Ukraine-Krieg: Bittere Realität auf den Kampffeldern
Seite 2: Streubomben, Ressourcen und Rüstungsindustrie in der Ukraine
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- Streubomben, Ressourcen und Rüstungsindustrie in der Ukraine
- FPV-Drohnen, Rheinmetall, Panzer und ein Fazit
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Ein weiteres Problem für die Ukraine könnte der erste Einsatz von Streubomben werden. In Staromaiorske wurde der erste Einsatz von RBK-500 Bomben berichtet.
Die USA beliefern die Ukraine seit Juli dieses Jahres mit der geächteten Streumunition, und zwar mit der DPICM. Hierbei handelt es sich um ein 155 Millimeter Geschoss, das von einer Haubitze verschossen wird. Das Gewicht des Projektils beträgt um die 47 Kilogramm.
Dagegen beträgt das Gewicht der russischen RBK-500 bis zu 520 Kilogramm – mit verheerender Wirkung auf dem Schlachtfeld.
Freifall-Bomben
Mit der Lieferung haben die USA die Büchse der Pandora geöffnet, denn auch Russland verfügt über große Bestände an Streumunition. Das Verschießen von Streugranaten über herkömmliche Artillerie seitens der russischen Artillerietruppen wurde bereits vereinzelt berichtet, scheint aber kein Massenphänomen zu sein.
Über den Einsatz der RBK-500 sind keine weiteren Informationen bekannt. Doch vermutlich wird sie mit dem Gleitrüstsatz "UMPK" versehen sein, welches Freifallbomben zu satellitengesteuerten Präzisionswaffen umwandelt.
So können alte Fliegerbomben – die RBK-500 datiert aus den 1960er-Jahren des vorigen Jahrhunderts – weitab des Zieles von Flugzeugen gegen statische Ziele eingesetzt werden, ohne dass das Trägerflugzeug in Gefahr gerät, von feindlicher Flugabwehr bekämpft werden zu können.
Auch die Ukraine hat Gleitbomben aus den USA geliefert bekommen. Allerdings ist die ukrainische Luftwaffe zu sehr dezimiert, als dass die Waffe eine spürbare Wirkung entfalten könnte – die Trägerplattform für die Gleitbombe ist der Ukraine weitestgehend abhandengekommen.
Statische Front und Kriegswirtschaft in der Ukraine
Einzelnen Erfolge beider Kriegsparteien zum Trotz – die Front bleibt überwiegend statisch, mit nur wenigen Gebietsverschiebungen.
Denn der Ukraine-Krieg ist schon seit Ende letzten Jahres kein Bewegungskrieg mehr, sondern ist ein Abnutzungskrieg geworden, bei dem beide Parteien versuchen, dem Gegner ohne nennenswerte Gebietsverschiebungen möglichst viel Schaden zuzufügen.
In dieser Art der Kriegsführung kann Russland seine Stärke einsetzen: nahezu unbegrenzte Ressourcen als das ressourcenreichste Land der Erde. Und eine in weiten Teilen staatlich kontrollierte Rüstungsindustrie, die Rüstungsgüter zu transparenten Kosten herstellen kann.
Rüstungsindustrie und Kriegswirtschaft
Die Ukraine dagegen hat nahezu keine Rüstungsindustrie mehr zu ihrer Verfügung:
"Die Ukraine kann nur so lange durchhalten, wie der Westen, und hier vor allem die USA, bereits ist, sie zu unterstützen. Sie scheint wie ein Ertrinkender, der verbissen ums Leben kämpft und eine Hand zur Hilfe ausstreckt, die der Westen zwar sichtbar, aber doch kraftlos umfasst",
kommentiert Oberst Markus Reisner von Österreichischen Bundesheer den Kampf der Ukraine um westliche Unterstützung.
Europa und die USA haben – anders als Russland – nicht auf Kriegswirtschaft umgestellt. Der Ausstoß an Waffen und Munition dürfte in Russland die Produktion der Nato-Länder übertreffen.
Die Produktionszahlen sind schwer zu schätzen. Dennoch dürfte Russland im Bereich gepanzerte Fahrzeuge, Raketen, Drohnen und Munition tatsächlich die Produktionsraten der vereinigten Nato-Staaten übertreffen.
Munition: Produktion und Preisgefälle
Nehmen wir das Beispiel Standard-Artillerie-Munition. Russland kann hier zurzeit angeblich etwa 1,5 Millionen Stück der dort genutzten 152mm-Granaten herstellen, die USA dagegen nur rund 336.000 des äquivalenten 155mm-Kalibers, zusätzlich soll die gesamte EU-Kapazität 300.000 Granaten pro Jahr betragen.
Interessant ist hier das Preisgefälle: Während die europäische Rüstungsindustrie dem Steuerzahler bis zu 6.000 Dollar abverlangt, können Russlands Staatsbetriebe laut dem US-Fachmagazin Defense One einem Zehntel des Preises produzieren.
Panzer und Drohnen
Bei den Panzern sieht es ähnlich aus: Hier hatte Russland vor dem Ukraine-Krieg eine Kapazität von etwa 35 Einheiten pro Monat, Deutschland kann zurzeit etwa drei Leopard pro Monat produzieren, Großbritannien hat kein Panzerwerk mehr, Frankreich und Italien haben zurzeit keine Möglichkeiten, Panzer zu bauen, hätten aber noch die Werke.
Das hier zitierte polnische Portal Defence24 kommt denn auch zu einem verheerenden Ergebnis für die europäische Panzerfabrikation:
In Anbetracht der kleinen Panzerflotten, der nur auf dem Papier existierenden Reserven und der systematisch reduzierten Industriekapazitäten, die zu einer langsamen (oder jahrzehntelangen) Stilllegung der Produktion führen, ist es wahrscheinlich, dass viele europäische Armeen in einem echten Krieg auf amerikanische Ausrüstung zurückgreifen müssten.
Defence 24
Anders sieht die Lage in den USA aus: Das Portal nimmt hier Produktions-Kapazitäten von etwas über 200 Panzer pro Jahr an.
Auch bei Drohnen kann man die Produktion nur schätzen, hier ist die Datenbasis allerdings deutlich dünner. Militärapparate sind zumeist strukturkonservativ.
Obwohl westliche Militärexperten den Krieg in der Ukraine sehr genau analysieren, wird es einige Zeit dauern, ehe die Lehren in den schwerfälligen Beamtenapparaten umgesetzt werden.