Ungarn: Energiezusammenarbeit mit Russland

Putin zum Staatsbesuch in Budapest - neues Lieferabkommen mit Gazprom - Rosatom baut zwei Reaktorblöcke

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Gestern besuchte der russische Staatspräsident Vladimir Putin auf Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Budapest, um dort an einem Weltkriegsdenkmal für die Rote Armee einen Kranz niederzulegen und über die Zusammenarbeit im Energiebereich zu verhandeln. Ein neuer Vertrag über die Lieferung von Erdgas, der dabei beschlossen wurde, sieht Orbán zufolge vor, dass Ungarn der Firma Gazprom zukünftig nur noch für die Menge an Gas bezahlen muss, die dort tatsächlich verbraucht wird. Dieser Einzelvertrag stößt vor allem in Polen auf Kritik, wo man möchte, dass neue Energielieferabkommen mit Russland von der EU-Kommission verhandelt werden, wo Warschau mitreden kann.

Bereits am 1. Januar 2015 trat ein im letzten Jahr abgeschlossener Vertrag mit Rosatom in Kraft, der den Bau von zwei neuen 1200-Megawatt-Reaktorblöcken zum Atomkraftwerk Paksch vorsieht, die 2023 in Betrieb gehen sollen. Die zwölf Milliarden Euro, die dieser Bau kostet, werden zu 80 Prozent mit einem russischen Kredit finanziert, der bis 2045 mit 4,5 bis 4,9 Prozent Zinsen zurückgezahlt werden muss.

Bislang deckt Paksch mit vier 500-Megawatt-Reaktoren knapp die Hälfte des ungarischen Strombedarfs. Diese vier Reaktoren sollen bis 2032 abgeschaltet werden. Mit der Kapazitätserhöhung auf 2400 Megawatt hofft man, den aktuell bei knapp 25 Prozent liegenden Stromanteil aus Öl und den bei knapp 20 Prozent liegenden aus Kohle zu verringern. Produziert man Überschüsse, könnten diese möglicherweise in Bayern Abnehmer finden, wo man nacheinander Abschied von Pumpspeichern, Windrädern und zuletzt auch von Stromleitungen aus Nord- und Ostdeutschland nahm. Bereits jetzt fließt ungarischer Atomstrom in österreichische Pumpspeicher und sorgt dort dafür, dass eine Grundlast zur Verfügung steht, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.

Das ungarische Kernkraftwerk Paksch. Foto: Barna Rovács (Rovibroni). Lizenz: CC BY-SA 4.0.

Weil im Paksch nur ein bestehendes Atomkraftwerk modernisiert und erweitert und kein neues gebaut wird, musste der Bau nicht in Brüssel genehmigt werden. Hätte solch eine Genehmigungspflicht bestanden, wären Schwierigkeiten zu erwarten gewesen: Nicht nur deshalb, weil es eine einflussreiche französische Atomkraftkonkurrenz gibt, sondern auch, weil das Verhältnis Brüssel-Moskau schlechter ist als das Verhältnis einzelner EU-Mitgliedsstaaten zu Russland.

Dass die geplante Gaspipeline durch das Schwarze Meer nicht wie geplant in Bulgarien anlandet, ist vor allem Druck aus Brüssel zu verdanken, dem die Regierung in Sofia nicht standhielt. Der ungarische Ministerpräsident gibt sich gegenüber der EU etwas selbstbewusster, auch wenn er bislang allen Sanktionen gegen die Russische Föderation zustimmte. Allerdings kritisierte er ebenso wie Regierungspolitiker aus den anderen K.u.K-Nachfolgestaaten Österreich, Tschechien und der Slowakei, dass solche künstlich errichteten Handelsbarrieren vor allem den EU-Ländern selbst schaden würden.

In Sachen Ukraine gab sich der Realpolitiker in der Vergangenheit vor allem als Schutzherr der gut 200.000 Magyaren, die in zwei Rayons, die an Ungarn grenzen, die Bevölkerungsmehrheit stellen. 2014 forderte er für diese Rayons zwar keinen Anschluss an Ungarn, aber Autonomierechte.

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