VW-Design zwo - die Gegenwart
Seite 2: Das neue Flaggschiff
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Die Amerikaner — d.h., die amerikanische Dependance von VW — hatte erkannt, dass jede Marke ein Flaggschiff benötigt. Man konnte nicht einfach den Käfer absägen. Rolls Royce mochte Flugzeugmotoren bauen, sein Autosortiment mochte an der Pleite entlangtorkeln, aber nie könnte Rolls Royce aufhören, Luxusautos für arabische Scheichs zu basteln. VW brauchte einen Käfer, und deshalb musste der alte Käfer in Amerika als New Beetle wiederauferstehen.
Was man natürlich übersah, bei der Sache, war, dass die Zeiten vorbei waren, als Harvey Earl noch seine Karosserien aus Ton formte, wie ein Bildhauer, und dann Millimeter um Millimeter mit einem Küchenmesser runterschabte, bis er die ideale Form gefunden hatte. Einfach den alten Beetle aus Mexiko wiederaufleben lassen, ging natürlich auch nicht. (Wobei man nochmal auf das Feingefühl der Teutonen aus Wolfsburg hinweisen muss, die den letzten mexikanischen Käfer nicht etwa in einem schönen Glassarg in Mexico City unterstellten — nein, sie ließen ihn unter den Klängen einer Mariachi-Band aus der Firma geleiten — und nach Burgo de Lupo, Alemania, überführen.)
Also die Amerikaner mussten einfach ihren eigenen New Beetle designen. Ich möchte gar nicht einmal raten, bei welcher Firma sie dafür den Grafik-Computer bestellt haben mögen. Nur so viel ist klar. Die Japaner konnten es besser.
Die Firma Nissan brachte 1987 ein Sechziger-Jahre-Nostalgie Autochen heraus, den Pao, der quasi ein paar Riffs aus VW, Citroen und anderen Klassikern von früher anklingen ließ, aber darunter solide die moderne Technik von 1987 einspielte. "Sieht ein bisschen aus wie ein Mini von Citroen mit VW Anklängen - liab", meinte jemand, dem ich ein paar Fotos schickte.
Den Pao gab es bei Nissan gerade mal ein paar Monate lang. Eine Serie von etwas über 50.000 Stück. Seit 30 Jahren wird er nicht mehr gebaut. Der moderne kleine Oldie ist bis heute heißbegehrt. "Wenn man 40 Millionen Stück davon bauen würde und an jeden Menschen, der einen haben will, einen umsonst verteilen würde, hätte man den ewigen Frieden auf Erden," meinte ein anderer Kommentator, der den Pao dito überhaupt nur auf ein paar Fotos zu sehen bekam.
Wie um VW den Schneid abzukaufen, machte sich dann auch die Firma Chrysler an die Arbeit und präsentierte ihrerseits kurz vor der Jahrtausendwende den noch besseren New Beetle, unter dem Namen P.T. Cruiser — ein reizendes Nostalgie-Auto, das auch prompt als spannendste Design-Neuigkeit seines Jahrgangs bejubelt wurde. Der New Beetle von VW wurde erstmal für seine neckische kleine Blumenvase gelobt, die angeblich auch so im ersten echten VW zu sehen war. Bei Oldie-Shows wurde dann ein solches Väschen nachträglich hineingeschraubt (siehe Foto.)
In Amerika wurde die Vase wieder abgeschafft, angeblich, weil sie "zu unmännlich" war. D.h., weil sie männliche Käufer vom Kauf abhielt. Das nächste Problem war, dass der New Beetle zu klein war, denn die Amerikaner waren zwischenzeitlich alle sehr viel größer (=umfangreicher) geworden, so dass nach einiger Zeit der Riesen-Beetle auf dem Markt erschien. Der eigentlich die Kakerlake heißen müsste. Auf alle Fälle ist klar, welcher mexikanische Hit bei der Grablegung dieses Models gespielt werden wird.