USA steigen aus dem UN-Menschenrechtsrat und aus dessen Finanzierung aus
Donald Trump setzt die in rechten US-Kreisen vorherrschende Ablehnung von internationalen Gremien und Abkommen nur fort, aber verstärkt gefährlich die Erosion jeder globalen Vereinbarungsbemühungen
Wie angekündigt zieht sich die US-Regierung nicht nur aus dem UN-Menschenrechtsrat zurück, sondern stellt auch die Zahlungen für diesen sowie dem Büro des Hochkommissars für Menschenrechte (OCHCR) ein, wie Sicherheitsberater John Bolton vor einigen Tagen erklärt. Am 31. August wird die ehemalige chilenische Präsidentin Michelle Bachelet das Amt übernehmen. Die linke Politikerin dürfte den USA auch nicht gefallen. Gerade klagt der Menschenrechtsrat Myanmar in einem Bericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit an.
Finanziell trifft den Menschenrechtsrat der Rückzug schwer, denn die USA sind Hauptgeldgeber der Vereinten Nationen und haben bislang diesen auch am höchsten mit freiwilligen Zahlungen unterstützt. Etwas mehr als 40 Prozent des Budgets des Menschenrechtsrats kommen aus den festgelegten Zahlungen für die UNO, der Rest wird durch freiwillige Spenden finanziert. Hauptgrund für den im Juni angekündigten Ausstieg war die Israelkritik und dass Staaten wie China, Venezuela oder Kuba gegenwärtig Mitglieder sind (US-Regierung steigt wegen Israel-Kritik aus dem UN-Menschenrechtsrat aus).
US-Außenminister Mike Pompeo begründete die Entscheidung damit, dass der Menschenrechtsrat eine "schamlose Scheinheiligkeit" zeige: "Viele der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen werden ignoriert, und einige der schlimmsten Menschenrechtsverletzer sitzen im Rat." Dass neben Ägypten etwa Saudi-Arabien auch Mitglied ist (UN-Menschenrechtsrat: Russland ausgeschlossen, Saudi-Arabien gewählt), stört Washington nicht, obgleich dort ebenfalls Menschenrechte gravierend verletzt werden und die fundamentalistische Monarchie einen Krieg im Jemen führt, in dem viele Zivilisten, darunter auch immer wieder Kinder, durch Luftangriffe der saudischen Koalition getötet werden. Der Vorwurf der Einseitigkeit, den man durchaus zurecht erheben kann, wird damit von den USA, die selbst immer wieder vor allem in den Kriegen Menschenrechtsverletzungen begangen haben und begehen, ad absurdum geführt. Menschenrechte werden von Washington immer dann interessengeleitet geltend gemacht, wenn es Gegner trifft, nicht aber gegen Verbündete.
Der 2006 gegründete Menschenrechtsrat, der die Menschenrechtskommission ablöste, ist ein Unterorgan der UN-Generalversammlung. Er tritt dreimal im Jahr zusammen, die 47 Mitglieder werden nach einem regionalen Schlüssel von der Generalversammlung für jeweils drei Jahre gewählt und können mit einer Zweidrittelmehrheit auch wieder hinausgeworfen werden. Eigentlich ist der Menschenrechtsrat ein zahnloser Tiger, er kann Staaten, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen, keine Auflagen machen oder gar gegen sie Sanktionen aussprechen. Gleichwohl prangern vor allem die alle vier Jahre verfassten Berichte zur Lage in den einzelnen Staaten (Universal Periodic Review), die Einsetzung von Sonderberichterstattern oder Berichte nach Eingabe von Beschwerden für diese mitunter unangenehme Missstände an. Resolutionen sind dagegen oft einseitig und treffen neben Israel in der Regel nur kleinere Staaten, die nicht genügend Verbündete besitzen.
Schon gegen die Gründung des Menschenrechtsrats hatten Israel und die USA protestiert, dabei aber nur die Marshallinseln und Palau hiner sich gebracht. Die Bush-Regierung mit ihrem damaligen UN-Botschafter John Bolton, den Donald Trump zum Sicherheitsberater ernennt hat, zog sich erstmal weitgehend aus dem Menschenrechtsrat zurück, unter Barack Obama wurden die USA allerdings 2009-2012, 2012-2015 sowie 2016-2019 wieder als Mitglied gewählt. Das hat Trump nun beendet, an die Stelle der USA wird Island Mitglied.
Angriff auf jeden Ansatz des globalen Handelns
Die USA sind nicht nur aus dem Menschenrechtsrat ausgestiegen, sie haben 2017 bereits angekündigt, sich auch Ende 2018 aus der UNESCO zurückzuziehen - und auch das Klimaabkommen wurde fallengelassen. Die Abneigung der rechten Amerikaner und republikanischen Regierungen gegenüber der UNO ist nicht neu. Das Aufrechterhalten der globalen Dominanz der USA verträgt sich nicht mit Mehrheitsentscheidungen, daher wurden bereits viele Abkommen von den USA blockiert, auch solche zum Verbot von Massenvernichtungswaffen, zur Militarisierung des Weltraums oder zum Internationalen Strafgerichtshof. Man zieht "Koalitionen der Willigen" unter Führung von Washington und bilaterale Abkommen vor, die zwar womöglich die Überlegenheit der USA sichern, aber zu keinen weltweiten Regelungen führen können.
Donald Trump verschärft nur die Strategie, die Vereinten Nationen und überhaupt globales Handeln Schritt für Schritt zu unterminieren, um Amerika wieder groß zu machen. Damit steigt die Gefahr, dass überhaupt nicht mehr koordiniert auf Gefährdungen der Menschheit wie durch die Klimaerwärmung reagiert werden kann, verstärkt werden hingegen Konflikte und ein entsprechendes wirtschaftliches und militärisches Wettrüsten.
Die USA haben bislang etwa 22 Prozent zum Haushalt der Vereinten Nationen beigetragen. Von diesem Beitrag soll nun der Betrag abgezogen werden, der dem Menschenrechtsrat zukommt. Das reguläre Budget 2018/2019 beträgt 201,6 Millionen US-Dollar bzw. 100 Millionen pro Jahr, wovon dann etwa ein Fünftel, also 40 Millionen oder 20 Millionen pro Jahr, fehlen wird. Aber schon die 200 Millionen stellen eine Kürzung dar, weswegen der Menschenrechtsrat veranschlagt, mehr an freiwilligen Leistungen in Höhe von 278,3 Millionen US-Dollar zu erhalten, um die Arbeit finanzieren zu können. 2017 war hier eine Rekordsumme von 142,8 Millionen erzielt wurden, was heißt, die freiwilligen Zuwendungen müssten sich verdoppelt. 2017 zahlten die USA noch 20 Millionen US-Dollar, 2018 waren es nur noch 1 Million, ebenso viel wie Katar und ein wenig mehr wie Österreich, und auch diese Zuwendungen werden nun gekappt.
Bei den freiwilligen Leistungen liegt 2018 Schweden mit fast 20 Millionen an der Spitze, gefolgt von der EU mit 14 Millionen, Dänemark hat fast 10 Millionen gezahlt. Auch die Niederlande, Kanada, Großbritannien, Belgien und die Schweiz zahlen noch mehr als das reiche Deutschland, das 4 Millionen gezahlt hat. In den osteuropäischen EU-Ländern hält man sich auffällig zurück.
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