Ukraine: Ist das schon die neue Offensive?

Bild: Mvs.gov.ua, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Bisher kam es im Ukrainekrieg nicht zur angekündigten zweiten russischen Offensive. Sie kann kriegsentscheidend sein und es wird täglich mit ihr gerechnet.

Ob die "Osteroffensive" Russlands (das orthodoxe Osterfest ist dieses Jahr eine Woche nach dem westlichen) bereits im vollen Gange oder nur in einer Art Vorbereitungsphase ist, darüber gehen Ankündigungen und Ergebnisse des Wochenendes auseinander. So verkündete der Ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ebenso wie der russische Fernsehsender Ren TV am 18. April den Beginn der Offensivaktion der russischen Truppen.

Dennoch sprach der österreichische Ostexperte Gerhard Mangott gegenüber der Tagesschau drei Tage später davon, dass besagte russische Großoffensive zwar in Vorbereitung sei, jedoch eben "noch nicht im vollen Gange". Auch die russischsprachige lettische Onlinezeitung Meduza meldete am gleichen Tag, dass sich die grundsätzliche militärische Lage trotz anders lautender Ankündigungen in den Vortagen nicht geändert habe.

Meduza wartete als Beleg der eigenen Aussage mit drei möglichen Szenarien für eine tatsächliche russische Offensivaktion auf, die alle noch nicht eingetreten und mit großen Risiken verbunden seien. Dennoch rechnet auch Meduza weiter damit, dass eine davon von der russischen Armee realisiert werden wird, da der Ausgang des gesamten Krieges von einem solchen Angriff abhängen kann. Im Erfolgsfall ist ein tiefer Einbruch in die ukrainischen Linien möglich.

Drei Möglichkeiten für einen russischen Angriff

Das erste Szenario ist weit verbreitet: Die großräumige Umgehung der ukrainischen Linien im Donbass, um sie aus dem rückwärtigen Bereich einzuschießen. Das ist nicht so einfach, wie es klingt, denn die "umgehenden" russischen Truppen werden weit auseinandergezogen. Dadurch würde es möglich, sie an den Flanken zu schlagen – und der ganze Plan würde schnell zunichte gemacht.

Die militärische Entwicklung im Ukraine-Krieg (19 Bilder)

Frontverlauf am 26. Februar 2022

Deswegen ist auch ein zweites Szenario möglich: Viele kleine Operationen, um die Verteidigung zu desorganisieren und die Streitkräfte der Ukrainer zu dezimieren, bis man zentral durchbrechen kann. Diese Strategie verspricht jedoch keinen schnellen Sieg. Für die russische Armee könnte dies zum Problem werden, denn für sie tickt die Zeit, sollte sie es nicht schaffen, die ukrainische Armee vom massiven Nachschub aus dem Westen abzuschneiden.

Auch der russische Militärexperte Wladimir Popow sieht in der Moskauer Zeitung Nesawisimaja Gaseta diese Waffenlieferungen als Problem der eigenen Truppen, die den Kreml von einer Waffenruhe am orthodoxen Ostern abgehalten habe.

Wenn es einen weiteren viertägigen Waffenstillstand gibt, werden die Streitkräfte der Ukraine viele neue Waffen erhalten. Die Truppen werden in der Lage sein, sich auszuruhen, Waffenvorräte aufzufüllen und sich gegen die russischen Streitkräfte neu formieren.

Wladimir Popow in der Nesawisimaja Gaseta vom 21.04.2022

Auch der jüngste russische Raketenangriff gegen Odessa erfolgte nach offiziellen russischen Angaben gegen ein Waffenlager, in dem aus dem Westen geliefertes Militärmaterial angekommen war.

Szenario drei ist ein versuchter Flankendurchbruch in einer kleineren Operation, also eine Art Mittelweg zwischen den Optionen eins und zwei. Doch auch diese birgt Gefahren, da hier der Durchbruch an gut befestigten Stellungen geschehen muss, da durch die kleinere Operation die ukrainischen Linien nicht komplett umgangen werden.

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