte zur Uranproduktion in Colorado wurde von den Behörden zum Dekontaminationsgebiet erklärt. In Australien wurde das Uranimperium der Blue-Brüder beschuldigt, seine Kunden zu täuschen, um aus ungünstigen Verträgen auszusteigen.

Selbst mit General Atomics geriet Blue, wie der San Diego Reader berichtete und spätere Prozessdokumente bezeugen, kurz vor den Anschlägen vom 11. September 2001 in Schwierigkeiten, da die Firma beschuldigt wurde, Verträge zum Vorteil eines Unternehmens manipuliert zu haben, das Neal Blues Söhnen gehörte.

Doch der 11. September änderte für die Blue-Brüder alles und verwandelte ein gemischtes Geschäftsportfolio in ein Imperium - dank der amerikanischen Bundesregierung. Die Spitzen der nationalen Verteidigung und Nachrichtendienste konnten die Brüder nicht schnell genug mit Geld überhäufen und sahen über die Kontroversen um ihre Geschäftspraktiken geflissentlich hinweg.

Bewaffnte Drohnen als Ersatz für Soldaten

Es war Nicaragua, das Neal Blue zuerst auf den Gedanken von Drohnen brachte. In den 1980er Jahren wurde es bei ihm zur fixen Idee, über Wege nachzugrübeln, wie die Sandinisten, die 1979 an die Macht gekommen waren, aus dem Amt getrieben werden könnten. (Spätestens seit Linden Blues Flugzeug über Kuba zur Landung gezwungen und er dort zwölf Tage im Gefängnis verbracht hatte, waren die Blue-Brüder eingefleischte Gegner sozialistischer Bewegungen in Lateinamerika.) Neal Blue sagte einem Journalisten später, ihm sei die Idee gekommen, unbemannte Fluggeräte mit Sprengstoff zu beladen, um Treibstofflager und andere Ziele in Nicaragua in die Luft zu jagen. Der Einfall von Kampfdrohnen blieb bei ihm hängen.

1990 kaufte General Atomics den kleinen Drohnenhersteller Leading Systems. Washington hatte damals nur geringes Interesse an Drohnen, und Leading System hatte finanziell zu kämpfen, weil es seiner Zeit voraus war. Ende der 1990er Jahre, als Drohnen auf dem Balkan zur Luftüberwachung eingesetzt wurden, belebte sich das Geschäft langsam - die Vereinigten Staaten sträubten sich, mehr amerikanische Soldaten und Agenten am Boden einzusetzen als irgend nötig. Drohnen erwiesen sich als nützlicher Ersatz.

Nach der Jahrhundertwende begannen US-Luftwaffe und CIA auf die Entwicklung von raketenbestückten Drohnen zu drängen, um jedes Ziel unter Feuer nehmen zu können, das ihnen vor die Linse kam. Die Anschläge vom 11. September gaben ihrer Entwicklung enormen Schwung. Es dauerte nicht lange, da tauchte am Himmel über Afghanistan zum ersten Mal eine mit Hellfire-Raketen bestückte Predator-Drohne auf.

Dem Predator von General Atomics folgte die größere und noch schlagkräftigere Reaper-Drohne, und die auf Piloten fixierte Luftwaffe, die unbemannte Fluggeräte immer abgetan hatte, las die Zeichen der Zeit und machte sich daran, bemannte Fluggeschwader in Drohnengeschwader umzuwandeln. Heute bildet die amerikanische Luftwaffe mehr Soldaten zur Steuerung von Drohnen als von bemannten Flugzeugen aus.

Die Luftwaffe lieferte sich anhaltende Grabenkämpfe mit der CIA um die Kontrolle der staatlichen Kampfdrohnenflotte. Letztlich ging es darum, wer den Blue-Brüdern das meiste Geld geben konnte. 2013 wurde berichtet, dass Obama die meisten Drohnenoperationen von der CIA zur Luftwaffe verlagern wolle, sich also auf die Seite des Pentagons stellte, aber die CIA schlug zurück und weigerte sich, ihre zentrale Rolle bei den Drohnenschlägen aufzugeben. Unterdessen hat das Heimatschutzministerium seine eigenen Predators zum Grenzschutz erhalten, und General Atomics bekam die Genehmigung, unbewaffnete Predators ins Ausland und sogar in den Nahen Osten zu verkaufen.

Natürlich haben die Blue-Brüder und General Atomics auch ihr Bestes getan, um sich in Washington einzuschmeicheln. 2006 zum Beispiel ermittelte das Center for Public Integrity, eine gemeinnützige Organisation zur Aufdeckung von Machtmissbrauch und Korruption, dass General Atomics mehr als jedes andere Unternehmen Reisen von Kongressmitarbeitern bezahlt hatte.

Doch die Blue-Brüder sind nicht der Meinung, von der Wohlfahrt der Bundesregierung zu leben. 2011 firmierte Linden Blue als Koautor einer wütenden Kritik gegen Barack Obamas freizügige Ausgabenpolitik - während die staatlichen Aufträge für General Atomics in neue Höhen schossen. In einer Kolumne des konservativen Hudson Institute klagte Blue, dass "viele Leute, viel zu viele Leute glauben, es sei Aufgabe der Regierung, sich um sie zu kümmern".

Da General Atomics ein Unternehmen in Privatbesitz ist, sind die genauen Zahlen seiner erwirtschafteten Gewinne - und dem privaten Reichtum, der den Blue-Brüdern daraus zufällt - nicht öffentlich bekannt. Die realen Kosten der Abhängigkeit des Staats von General Atomics lassen sich hingegen bemessen, und zwar nicht nur in Dollar: Amerikas moralische Position in der Welt wurde durch die Sucht der Obama-Administration nach dem Drohnenkrieg schwer beschädigt.

Ausweitung des Drohnenkriegs unter Obama und wachsende Kritik

Tatsächlich ist Barack Obama verglichen mit George W. Bush geradezu drohnenbegeistert. Bis 2012 hatte die CIA in drei Jahren Obama-Administration bereits sechsmal mehr Drohnenschläge in Pakistan ausgeführt als in den gesamten acht Regierungsjahren von George W. Bush zusammengenommen, ermittelte das Bureau of Investigative Journalism, eine britische Journalistengruppe, die ausführlich über die amerikanischen Drohnenfeldzüge in Pakistan und anderen Ländern berichtet. Der Gruppe zufolge gab es von 2004 bis Mai 2013 insgesamt 368 amerikanische Drohnenangriffe in Pakistan, bei denen zwischen 2541 und 3533 Menschen getötet wurden. Darunter waren zwischen 411 und 884 Zivilisten - und grob geschätzt 168 bis 197 Kinder. Die große Mehrzahl der Drohnenschläge - 316 - wurde von der Regierung Obama angeordnet.

2013 gab sie zu, dass auch vier amerikanische Bürger bei Drohnenangriffen im Ausland getötet worden waren, obwohl sie teilweise gar keine Zielpersonen waren. Dieses Eingeständnis zeigte, dass die Regierung die Ziele von Drohnenangriffen nach geheimen Beweisstandards auswählte. Es gab kein rechtsstaatliches Verfahren, das den intendierten Zielpersonen offenstand, nicht einmal wenn sie amerikanische Staatsbürger waren.

Mit der Ausweitung der Drohnenangriffe unter Obama hat sich die internationale Meinung mittlerweile gegen sie gewendet. Ende 2012 zum Beispiel untersuchten die Vereinten Nationen, wie viele Zivilisten den Drohnenschlägen zum Opfer gefallen waren. "Das exponentielle Wachstum des Einsatzes der Drohnentechnologie in einer Vielzahl militärischer und nichtmilitärischer Kontexte stellt den Rahmen des etablierten Völkerrechts vor eine echte Herausforderung", schrieb Ben Emmerson, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte und Terrorbekämpfung.

Im Oktober 2013 veröffentlichte Emmerson einen Bericht, der 33 Vorfälle in Afghanistan, Jemen, Pakistan und anderen Ländern auflistete, bei denen Drohnenschläge zu zivilen Todesopfern geführt hatten. Die Untersuchung der Vereinten Nationen ist vielleicht ein erstes Anzeichen, dass der Kampfeinsatz von Drohnen irgendwann internationalen Beschränkungen unterworfen wird, ganz ähnlich den Beschränkungen für chemische Waffen oder den angestrebten Restriktionen gegen Streubomben.

Noch beunruhigender ist das Ressentiment gegen die Vereinigten Staaten, das die Drohnenschläge in der muslimischen Welt geschürt haben. Viele Experten warnen, dass der Zorn zu einem weit rascheren Anschwellen des Heers islamistischer Extremisten führen wird, als die Drohnen sie zu töten vermögen. Das gilt besonders, seit die Regierung Obama die Drohnenangriffe generell gegen verdächtige Militante zu richten begonnen hat, also weit über die ursprünglichen Ziele des Programms, die Führer von al-Qaida, hinaus.

Amerikanische Geheimdienstberichte zeigten, so berichtete McClatchy Newspapers 2013, dass Drohnenschläge in Pakistan benutzt wurden, um ein weites Spektrum afghanischer und pakistanischer Militanter zu töten; einige von ihnen aus Gruppen, die um den 11. September 2001 nicht einmal existierten. Eine Reihe von ihnen waren unbedeutende Militante ohne erwiesene Zugehörigkeit. Laut McClatchy war aus den analysierten Berichten außerdem zu schließen, dass die amerikanischen Drohnenpiloten nicht immer sicher waren, wen sie töteten.

Die International Crisis Group, eine unabhängige gemeinnützige Organisation, warnte, Drohnenschläge seien eine kurzfristige Zwischenlösung, die keines der fundamentalen politischen Probleme beseitige, aus denen sich die Militanz in der Grenzregion im Nordwesten Pakistans speise. Pakistan müsse die Benachteiligung seiner Stammesgebiete beenden, sei aber nicht gewillt oder in der Lage dazu, und Amerika dränge nicht auf politische Reformen, so die Organisation. "Drohnenschläge allein werden in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung die Jihad-Drohung nicht beseitigen", schrieb die Gruppe 2013 in einem Bericht. "Die Ausweitung pakistanischen Rechts und die Gewährung der vollen Verfassungsrechte sind die einzige langfristige Lösung für die Region."

Die Drohnenkampagne hat bereits tiefe politische Auswirkungen auf Pakistan, wo sie zunehmend als Verletzung der nationalen Souveränität betrachtet wird. Aber immer mehr wird sie auch als Menschenrechtsproblem gesehen. Ende 2012 führte Imran Khan, ein berühmter pakistanischer Cricket-Star, der in die Politik gegangen ist, Tausende von Protestierenden bei einer Demonstration gegen Drohnen an. Der Zug war so groß, dass er von der pakistanischen Armee am Weitermarsch nach Wasiristan gehindert werden musste. "Die Drohnen sind unmenschlich. Sind diese Leute etwa keine Menschen?", protestierte Khan. "Diese Menschen tragen Namen."

Veränderung nicht in Sicht

In einer wichtigen Rede zur nationalen Sicherheit im Mai 2013 reagierte Präsident Barack Obama schließlich auf die wachsende Kritik im In- und Ausland an seiner Drohnenpolitik und stellte in Aussicht, die Drohnenschläge einzuschränken. Er versprach nicht nur, die Drohnenoperationen der CIA in die Hände des US-Militärs zu legen, sondern erörterte auch Wege, wie die Entscheidungen über die Zielauswahl offener und transparenter werden könnten. Aber der Präsident ging kaum auf Einzelheiten ein und ließ sich mit seinen vagen Versprechungen viel Spielraum, um mit den Schlägen fortzufahren, wo und wann immer es ihm beliebt.

Tatsächlich hat sich seit Oktober 2013 so wenig verändert, dass sowohl Amnesty International als auch Human Rights Watch Berichte veröffentlichten, wonach die US-Drohnenschläge weit mehr Zivilisten töten, als die Regierung Obama zugeben möchte, und die Drohnenkampagne der Vereinigten Staaten als Verletzung des Völkerrechts zu betrachten ist.

Über ein Jahrzehnt nach den Anschlägen vom 11. September stehen Kriegswirtschaft und Kriegslobby in Washington weiterhin in voller Blüte. Der Übergang der Macht von einer politischen Partei auf eine andere scheint nur eine geringe Wirkung gehabt zu haben. Doch das hemmungslose Absahnen im Geschäft mit dem Heimatschutz wird irgendwann zu einem Ende kommen müssen. Angesichts billionenschwerer jährlicher Defizite der Bundesregierung und eines riesigen nationalen Schuldenbergs kann das Land diese Ausgaben für Terrorbekämpfung nicht durchhalten, und die Politiker in Washington werden schließlich "Basta!" sagen.

Präsident Obamas Rede zur nationalen Sicherheit fünf Monate später sprach viele derselben Themen an. "Amerika", so sagte er, sei in seinem Kampf gegen den Terror "an einen Scheideweg gelangt." Er warnte, dass die Nation "Wesen und Umfang dieses Kampfes definieren muss, oder er wird uns definieren. Wir müssen James Madisons Warnung im Gedächtnis behalten, dass keine Nation ihre Freiheit inmitten ständigen Kriegs bewahren kann." Es kann also nicht ewig so weitergehen, dass sich aus dem Krieg gegen den Terror Reichtum schlagen lässt - oder doch?

Nervöse Firmen, die im Militär- und Nachrichtendienstbereich tätig sind und es angesichts der Rhetorik der Regierung Obama mit der Angst bekommen, können beruhigt sein. Im Oktober 2013, fünf Monate nach der Rede Obamas, erhielt General Atomics einen Auftrag im Wert von 377 Millionen Dollar für den Bau von 24 weiteren Reapter-Drohnen für die Luftwaffe.

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