Und du sagst, mit meinem Gefühl stimmt etwas nicht?

Seite 2: Ich rackere mich ab ...

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Die Verquickung von Gewalt mit "dauernder Kritik, die darauf ausgerichtet ist, dass der andere sich gedemütigt fühlt" ist ein weiterer Kritikpunkt, da auf diese Weise der Gewaltbegriff immer stärker ausgedehnt wird. Insgesamt denken 44%, dass dieses Verhalten nicht gesetzwidrig sein sollte, während 39% sagen, es sollte gesetzwidrig sein, und 13% davon ausgehen, dass es bereits gesetzwidrig ist.

Es ist verständlich, dass ein Mensch, der in einer Beziehung ständig klein gehalten wird, leidet - doch ist es problematisch, wenn solche Beziehungsmuster in einer allzu vagen Fragestellung berücksichtigt werden, ohne dass der Einzelfall bekannt ist. Denn erst bei einer Einzelfallbetrachtung kann überhaupt bewertet werden ob es sich hier um auf Demütigung ausgerichtete Kritik handelt oder nicht.

In Loriots Sketch "Das Frühstücksei" wird dargestellt, wie die Bemerkung, dass das Frühstücksei hart sei, sich zu einer Ehekrise ausweitet, bei der die Ehefrau sich ob der Kritik am Ei im allgemeinen herabgesetzt fühlt, nicht zuletzt wegen ihrer bisherigen Aufopferung innerhalb der Ehe.

Bereits am Anfang des Sketches zeigt sich, wie Kommunikation manchmal abläuft. Während er fragt, wie lange das Ei denn gekocht hat, antwortet sie "zu viele Eier sind gar nicht gesund". Es folgt eine Diskussion darüber, wie denn die Minuten, in denen das Ei gekocht wird, gemessen werden - per Gefühl, wie es seitens der Ehefrau heißt, die angibt, dies schon immer so erledigt zu haben. Die Aussage "dann stimmt mit deinem Gefühl vielleicht etwas nicht" ist dann der endgültige Auslöser der Krise. "Ich stehe den ganzen Tag in der Küche, mache die Wäsche … ärgere mich mit den Kindern rum und du sagst, mit meinem Gefühl stimmt etwas nicht!"

Hier zeigt sich, dass zwischen dem, was intendiert ist, und dem, wie etwas empfunden wird, oft große Unterschiede bestehen. Ein Fakt, der sich in Beziehungen allzu oft zeigt. Die Fragestellung jedoch berücksichtigt diesen Aspekt nicht - sie suggeriert, dass klar und deutlich zu sehen ist, wann es sich um eine auf Demütigung gerichtete Kritik handelt. Wenn dem so ist, dann ist sie als Bestandteil einer per se auf Demütigung gerichteten Beziehung bereits sanktionierbar.

Und die Männer?

Die Frage nach der geschlechtsspezifischen Gewalt gegenüber Männern spielt bei der Umfrage nur eine geringfügige Rolle. Während zwar anfangs noch die Frage gestellt wird, wie verbreitet denn die häusliche Gewalt gegenüber Männern sei und ob diese strafbar sein solle, spielen männliche Opfer in den folgenden Fragen weitgehend eine untergeordnete bis keine Rolle. Manche Fragen (z.B. jene in Bezug auf anzügliche Witze auf der Straße) beziehen sich nur auf Frauen als Opfer, obwohl es hier keinen Grund gibt, Männer per se auszuklammern. In Deutschland halten 3% der Befragten häusliche Gewalt gegen Männer für sehr verbreitet, 19% für ziemlich verbreitet, 54% für nicht sehr verbreitet und 15% halten sie für überhaupt nicht verbreitet.

Die Aufbereitung der Umfrageergebnisse ist verbesserungsbedürftig, für die nächsten Umfragen sind präzisere Fragestellungen und die Einbeziehung der Opfer jeglichen Geschlechtes wünschenswert, auch um die Ergebnisse weniger angreifbar zu gestalten.