Umweltrat fordert zügige Verkehrswende

Seite 2: Verkehr reduzieren und elektrifizieren

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Darüber, dass es im deutschen Verkehrssektor nicht gelingt, Emissionen zu senken, berichten wir an dieser Stelle seit Jahren. Nun hat sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) mit einem neuen Sondergutachten dem Thema Klimaschutz im Verkehr angenommen.

Nach dem Thema Kohleausstieg ist dies der zweite Bereich, in dem das Beratungsgremium von der Bundesregierung ernsthafte Schritte zum Klimaschutz fordert. Der Verkehrssektor ist für rund ein Fünftel der Emissionen in Deutschland verantwortlich. Sein CO2-Ausstoß befindet sich heute wieder auf dem Niveau von 1990. Bis 2050 sollte der Verkehr in Deutschland treibhausgasneutral werden, fordert der Umweltrat.

Bild: RettungsgasseJETZTde/CC0

SRU-Mitglied Claudia Kemfert stellte dazu in Berlin eine Kaskade von Ansatzpunkten zur Dekarbonisierung dar, angefangen bei der Verringerung der Verkehrsleistung insgesamt über eine Verlagerung des Verkehrs, bis hin zum Einsatz regenerativer Kraftstoffe oder Energiequellen. Um letzteres zu erreichen, empfiehlt der Umweltrat eine Quote für Elektroautos. Bis 2025 sollten mindestens 25 % der neu zugelassenen Fahrzeuge elektrisch betrieben sein. Gleichzeitig müsste der Ausbau der Ladeinfrastruktur stärker gefördert werden. "Die Elektromobilität ist hocheffizient und marktreif. Wir müssen jetzt zügig umsteigen", erklärte Kemfert.

Der SRU favorisiert Elektroantriebe vor anderen nicht-fossilen Antriebsarten, da es weniger Umwandlungsverluste gibt als beispielsweise bei Power-to-X. Flüssige Kraftstoffe, bei deren Produktion oftmals Flächenkonkurrenzen entstünden, sollten vor allem Luft- und Seeverkehr vorbehalten werden. Für den LKW-Fernverkehr könnten Autobahnen mit Oberleitungen ausgestattet werden. Neben der Quote für E-Autos empfiehlt der SRU weitere verkehrspolitische Maßnahmen wie die Abschaffung des Dieselprivilegs noch in dieser Legislaturperiode. Es sollten eine streckenabhängige Maut sowie ein verbindliches Tempolimit von 130 km/h eingeführt werden. Auf EU-Ebene müssten anspruchsvollere Flottengrenzwerte auf EU-Ebene durchgesetzt werden. Um eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Antriebe zu erzielen, sollten die Grenzwerte nicht die CO2-Emissionen, sondern den Endenergieverbrauch abbilden.

Der SRU wiederholt auch seine Kritik am Bundesverkehrswegeplan, der elf von zwölf Umweltzielen verfehlt und sich zu stark an der Nachfrageseite orientiert. Stattdessen sollte der Plan zu einer "integrierten Bundesmobilitätsplanung" weiter entwickelt werden. Die Umweltprobleme des Straßenverkehrs scheinen dabei mindestens so alt zu sein wie der Sachverständigenrat für Umweltfragen selbst. 1972 gegründet legte das Gremium 1973 als erstes das Gutachten "Auto und Umwelt" vor. Die SRU-Vorsitzende Claudia Hornberg erklärt, dass viele der damals benannten Probleme weiterhin bestünden, mit dem wesentlichen Unterschied, dass 1973 15 Millionen PKW zugelassen waren und 2017 45 Millionen.

Bei der geforderten Umstellung auf Elektromobilität will der Umweltrat auch mögliche Umweltfolgen aus der Herstellung batterieelektrischer Fahrzeuge beachtet sehen. Neben den Hauptkomponenten wie Stahl und Kupfer werden in Elektroautos weit mehr Elemente verbaut, darunter Lithium, Kobalt und Seltene Erden. Der Abbau von Rohstoffen gehe mit Emissionen, Flächenverbrauch, Rodungen von Wäldern und Gesundheitsfolgen einher, so Vera Susanne Rotter vom SRU. Umwelt- und Sozialstandards bei der Rohstoffgewinnung müssten beachtet werden, wobei etwa an freiwillige Initiativen und an bilaterale Rohstoffpartnerschaften angeknüpft werden könne. Langfristig müsste eine Kreislaufwirtschaft für Elektroautos und die zugehörige Infrastruktur aufgebaut werden, Produkte sollten einen Kreislaufpass erhalten.