Ukrainer schwer enttäuscht über "Revolution der Würde"

Seite 2: "Revolution der Würde" führte zur großen Enttäuschung

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Wie stark das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung und die staatlichen Institutionen geschwunden ist, dokumentieren die Ergebnisse einer in diesen Tag vom Kiewer Gorschenin-Institut veröffentlichten Umfrage. 69,8 Prozent der Mitte Februar befragten Ukrainer sind der Meinung, dass die Ukraine sich in die falsche Richtung entwickelt. 71,5 Prozent sind der Meinung, dass in der Ukraine "keine realen Reformen" durchgeführt werden.

Nicht nur das Vertrauen in Politiker und Parteien, auch das Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist zwei Jahre nach der sogenannten "Revolution der Würde" stark gesunken. Nach der Umfrage des Gorschenin-Instituts sind nur 8,5 Prozent der Befragten mit der Arbeit des Parlaments zufrieden. Noch niedriger liegt die Zustimmung zur Arbeit der Polizei (8,1 Prozent), der Staatsanwaltschaft (6,4 Prozent) und der Richter (4,7 Prozent). Vertrauen haben die Menschen in der Ukraine - laut der Umfrage - vor allem zu "Freiwilligen" (71,3 Prozent), gesellschaftlichen Organisationen (49,2 Prozent) und der Armee (48,8 Prozent).

Wenn jetzt Präsidentschafts-Wahlen wären, würde Petro Poroschenko nur 17,2 Prozent der Stimmen bekommen. Auch die anderen Kandidaten könnten keine überzeugenden Ergebnisse vorlegen. Julia Timoschenko bekäme 15,9 Prozent, die beiden Rechten Andrej Sadowоi (Bürgermeister von Lviv) und Oleh Ljaschko (Führer der "Radikalen Partei") jeweils 11,8 Prozent und der Leiter des "Oppositionsblockes" Juri Boiko 10,7 Prozent.

Vitali Klitschko, der von der Bild-Zeitung vor zwei Jahren als mutiger Maidan-Kämpfer gefeiert und dann zum Bürgermeister von Kiew gewählt wurde, bekäme, trotz Schulung durch die Konrad-Adenauer Stiftung, nur ein Prozent der Stimmen, Arseni Jazenjuk nur 1,9 Prozent der Stimmen.

Trotz der großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung halten nur 42,3 Prozent der Befragten vorgezogene Neuwahlen für nötig. Das hängt wohl damit zusammen, dass man kein Vertrauen in das Parlament hat. 46,2 Prozent der Befragten halten vorgezogene Wahlen nicht für nötig.

Da das Volk Wahlen nicht fordert, kann sich Präsident Poroschenko Zeit lassen mit der Bildung einer neuen Regierungskoalition. Doch zurzeit ist völlig unklar, mit wem er diese Koalition bilden könnte. Julia Timoschenko klagt, dass ihre Partei nach dem Austritt aus der Regierungskoalition mit "Repressionen" überzogen werde. Nun kann Poroschenko nur noch darauf hoffen, dass die "Radikale Partei" und die Partei "Selbsthilfe" des Bürgermeisters von Lviv in die Regierungskoalition zurückkehren, um die Ukraine in einem Akt von Staatsräson zu stabilisieren.