VW-Design zwo - die Gegenwart

Seite 3: VW in der Edsel-Phase

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Wer sich heute irgendwo auf der Welt eine riesige Werbewand für den "Tiguan" betrachtet (der Tiguan ist ein Auto der VW-Modell-Palette, falls Sie's nicht wussten), der mag sich fragen, ob dieser Name eine Mischung aus "Tiger" und "Jaguar" bedeuten könnte. Oder, man könnte sich fragen, wer wohl auf die Idee gekommen ist, den Jaguar hinten mit einem "N" abzurunden? Oder ähnliches mehr. Aber haben Sie sich vielleicht fünf Sekunden lang mit dem eigentlichen Auto beschäftig? Es mal angesehen?

Das Interesse an VW ist fast urplötzlich erloschen, man kann sagen, die Firma steckt in einer tiefen Edsel-Phase. Edsel, Auto-Historiker werden es wissen, war der größte kreative Kollaps der Ford-Automobilfirma in Amerika.

Es war auch dort der Einbruch der Kunst in die Technik, nur dass die Kunst sich hier an Edvard Munchs Der Schrei orientierte.

Es geht Volkswagen heute ein wenig wie dem Komiker Bill Cosby, der immer noch ein brillanter Entertainer ist und immer noch auftritt. Aber bei fast allen seiner Shows gibt es die Zwischenrufer, die ihn fragen, wie er sich als 38-facher Vergewaltiger eigentlich immer noch so schamlos auf einer Comedy-Bühne tummeln kann?

Das Dieselgate hat dem beliebtesten amerikanischen Auto-Konzern buchstäblich das Genick gebrochen. Und dabei kann Volkswagen bisher noch von Glück sagen, dass es den deutschen und anderen europäischen Behörden offenbar egal ist, ob VW-Dieselfahrzeuge den konzentrierten Feinstaub in die Lungen ihrer Bevölkerungen pressen. Ab 2018 müssen sich Dieselfahrer im grünen Stuttgart immerhin auf Fahrverbote in der Innenstadt einstellen. Die Feinstaubbelastung überschreitet seit vielen Jahren in gut 90 deutschen Städten häufig die Grenzwerte. Deutschland ist deswegen bereits von der EU verklagt worden. Und Stuttgart ist von der Lungenbelastung besonders betroffen, weil in einem Talkessel gelegen. Aber, anders als in Amerika, wird es in Deutschland für VW keine Milliardenklagen geben.

Und ähnlich wie beim Vatikan — wo die 750-Millionen-Dollar-Strafe für amerikanische Kinderschändung aus deutscher Kirchensteuer lukriert werden musste — wird nun auch die amerikanische Milliardenstrafe des Dieselgate aus den gutmütigen deutschen Käufern abgesogen werden müssen, denen Volkswagen in einer jüngsten Werbung drei anonyme Autos (sorry, es sind Touran, Sharan und Passat Variant) um 3000 Euro verbilligt anbietet, mit dem Spruch:

Neu ist, was Ihr Leben besser macht.

Jeder mag Neu. Neu kann das nächste große Ding sein. Neu kann begeistern und eine Überraschung sein. Ein Neu, das besser und schlauer ist, über das man sich wundert, wie man nur so lange ohne es leben konnte. Ein Neu, mit dem man sich sicher fühlt. Erleichtert. Frei. Lebendig. Wichtig. Sogar cool. Neu ist, was Ihr Leben besser macht.

Tja. VW-Werbung ist eben auch nicht mehr das, was sie mal war. Jetzt ist sie selber schon eine Art "Lemon" geworden.

Fortsetzung folgt