Union will neuen patriotischen Gedenktag
Tag des Grundgesetzes soll aufgewertet werden, mehr Flagge gezeigt und Nationalhymne öfter gesungen. Initiator des Antrags ist Philipp Amthor. Wie glaubwürdig ist er noch?
Der verbindende Patriotismus in Deutschland braucht nach Ansicht der Unionsfraktion im Bundestag eine Stärkung. Die Vorschläge für die Verbesserung des nationalen Kitts lauten: ein neuer bundesweiter Gedenktag, mehr sichtbare Bundesflaggen, mehr öffentliche Gelöbnisse und Appelle der Bundeswehr und mehr Gesang: Die Nationalhymne soll öfter gesungen werden. Und der Kanzler oder die Kanzlerin soll eine weitere "Rede zur Lage der Nation" halten.
Zu lesen war vom Projekt "Verfassung und Patriotismus" am vergangenen Freitag im Hamburger Nachrichtenmagazin. In der Meldung hieß es, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in dieser Woche im Parlament einen Antrag einbringen möchte, um den Tag des Grundgesetzes, am 23. Mai, aufzuwerten.
Er soll, wie es der Spiegel wohl aus der Fraktion erfahren hat, ab 2024 anderen nationalen Gedenktagen gleichgestellt werden. Im Unterschied zum Feiertag bedeute ein Gedenktag aber nicht schul- oder arbeitsfrei, klärt n-tv auf.
Vielleicht wäre das aber die Zugnummer, die der Antrag nötig hat. Auf der Webseite der CDU/CSU-Bundestagsfraktionen ist bislang noch nichts vom geplanten Antrag zu lesen, sonderlich hochgehängt und beflaggt wird er demnach noch(?) nicht. Ganz oben steht die Forderung nach Entlassung Graichens wegen Filz.
Es ist eine dumme Koinzidenz, dass auch der Initiator des Antrags, der "Verfassung und Patriotismus als verbindendes Band stärken" will, der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor gegenwärtig mit Filz-Vorwürfen konfrontiert ist, was dem wohltönenden Antrag nicht unbedingt Flügel verleiht.
Amthor im Krisenmodus
Amthor steht gerade wieder mit der Luftnummer Augustus Intelligence in den Schlagzeilen. Dort war der junge Shooting-Star der CDU von Mai 2019 und bis Juni 2020 im Aufsichtsrat.
Ende April hat der Treuhänder des Firmenvermögens, Brian Ryniker, Klage an einem US-Konkursgericht eingereicht, verbunden mit einer Geldforderung in Höhe von 30 Millionen US-Dollar, adressiert an ehemals Verantwortliche des Unternehmens, darunter Philipp Amthor.
Es war nicht einfach ein Geschäft, "sondern vor allem - ein großer Betrug", berichtet die SZ vom Verdacht, den der Treuhänder hegt. Ihren Recherchen nach, die sie gemeinsam mit NDR und WDR unternommen hat, sieht Ryniker Hinweise, dass es sich bei Augustus Intelligence "von Anfang an um eine Betrugsmasche gehandelt hat".
Der Kläger werfe Amthor und anderen Direktoren vor, dass sie Kenntnis über Missstände und falsche Versprechungen bei Augustus gehabt hätten, sie aber dennoch "keine effektiven internen Kontrollen aufgebaut" hätten und "ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen" sein sollen. Zu Amthor wird von der Zeitung hinzugefügt, dass er 2020 aufgrund seiner Tätigkeit für Augustus ins Zentrum einer Lobbyismusaffäre geraten ist.
Laut Enthüllungen des Spiegel werde dem CDU-Abgeordneten vorgeworfen, dass er sich beim damaligen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für die Firma eingesetzt haben soll. Allerdings notiert der SZ-Bericht aber auch, dass die Staatsanwaltschaft Berlin damals "keinen Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten" sah.
Im Artikel heißt es weiter, der Leiter von Amthors Bundestagsbüro habe auf Anfrage mitgeteilt, dass sich Amthor "aufgrund des laufenden Verfahrens nicht umfassend inhaltlich äußern" werde. Zitiert wird eine Aussage seines Büros: "Herr Amthor ist immer davon ausgegangen, dass Investitionszusagen Rechtsgültigkeit besaßen."
Die Betrugsvorwürfe lösten am vergangenen Wochenende ein großes Medienecho aus. Gut möglich, dass mit dieser Resonanz der Amthor-Sound zum verbindenden Patriotismus nicht auf allseits bereitwillig geöffnete Ohren trifft.
Unsere nationalen Symbole stehen nicht für Diskriminierung oder für überhöhten Nationalismus, sondern haben ein starkes Potenzial für einen verbindenden Patriotismus, den wir aus der Mitte der Gesellschaft nicht den Gegnern unseres Staates überlassen dürfen.
Philipp Amthor, CDU
2021 warb Amthor auf Instagram mit einem Grundgesetz-Kommentar für den 23. Mai und traf damit auf Entrüstung, weil einer der großgeschriebenen Namen des Kommentars, Theodor Maunz, als Jurist den Nationalsozialismus unterstützte.
"Für Amthor ist es indes misslich, erneut Negativschlagzeilen zu machen", schrieb die konservative NZZ vor knapp zwei Jahren.