Ukraine produziert neue Radhaubitze

Seite 2: Russland: Munitionsproduktion höher als Produktion aller Nato-Länder

Doch was nutzen Haubitzen, wenn es keine Munition gibt?

Ein neues Strategie-Papier des estländischen Verteidigungsministeriums liefert brisante Zahlen:

Russlands Gesamtproduktion und Wiederaufbereitung von Artilleriemunition wird bis zum Jahr 2023 3,5 Millionen Einheiten im Jahr 2023 erreichen, was eine mehr als dreifache Steigerung gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Im Jahr 2024 werden Produktion und Wiederaufbereitung weiter ansteigen und voraussichtlich bis zu 4,5 Millionen Einheiten erreichen. Diese Menge übersteigt deutlich die Menge an Artilleriemunition, die der Ukraine zur Verfügung steht.

Estländisches Verteidigungsministerium

Das Papier schätzt die jährliche Produktion an 155 Millimeter Geschossen der Nato-Staaten bestenfalls auf leicht über eine Million Granaten. Russland würde demnach eine mindestens dreifache Überlegenheit in der Munitionsproduktion haben – und das im Vergleich mit allen Nato-Staaten zusammen. Zusätzlich hat sich Russland mehrere Millionen Granaten aus Nordkorea und dem Iran gesichert.

Die Webseite Bulgarianmilitary berichtet von einer deutlichen Munitionsknappheit in der Ukraine:

Im Vergleich zur Verteidigung von Bakhmut und dem anschließenden Vorstoß nach Süden verfügen die ukrainischen Streitkräfte derzeit nur über ein Zehntel der Munition. Dem Kommandeur der 47. Brigade der amerikanischen Haubitze M109A6 Paladin zufolge haben ihre Soldaten bei der Verteidigung von Bakhmut im Frühjahr und bei Orekhovo im Sommer täglich zwischen 100 und 150 Granaten verschossen. In Avdiivka können sie jedoch nur 15 verschießen.

Bulgarianmilitary

Der Ausbau der ukrainischen Produktion

Die neue Radhaubitze ist sicherlich eine moderne und wirkmächtige Waffe. Die Ukraine versucht konsequent, mithilfe des Westens eine eigene Rüstungsindustrie aufzubauen. Das scheint ihr auch in Teilen zu gelingen.

Interessant ist hier der Ansatz, die Produktion konsequent aufzusplittern und zu dezentralisieren. So wird eine Bekämpfung der Produktionsstätten durch russische Luftschläge deutlich erschwert.

Die westlichen Unterstützer der Ukraine unter Führung der USA haben die Waffenlieferungen signifikant reduziert, wohl auch, um nicht mehr wertvolle und schwer zu ersetzende Rüstungsgüter fortlaufend an eine unterlegene Kriegs-Partei zu verlieren. Zudem scheinen manche westliche Waffen nicht so leistungsfähig zu sein, wie angenommen.

Die oben zitierten Zahlen des estländischen Verteidigungsministeriums zum Thema Munitionsproduktion lassen aufhorchen. Sie geben Anlass zur Befürchtung, dass die russische Rüstungsindustrie den Westen in Schlüsselbereichen deutlich abgehängt hat.

Was für die Nato und die USA auf dem Spiel steht

Das sind auch schlechte Aussichten für die Nato, wenn man den Ukraine-Krieg als "Stellvertreter-Krieg" begreift, wie dies unlängst auch CDU-Politiker Roderich Kiesewetter tat. Derzeit sieht es so aus, als ob die Nato auf dem Weg ist, ihn nicht nur auf dem Schlachtfeld zu verlieren, sondern auch im Bereich der Rüstungsproduktion.

Das vereinigte Bruttosozialprodukt aller Nato-Staaten übertrifft das von Russland zwar bei Weitem. Aber: Man kann zwar Geld drucken, aber keine Munition.

Durch das Leeren ihrer Arsenale über Lieferungen an die Ukraine hat sich das westliche Verteidigungsbündnis in eine verwundbare Lage hineinmanövriert. Eine immer größer und stärker werdende russische Armee trainiert jeden Tag großskaliert modernste Kriegsführung.

Dieser Armee haben die vereinigten Nato-Armeen nicht mehr das konventionelle Abschreckungspotential entgegenzusetzen, wie dies noch vor dem Ukraine-Krieg der Fall war. Daraus kann sich für die "einzige Weltmacht" USA und den von ihr abhängigen Verbündeten eine gefährliche Position der Schwäche ergeben, die von rivalisierenden Macht-Entitäten ausgenutzt werden kann.

Für die USA steht nichts Geringeres als die globale Vormachtstellung auf dem Spiel. Es ist nicht anzunehmen, dass die USA diese kampflos aufgeben wird. Deshalb ist die Gefahr nach Einschätzung des Autors groß, dass es zu einem weiteren, immer gefährlicherem Engagement der zurzeit militärisch unterlegenen westlichen Bündnis unter Führung der USA kommen kann.