Umweltverbände fordern mehr Klimaschutz und Biodiversität im neuen Bundeswaldgesetz

Wald stirbt im Harz

Der Klimawandel setzt den Wäldern in Deutschland zu. Waldsterben wie im Harz ist die Folge.

(Bild: Sven Lachmann, Pixabay)

Deutschlands Wälder leiden unter dem Klimawandel. Die Biodiversität schwindet, doch der Wald bleibt ein Schlüssel im Klimaschutz. Wie Umweltverbände die Wälder stärken wollen.

Nur ein Fünftel der Bäume in deutschen Wäldern sind gesund, das war das Ergebnis der letzten Waldzustandserhebung für das Jahr 2022. Wälder binden Kohlendioxid aus der Luft und spielen daher eine Rolle bei der Stabilisierung des Klimas. Allerdings können Wälder auch zu einer Quelle von CO₂-Emissionen werden, nämlich dann, wenn sie abbrennen, aber auch, wenn sich abgestorbenes organisches Material langsam zersetzt.

Nicht nur das stehende Holz, auch die Waldböden sind nicht unerheblich für die Speicherung von Kohlenstoff. Humus und Pilze etwa enthalten ebenfalls eine große Menge an Kohlenstoff. Wird Wald komplett zerstört, degradiert allmählich auch der Boden darunter und setzt den Kohlenstoff als Kohlendioxid frei.

Mehr als nur Holz: Biodiversität und Ökosystemleistungen

Laut Kohlenstoffinventur 2017 sind in lebenden Bäumen und Totholz in deutschen Wäldern 1,26 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Streu und Boden bis 30 Zentimeter Tiefe enthielten nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) weitere 850 Millionen Tonnen Kohlenstoff.

Doch der Wald ist nicht einfach auf seine Funktionen als Holzlieferant und Kohlenstoffspeicher zu reduzieren. Er ist Lebensraum tausender Tier- und Pflanzenarten und trägt damit zum Erhalt der Biodiversität bei. Wald speichert Wasser im Boden, schützt Böden vor Erosion, liefert Sauerstoff und filtert Schadstoffe aus der Luft.

Und nicht zuletzt ist Wald nicht gleich Wald und reicht von naturnahen Laub- und Mischwäldern bis zu Kiefern- oder Fichtenmonokulturen, wobei erstere als besser an die Anforderungen des Klimawandels angepasst gelten. Auch andere Ökosystemleistungen können naturnahe Wälder besser erfüllen, insbesondere, wenn es um die Artenvielfalt geht.

Krise im Harz: Wenn Monokulturen versagen

Ein besonders drastisches Beispiel dafür, wie es Fichtenmonokulturen ergehen kann, ist der Harz. Über 90 Prozent des einstigen Fichtenbestands sind im Bereich des Nationalparks Harz mittlerweile abgestorben. Anhaltende Dürre hat die Bäume geschwächt, Stürme und vor allem ein massiver Borkenkäferbefall taten ihr Übriges.

Im Nationalpark Harz setzt man heute auf überwiegend auf Naturverjüngung. Die abgestorbenen Bäume bleiben stehen oder liegen, in ihrem Schutz wachsen die Pflanzen und Keimlinge junger Bäume auf, die sich selbst ausgesät haben. Doch anders als in vielen privaten Wäldern Deutschlands dient der Nationalpark nicht der Erwirtschaftung von Einkommen.

Fast die Hälfte der Waldfläche in Deutschland befindet sich in Privatbesitz, wiederum die Hälfte davon entfallen auf Betriebe mit weniger als 20 Hektar Wald. Wie kann nun diese Vielzahl von Eigentümer zu mehr Klimaschutz oder einem naturnahen Waldumbau gebracht werden und diese Anforderungen zugleich auch finanziell stemmen?

Das sind wohl einige der Fragen, die bei der derzeitigen Ausarbeitung eines neuen Bundeswaldgesetzes durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine erörtert werden dürften. Über die genaueren Inhalte der geplanten Gesetzesnovelle ist noch nichts bekannt und so haben die Naturschutzverbände Deutscher Naturschutzring (DNR), Deutsche Umwelthilfe (DUH), Naturschutzbund (NABU) und WWF Deutschland einen ungewöhnlichen Schritt unternommen und vergangene Woche einen eigenen Entwurf für ein Bundeswaldgesetz vorgelegt.

Forderungen der Umweltverbände: Ein neuer Rahmen für den Waldschutz

"Das aktuelle Bundeswaldgesetz (BWaldG) von 1975 kennt keine Klimakrise und kein Artensterben. Es schafft nicht den notwendigen Rahmen, unsere heimischen Wälder gegen die zunehmenden Extremwetter anzupassen und gegen die steigende Holznachfrage zu wappnen", heißt es in der Presseerklärung der Umweltverbände.

Erhalt und Stärkung des Ökosystems Wald sollte ins Zentrum des Gesetzes rücken und der bisher enthaltene, wenig konkrete Begriff der "guten fachlichen Praxis" durch rechtssichere Formulierungen ersetzt werden.

"Konkret brauchen wir eine Einigung auf gesetzlich verankerte Grundpflichten für alle Waldbesitzenden. Für Wälder in öffentlicher Hand braucht es besonders verantwortungsvolle Standards. In Schutzgebieten muss die Forstwirtschaft sich am Schutzziel orientieren, nicht umgekehrt", umreißt Jörg-Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbundes (NABU) die Wünsche an ein neues Waldgesetz.

Insbesondere sieht der Gesetzesentwurf der Verbände vor, die Prioritäten im Gesetzeszweck neu zu setzen auf den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Zudem sollen "allgemeine Grundsätze zum Schutz, zur Behandlung und Wiederherstellung der Biodiversität im Wald sowie zur Minderung des Klimawandels, sowie grundsatzhafte Bestimmungen zum Schutz des Waldbodens, des Wasserhaushalts, der Flora und der Fauna" festgeschrieben werden.

An die Stelle der "guten fachlichen Praxis" sollen dreistufige Anforderungen für die Waldbewirtschaftung treten. Durch diese Stufen würde auch der Anspruch auf Förderung geregelt. Allgemeine Grundpflichten würden für alle Waldbesitzer gelten. Wälder der öffentlichen Hand seien darüber hinaus besonders vorbildlich zu bewirtschaften. Aber auch Privatbesitzer könnten für eine "besonders gemeinwohlförderliche Bewirtschaftungspraxis" honoriert werden.

Weitere besondere Pflichten sollten für Wälder innerhalb von Schutzgebieten gelten. Dazu gehöre das Leitbild des Dauerwaldes. (Dieses verbietet Kahlschläge, sieht verschiedene Baumarten und verschiedene Baumaltersklassen vor und ist zudem der Gesundheit des Waldbodens verpflichtet.)

Explizit schließen die Verbände aus: "Als besonders schädlich erkannte Praktiken, wie die Entwässerung von Wäldern, die flächige Befahrung oder eine kahlschlagartige Behandlung würden damit im Regelfall durch sanktionsbewährte Regeln beendet."

Ferner sollen Aus- und Weiterbildungsangebote für Waldbesitzende verbessert werden, im Gegenzug müssten diese einen Sachkundenachweis sowie für größere Waldflächen ab 75 Hektar Managementpläne vorlegen.

Gegenwind für die Umweltverbände: Waldbesitzer wehren sich

Die Eigentümerverbände "Familienbetriebe Land und Forst" (FABLF) und die "Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände" (AGDW) lehnen den Vorstoß der Umweltverbände ab. "Diesen Vorschlag eines neuen Bundeswaldgesetzes, der die grundgesetzlich geschützte Eigentümerautonomie und Bewirtschaftungsfreiheit missachtet, weisen die Waldbesitzer auf das Schärfste zurück. Wir sind allerdings zuversichtlich, dass das BMEL diese Vorschläge ebenfalls als schlichtweg ungeeignet bewerten wird", erklärte die AGDW.

Die FABLF kritisierten zudem die Rolle des Bundesumweltministeriums, dass die Veröffentlichung eines finalen Gesetzesentwurfs durch das BMEL seit einem halben Jahr blockieren würde. Zudem würden die von den Verbänden vorgeschlagenen Nutzungseinschränkungen wiederum der Holzbauinitiative der Bundesregierung entgegenstehen.

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