Ukrainischer Lauschangriff auf niederländische MH17-Ermittler
In den Niederlanden, die mit Australien Russland für den Abschuss verantwortlich machten, ist man darüber nicht erfreut, es werden Risse im Gemeinsamen Ermittlungsteam (JIT) deutlich
Wie RTL Nieuws aus angeblich verlässlichen Quellen erfahren haben will, hat die ukrainische Regierung nach dem Abschuss der MH17 niederländische Diplomaten, Militärs, Geheimdienstmitarbeiter und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft (Openbaar Ministerie) abgehört. Das Ausspionieren eines befreundeten Landes, das noch dazu zusammen mit der Ukraine sowie Australien, Malaysia und Belgien im Gemeinsamen Ermittlungsteam (JIT) nicht nur mitarbeitet, sondern dieses leitet, ist ein Affront. Kiew dürfte sich damit keine Freunde in den Niederlanden gemacht haben, wo auch der Prozess gegen die weiterhin unbekannten oder unbenannten Angeklagten stattfinden wird.
Nach dem Abschuss waren zahlreiche niederländische Beamte in die Ukraine zur Ermittlung und zur Bergung der Leichen und Wrackteile gereist und hatten eng mit dem SBU, dem ukrainischen Geheimdienst, zusammengearbeitet, von dem für die Ermittlung wichtige Informationen wie abgehörte Telefongespräche stammen. Die Niederländer wurden in ihren Hotelzimmern ausspioniert, dazu sollen ihre Computer und Telefone verwanzt worden sein.
Offenbar war die Lauschaktion der Ukrainer so massiv, dass allen Niederländern geraten wurde, vorsichtig zu sein, Informationen nur verschlüsselt zu senden und keine Funknetzwerke zu benutzen. Vertrauliche Gespräche wurden in der Botschaft in Kiew nur in abhörsicheren Zimmern geführt. Man war anscheinend auch deswegen auf die Spionage der SBU gekommen, weil sich Kameras und Mikrofone der Smartphones, Tablets und Notebooks plötzlich anschalteten und sich mit dem WLAN verbanden. Zudem waren Wanzen in den Hotelzimmern und Lauschprogramme auf den Geräten der Heimkehrenden gefunden wurden.
Abgeordnete der Partei Grüne Linke (GroenLinks) fordern Aufklärung über den Lauschangriff. Es sei wichtig, dass dies jetzt bekannt wurde, sagte der Abgeordnete Bram van Oijk. Die Regierung müsse Kiew damit konfrontieren. Sjoerd Sjoerdsma von der Regierungskoalitionspartei D66 findet das auch nicht freundlich, aber man müsse daraus die Erkenntnis ziehen, dass überall Spionage getrieben werde. Chris van Dam von CDA, auch in der Regierungskoalition, will wissen, ob die niederländischen Geheimdienste darauf vorbereitet waren. Regierungschef Rutte sagte lediglich dazu: "Wir sind nicht naiv."
In einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und von einigen Ministerien wird vor allem auf Russland hingewiesen. Hier gebe es seit dem Absturz von MH17 Spannung. Russland sei auch gut darin, Entscheidungsprozesse und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Auch die Ukraine und Malaysia seien erst kurz vor der Bekanntgabe informiert worden. Malaysia und Belgien wollten den Schritt, Russland direkt anzuklagen, allerdings nicht mitgehen.
Allerdings soll Russland ebenso massiv spioniert haben. Nach einer Quelle von RTL Nieuws noch stärker. Daher sollen Australien und die Niederlande, die nach dem letzten Bericht des JIT (MH17: Kaum neue Erkenntnisse) Russland für den Abschuss Ende Mai strafrechtlich verantwortlich machten, die Gespräche über die Entscheidung unter hohen Sicherheitsmaßnahmen getroffen haben, da man wusste, von anderen Parteien, von Russland und der Ukraine, ausspioniert zu werden. Man wusste bereits vor der JIT-Pressekonferenz über das Ergebnis Bescheid, dass das JIT davon ausgeht, dass der Transporter und die Buk-Rakete von der 53. Brigade der russischen Armee stamme. Auch die Bundesregierung schloss sich schnell an (MH17: Bundesregierung macht "russische Militäreinheit" verantwortlich).
Die Ukraine hat nichts gegen die Entscheidung, da die ukrainische Regierung immer Moskau für den Abschuss verantwortlich machte. Aber der niederländische und der australische Regierungschef scheinen davon ausgegangen zu sein, dass es besser sei, Kiew außen vor zu lassen, weil sonst schnell der Verdacht aufkommen könnte, die Ukraine könne dies beeinflusst haben. Gegenüber Malaysia sei die niederländische Regierung hingegen skeptisch, weil Kuala Lumpur gute Beziehungen zu Russland pflege. Und dann ist da noch Belgien, das außen vor blieb. Dort hatte man sich beklagt, so spät informiert worden zu sein. Aber das könnte seinen Grund darin haben, dass Belgien eben nicht direkt Russland verantwortlich machen will.
Das alles zeigt, dass es tiefe Risse im JIT gibt, was auch ein Grund dafür sein könnte, dass die Ermittlungen nicht vorankommen und vielleicht nicht ergebnisoffen geführt werden. Nach RTL Nieuws sei man angeblich davon überzeugt, dass es sich um keinen gezielten Abschuss, sondern um ein Versehen gehandelt habe.