USA: Keine Chance für die "Progressiven" in der Außenpolitik
- USA: Keine Chance für die "Progressiven" in der Außenpolitik
- US-Außenpolitik: Ein parteiübergreifendes Projekt
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Demokratische Abgeordnete forderten in einem Brief das Weiße Haus zu direkten Gesprächen mit Russland auf. Das Schreiben wurde schnell wieder zurückgezogen, weil anderes wichtiger ist als Verhandlungen mit Russland.
Demokratische Abgeordnete verursachten letzte Woche einiges an Aufregung im Repräsentantenhaus und darüber hinaus. Die Gruppe zog am Dienstag einen Brief zurück, in dem sie zuvor das Weiße Haus zu direkten Gesprächen mit Russland aufgefordert hatten.
Der Brief, der unter anderen von der bekannten Gruppe progressiver "Congresswomen", dem sogenannten Squad, unterzeichnet worden war, kam laut der Vorsitzenden des "Congressional Progressive Caucus", Pramila Jayapal, leider im falschen Moment.
Laut der Financial Times äußerte sich die Vorsitzende besorgt, dass "aufgrund des Zeitpunkts unsere Botschaft von einigen als gleichbedeutend mit der jüngsten Erklärung des "House Minority Leader" Kevin McCarthy angesehen werden könne".
Fixiert auf den Gegner
Der Abgeordnete der Republikaner aus Kalifornien, Kevin McCarthy, hatte zuvor mit einer Äußerung für Furore gesorgt, dass er ein Ende der bedingungslosen Hilfe für die Ukraine in Betracht ziehe, sollten die Republikaner in den Zwischenwahlen die Macht über das Repräsentantenhaus oder den gesamten Kongress erlangen.
Aufgrund von McCarthys Äußerungen habe man, so von Seite der Demokraten, den Brief jetzt bedauerlicherweise zurückziehen müssen.
Hinter der dramatischen Kehrtwende steht aber wahrscheinlich mehr als die Angst des progressiven Flügels der Demokratischen Partei, mit Konservativen wie McCarthy in einen Topf geworfen zu werden.
McCarthy Erklärung war im Übrigen die folgende: "Die Ukraine ist wichtig, aber gleichzeitig kann es nicht das Einzige sein, was sie tun, und es kann kein Blankocheck sein." (Ukraine-Hilfe: Aufschreckende Signale aus den USA)
Bei der Äußerung handelt es sich um ein politisches Manöver McCarthys. Nach Meinung von Parteikollegin Liz Cheney geht es ihm darum, sich dem Lager der Trump-nahen "Isolationisten" zu nähern.
Cheney, ihrer außenpolitischen Haltung nach ganz der Vater, äußerte sich besorgt: Die Bereitschaft des wahrscheinlich zukünftigen Speaker of the House anzudeuten, Amerika stehe nicht mehr für Freiheit, zeige, dass dieser bereit sei, alles für seinen eigenen politischen Vorteil zu opfern.
Eine diplomatische Aufforderung
Mit so jemandem möchte natürlich kein Liberaler auf dem "Hill" in Verbindung gebracht werden. Und das, obwohl der progressive Flügel in dem Brief das Weiße Haus lediglich aufforderte, "alle möglichen Wege" zur Beendigung des Krieges, einschließlich eines direkten Engagements mit Russland, "zu prüfen". Man möchte meinen, an einer solch weitgefassten Aufforderung zur Diplomatie sei nichts auszusetzen.
Jedoch, genau wie McCarthy, waren die progressiven Demokraten sofort massiver Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Der Brief löste schon am Montag eine heftige Gegenreaktion einiger Abgeordneter der Demokraten aus.
"Olivenzweig für einen Kriegsverbrecher"
Der Kongressabgeordnete Jake Auchincloss twitterte, dass dieser Brief ein Olivenzweig für einen Kriegsverbrecher sei, der seinen Krieg verliert. Eine Aussage, die im Grunde die Forderung nach einem Regimewechsel in Russland in sich birgt.
Denn selbst wenn Putin eines Tages einsehen sollte, dass der Ukraine-Krieg ihn zu Hause zu viel Blutzoll und politisches-Kapital kostet, müsste mit ihm verhandelt werden – Kriegsverbrecher hin oder her. Auch zeigt sich hier das ungesunde Maß an Verachtung für die Menschenleben, die durch einen zeitigen Frieden in der Ukraine bewahrt werden könnten.
Im Grunde offenbart sich in diesem Tweet die Einstellung der außenpolitischen Elite Washingtons. Aus deren Sicht ist der Ukraine-Krieg eine hervorragende Gelegenheit, Russland militärisch und wirtschaftlich zu schwächen, zu (fast) jedem Preis.
Kein "Rapprochement" mit China oder Russland
Eine Abweichung von diesem Kurs kann und darf nicht geduldet werden, das gilt eigentlich parteiübergreifend, mit der neuen Entwicklung allerdings, dass es seit Trumps Regentschaft auf der rechten Seite des politischen Spektrums bisweilen "en vogue" scheint, sich als "Isolationist" zu geben, – was auch immer das in einem globalisierten Wirtschaftssystem bedeuten soll. Es könnte allerdings eine Abweichung von dem hyper-interventionistischen Kurs der Neokonservativen bedeuten.
Nicht, dass man sich der Fantasie hingeben sollte, McCarthys Äußerung sei von einer tiefen inneren Überzeugung getrieben, in Zeiten der Inflation nicht weiter Geld in den Rachen des "Military-Industrial-Complex" werfen zu wollen, um es für sozialpolitische Maßnahmen nutzen zu können.
Ganz bestimmt nicht. Aber McCarthy hat allen Grund, sich etwas besser mit den Trumpisten in seinem Lager zu stellen. Und deren Motto "America First" kann im Zweifel auch bedeuten, dass die USA sich das "Empire" im bisherigen Sinne einfach nicht mehr leisten können.
Vor allem nutzt McCarthy aus, dass jede Form des "Rapprochement" mit China oder Russland unter den liberalen US-Eliten zum "bösen Wort" geworden ist. Dabei geht es ihm aber nicht um eine Aufarbeitung der bisherigen US-Außenpolitik.
Politisches Faustpfand
Ab November, wenn Biden und Blinken höchstwahrscheinlich von McCarthys Zustimmung für weitere Waffenlieferungen in die Ukraine abhängig sind, wird der zukünftige "Speaker of the House" ein hervorragendes politisches Faustpfand besitzen. Dieses wird er dann nutzen, um die Gesetzgebung der Demokraten zu beschneiden oder gleich eine konservative durchzusetzen.
Der Grund für die Kehrtwende der Progressiven im Haus ist ein anderer. In Sachen Außenpolitik wird selbst bei den Demokraten bisweilen Parteidisziplin angewandt. Der Beweis hierfür: Die wenigen Momente in der jüngeren US-Geschichte, in denen die neuen Progressiven Demokratinnen des Repräsentantenhauses es tatsächlich wagten, die außenpolitischen Eliten direkt anzugreifen.