USA: Soll Trump über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden können?
Eine Mehrheit der Amerikaner ist nach einer Umfrage dafür, dass darüber der Kongress entscheiden sollte, aber die Welt dürfte weiter in Abhängigkeit des US-Präsidenten bleiben, einen Atomkrieg zu beginnen
Man kann zwar davon ausgehen oder dies zumindest hoffen, dass US-Präsident Donald Trump seine Drohung, den Iran auszulöschen, nicht wahrmachen wird (USA: Wie kalkuliert ist die Eskalation gegen Iran?). Es ist spätpubertäres Macho-Gehabe, von dem sich der Deal-Maker erhofft, die iranische Führung ebenso an den Verhandlungstisch zu bringen wie Nordkoreas Kim Jong-un. Allerdings konnte man dabei sehen, dass Trump auf die schnelle und medienwirksame Geste setzt, aber nicht auf wirkliche politische Umsetzung eines differenziert ausgearbeiteten nuklearen Abrüstungsplans.
Die Gefahr ist allerdings mit den Drohgebärden, dass sie leerlaufen, wenn sie zu oft gemacht werden, aber ohne Folgen bleiben, wenn die roten Linien überschritten werden. Vor allem dann, wenn die rote Linie so tief gesetzt wird, dass nur eine weitere Drohung, zum "offiziellen Ende Irans" führen würde. Schon allein der Ausdruck "offizielles Ende" ist kurios. Zudem hatte Trump schon einmal im Juli 2018 nach einer Äußerung des iranischen Präsidenten Rouhani, der vor einem Angriff auf den Iran warnte, genau dieselbe Drohung über einen Tweet auf dem - offiziellen? - Twitter-Account Richtung Teheran geschleudert: "Drohe niemals wieder den Vereinigten Staaten oder du wirst Konsequenzen erfahren, wie sie nur wenige jemals in der Geschichte erlitten haben."
Trump könnte sich mit seinen Gockelspielen selbst in die Position bringen, einmal zuschlagen zu müssen, auch wenn er dies vielleicht gar nicht selbst will, weil ihn niemand mehr ernst nimmt. Zumal er sich in eine Blase mit seiner Entourage mit Pompeo, Pence und Bolton begeben hat, die ein ähnliches aggressives Auftreten pflegen.
Amerikaner wollen nicht, dass der Präsident über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden kann
Auch in den USA sorgen sich die Menschen, dass Trump das Land in einen Atomkrieg führen könnte. Nach einer vom Center for International & Security Studies in Auftrag gegebenen Umfrage, die jetzt veröffentlicht, aber schon im Januar und Februar durchgeführt wurde, also vor den Auslöschungsdrohungen gegenüber dem Iran, sagen 68 Prozent, dass die USA bei Bedrohungen die Bereitschaft zeigen sollten, Atomwaffen einzusetzen. Die USA müssten auch ein Atomwaffenarsenal behalten, um Gegner abzuschrecken. 67 Prozent sagen einerseits, die USA sollten erklären, nicht zuerst Atomwaffen einzusetzen. Andererseits ist gleichzeitig eine Mehrheit dafür, dass die USA das doch lieber nicht erklären, sondern dies offen lassen sollte.
78 Prozent stimmen aber zu, dass der Präsident nicht die Entscheidungsbefugnis haben sollte, einen Atomkrieg zu erklären. Mit Ausnahme davon, dass auf einen Angriff mit Atomwaffen reagiert wird, müsste der Kongress einem Atomkrieg zustimmen. 53 Prozent sagen aber auch, dass dies Abschreckung gefährden könne und gefährlich wäre. 68 Prozent meinen, dass der Kongress ein Gesetz verabschieden sollte, dass der Präsident als Oberbefehlshaber zwar die Entscheidungsbefugnis haben sollte, bei einem atomaren Angriff einen atomaren Gegenschlag zu führen, ansonsten aber die Zustimmung des Kongresses einholen müsse, wenn er unter anderen Bedingungen Atomwaffen einsetzen will. Auch bei den Sympathisanten der Republikaner ist eine Mehrheit von 59 Prozent dafür.
Und eine überwältigende Mehrheit von über 80 Prozent sprach sich auch dafür aus, dass die USA in Rüstungskontrollabkommen bleiben und nicht, wie dies Trump machte, aus dem INF-Vertrag aussteigen sollten. Genauso viele wollen, dass das Start-Abkommen erweitert wird. 87 Prozent sind auch gegen die Wiederaufnahme von Atomwaffentests.
Im Januar war von dem demokratischen Senator Ed Markey und dem republikanischen Senator Ted Lieu einen Gesetzesvorschlag eingebracht worden, der es dem Präsidenten verbieten würde, ohne Zustimmung des Kongresses zuerst Atomwaffen einzusetzen. Verwiesen wird darauf, dass nur der Kongress nach der Verfassung einen Krieg erklären kann, woran sich zuletzt aber weder Bush noch Obama und Trump gehalten haben.
Schon nach dem Wahlsieg von Trump und seinen Drohungen gegenüber Nordkorea kam die Diskussion auf, ob der Präsident allein entscheiden darf, ob Atomwaffen eingesetzt werden. Es wurden bereits Gesetzesvorschläge eingereicht, um die Macht des Präsidenten zu begrenzen, aber es herrschte Uneinigkeit und letztlich Bereitschaft, dass der Präsident die "einzige und letzte Autorität über den Einsatz von Atomwaffen" haben soll (Der Mann am atomaren Drücker).
Nukleare Teilhabe
Die Umfrage zeigt die Zerrissenheit der Amerikaner, die durchaus an Atomwaffen festhalten, aber Zweifel haben oder dagegen sind, ob der Präsident die Entscheidungsmacht haben soll, alleine über den Einsatz von Atomwaffen zu entscheiden. Die Frage köchelt schon seit Jahren vor sich hin, der Kongress hat sich bislang auch davor gedrückt, den Krieg gegen den IS in Syrien zu genehmigen oder einzugrenzen, der seit Jahren nicht mehr gedeckt ist von der Kriegsermächtigung (AUMF), die Bush im Kampf gegen al-Qaida vom Kongress nach 9/11 erhalten hat. Noch immer ist dieser Krieg nicht beendet, wobei in Syrien ausgerechnet al-Qaida-Abkömmlinge als "Rebellen" gegen die Assad-Regierung gefördert oder geschützt werden.
Die Frage betrifft natürlich keineswegs die USA alleine, die auch als einziger Staat bislang Atomwaffen eingesetzt haben, um zwei Städte mitsamt Zivilisten auszulöschen. Alle Nato-Staaten wären bei einem Atomkrieg involviert, den Trump oder ein anderer Präsident selbstherrlich auslöst. Vor allem die Staaten, die sich wie Deutschland der nuklearen Teilhabe "erfreuen", also selbst womöglich im Ernstfall amerikanische Atomwaffen mit eigenen Flugzeugen einsetzen würden. Die Türkei kann damit noch spielen, Deutschland (80 Mal Hiroshima in der Eifel) und Italien sowie die Niederlande und Belgien sollten schleunigst ein Ende der nuklearen Teilhabe beschließen.
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