Ukraine-Hilfe: Aufschreckende Signale aus den USA

Seite 2: "Mehr Kontrolle"

Allerdings ist die Wahl des Repräsentantenhauses, wo Anfang November über alle Sitze neu abgestimmt wird, und die des Senats (35 von 100 Sitzen werden neu bestimmt) noch nicht gelaufen – und was auch ins Gewicht fällt: Die Republikanische Partei ist kein monolithischer Block, auch aktuell nicht.

So hört man von Michael McCaul, der für ein anderes Lager in der GOP steht, ein Trump-Gegner und Transatlantiker, andere Töne:

"Die Ukrainer - wenn wir ihnen geben, was sie brauchen, gewinnen sie."

Im Lager des US-Präsidenten geht man laut Informationen von Politico von einer Dringlichkeit aus, um große Hilfspakete für die Ukraine zu schnüren. So gibt es die Absicht, noch im Dezember, vor der Neubesetzung des Hauses, über eine größere Hilfe abzustimmen, da sich eben auch unter Republikanern Unterstützer dafür finden.

In informellen Gesprächen soll Biden sogar davon ausgehen, dass Kevin McCarthy nur im Wahlkampf blinkt, um dann aber realpolitisch Hilfen weiter zu unterstützen.

Michael McCaul, erklärte indessen, dass die Republikaner die Hilfe für die Ukraine nach wie vor unterstützen, aber mehr Kontrolle wünschen.

Europäische Beamte äußerten sich laut Financial Times dahingehend, dass sie "McCarthys Äußerungen zwar zur Kenntnis genommen haben, aber nicht glauben, dass sie den Beginn eines wirklichen Wandels markieren".

Mehrheit der US-Amerikaner für Unterstützung

Bei einer Umfrage von Reuters/Ipsos, die vor zehn Tagen veröffentlicht wurde, gaben zwei Drittel von 1.000 befragten US-Amerikaner an, dass sie besorgt seien, der Krieg könnte eskalieren, "wenn die Ukraine Waffen mit größerer Reichweite erhält, die unbestrittenes russisches Territorium treffen könnten". 58 Prozent befürchten, dass auf einen Atomkrieg mit Russland zugesteuert werde.

Im Vergleich zu Ende April seien die US-Amerikaner "weniger geneigt, einen Kandidaten zu unterstützen, der sich für die Fortsetzung der Militärhilfe für die Ukraine ausspricht (69 Prozent gegenüber 76 Prozent Ende April)".

Das sind allerdings noch immer deutliche Mehrheiten. Wie auch generell: "73 Prozent der Amerikaner sind der Meinung, dass die Vereinigten Staaten die Ukraine weiterhin unterstützen sollten, obwohl Russland mit dem Einsatz von Atomwaffen droht."

Unterstützung für eine diplomatische Lösung

Allerdings, wie eine andere Umfrage herausstellt, ist dies an Bedingungen geknüpft. So ergab eine Umfrage im Auftrag des Quincy Institute for Responsible Statecraft Ende September, dass fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) die Fortsetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine nur dann befürworten würden, "wenn sich die USA an den laufenden(?) diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges beteiligen". Ein relativ hoher Prozentsatz, 41 Prozent, würde die Fortsetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine unabhängig davon befürworten.

Wie es der frühere deutsche Diplomat bei der OSZE und der UN, Michael von der Schulenburg in der Berliner Zeitung beschreibt, zeigte sich die Bereitschaft für eine diplomatische Lösung in der Nato-Führung und in der US-Führung wenige Wochen nach Kriegsbeginn noch deutlich beschränkt:

"Das auffälligste Beispiel dafür ist, als die Nato im März die ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen torpedierte. Damals, nur einen Monat nach Kriegsbeginn, gelang es ukrainischen und russischen Verhandlungsteams, einen 15-Punkte-Entwurf für ein mögliches Friedensabkommen vorzulegen, demzufolge die Ukraine keine Nato-Mitgliedschaft anstreben und keiner ausländischen Macht gestatten würde, Militärstützpunkte auf ihrem Hoheitsgebiet zu errichten. Im Gegenzug würden alle russischen Besatzungstruppen abziehen und die Ukraine würde ihre territoriale Integrität weitgehend bewahren. Der Entwurf sah auch Zwischenlösungen für den Donbass und die Krim vor. Man hoffte, dieses Abkommen auf einer Friedenskonferenz am 29. März in Istanbul auf Außenministerebene abschließen zu können. Sowohl ukrainische als auch russische Politiker hatten bereits Hoffnungen auf ein Ende des Krieges geäußert."

Man müsse aus der Spirale eines immer mehr außer Kontrolle geratenden Krieges aussteigen, empfiehlt Schulenburg.