Untersuchungsausschuss will Snowden in Moskau treffen
Grüner von Notz kritisiert Vorhaben als "Kaffeetermin"
Der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre hat gestern Abend beschlossen, seinen mit großen Abstand wichtigsten Zeugen nicht nach Berlin einzuladen, sondern in Moskau zu treffen. Dafür stimmten die Ausschussmitglieder von Union und SPD, die fürchten, dass eine Einladung in das Bundesgebiet von den USA als Affront gewertet werden und Nachteile nach sich ziehen könnte.
Grüne und Linke würden Snowden lieber in Deutschland anhören. Das Grünen-Ausschussmitglied Konstantin von Notz kritisierte das von der Ausschussmehrheit beschlossene "informelle Treffen" deshalb als "Kaffeetermin", den die seiner Ansicht nach einschlägige Strafprozessordnung in solchen Fällen nicht vorsehe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel machte zur gleichen Zeit auf bemerkenswert trockene Weise deutlich, dass sie der NSA-Affäre nicht sehr viel Bedeutung beimisst: Vor der Kamera gefragt, ob sie beim G7-Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama über die Angelegenheit gesprochen habe, antwortete sie mit einem kurzen: "Nein" und begründete dies auf Nachfrage damit, dass es sehr viel wichtigere Themen gab.
Dass Generalbundesanwalts Harald Range wegen des abgehörten Merkel-Mobiltelefons ein Ermittlungsverfahren einleiten will, stieß bei US-Diplomaten auf Unverständnis: Die State-Department-Sprecherin Marie Harf meinte, sie halte es für angemessen, dass man solche Probleme nicht in Strafverfahren, sondern auf den diplomatischen Kanälen behandelt. Der ehemalige Botschafter John Kornblum sprach im Deutschlandfunk sogar von einer "Beleidigung" und fragte, was Runge überhaupt wolle und ob er vorhabe, Obama und Snowden gemeinsam zum Verhör zu laden.
Philipp Mißfelder, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußerte Verständnis über die amerikanische Empörung, weil sich die USA seiner Wahrnehmung nach "vorgeführt fühlen, während andere Länder, die ebenfalls abhören, gar nicht erwähnt werden". Auf wen er mit seiner Kritik an den "unterschiedlichen Maßstäbe für Großmächte" konkret anspielte, ließ der ehemalige Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit offen. In Frage kommt unter anderem Großbritannien, dessen Geheimdienst GCHQ ebenso wie die NSA im Zentrum der Snowden-Enthüllungen steht.
Der CDU-Außenexperte Andreas Schockenhoff wies die Äußerungen Kornblums dagegen mit dem Hinweis darauf zurück, dass Deutschland ein Rechtsstaat mit Gewaltenteilung sei. Er halte es deshalb "nicht für gut, wenn die Legislative oder Exekutive Haltungsnoten für die Justiz verteilt". Ähnlich äußerte sich sein SPD-Kollege Rolf Mützenich, der meinte, strafrechtliche Ermittlungen seien "keine Fragen von Gefühlen oder Sympathien, sondern orientierten sich allein an Recht und Gesetz".
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