VW investiert Milliarden: Kooperation mit US-Startup Rivian soll Digitalisierung fördern

VW-Logo auf dem Dach eines Fabrikgebäudes

(Bild: nitpicker / Shutterstock.com )

Volkswagen will den Anschluss bei digitalen Autos nicht verpassen. Eine Milliarden- Kooperation mit dem US-Startup Rivian soll helfen. Doch ist der Deal ein Risiko?

Volkswagen holt sich im Wettlauf um die Digitalisierung des Autos Hilfe von außen. Der Wolfsburger Konzern investiert bis zu 5,8 Milliarden US-Dollar in eine Partnerschaft mit dem US-Start-up Rivian. Gemeinsam wollen sie ein Joint Venture gründen, das Volkswagen Zugang zur digitalen Plattform von Rivian verschafft.

Mit der Kooperation wollen beide Unternehmen ihre zentrale Schwäche überwinden. Volkswagen hat den Trend zum Elektroauto weitgehend verschlafen und liegt technologisch hinter Tesla und chinesischen Konkurrenten zurück. Mit der Technologie von Rivian soll der Rückstand aufgeholt werden.

Rivian wiederum ist ein innovatives Start-up. Das Unternehmen habe aber weder die Größe noch die finanziellen Mittel, um mit den etablierten Playern zu konkurrieren, heißt es im Wall Street Journal (WSJ). Mit der Finanzkraft von Volkswagen im Rücken will Rivian nun seine Marktposition verbessern.

Zentralcomputer und Software von Rivian als Schlüssel

Im Kern geht es um einen leistungsfähigen Zentralrechner und eine innovative Software-Architektur, die Rivian mit Milliardenaufwand für seine eigenen Elektroautos entwickelt hat. VW-Modelle sollen diese Technik künftig übernehmen, um digitale Funktionen einfacher und schneller als bisher integrieren zu können.

Das System von Rivian benötigt deutlich weniger Steuergeräte und lässt sich einfacher aktualisieren als die bisherige Generation von VW-Bordcomputern. "Es ist wirklich großartig, dass man so etwas in so kurzer Zeit in ein Auto einbauen kann", schwärmte VW-Entwicklungschef Michael Steiner nach ersten Tests mit einem umgerüsteten VW-Modell laut WSJ.

Ab 2027 will VW die ersten Autos mit der neuen Rivian-Technologie auf den Markt bringen, zunächst für die Kernmarke VW, später auch für Audi, Porsche und andere Konzernmarken. Insgesamt könnten bis zu 5,7 Millionen Fahrzeuge pro Jahr die digitale Plattform nutzen.

Softwareprobleme bei VW verzögern neue Modelle

Hintergrund sind massive Verzögerungen und Kostensteigerungen bei der VW-eigenen Softwaretochter Cariad. Mit externen Kooperationen versucht Volkswagen, die Abhängigkeit von Cariad zu verringern.

Probleme dort haben bereits den Start mehrerer wichtiger Modelle zum Teil um Jahre verschoben. Seit der Ausgliederung 2021 hat Cariad rund 7,8 Milliarden Euro verschlungen. Allein im letzten Quartal sollen es laut WSJ rund 900 Millionen Euro gewesen sein.

Ein Weckruf für den Konzern war dem Bericht zufolge die Automesse in Shanghai im April 2023. Dort zeigte sich, dass chinesische Hersteller VW bei digitalen Funktionen wie automatisiertem Fahren oder Sprachsteuerung voraus sind. Der neue VW-Chef Oliver Blume leitete die Wende ein und suchte nach externen Partnern. So kam es zur Kooperation mit dem chinesischen Start-up Xpeng.

Geldspritze für Rivian, Zugang zu Spitzentechnologie für VW

Rivian wiederum kann das frische Geld aus Wolfsburg gut gebrauchen. Das 2009 gegründete Unternehmen schreibt noch immer rote Zahlen und kämpft mit einer schwachen Nachfrage. Die VW-Milliarden sichern das Überleben und die Weiterentwicklung.

Im Gegenzug erhält VW Zugang zu Spitzentechnologie, in die Rivian nach eigenen Angaben hohe Summen investiert hat. "Früher hatten wir so etwas wie den Anspruch, dass etwas, das nicht hier im VW-Ökosystem erfunden wurde, nicht gut genug sein kann. Das ist jetzt vorbei", räumt VW-Entwicklungschef Steiner ein.

Skepsis in der Belegschaft – Konzernumbau belastet VW

In der VW-Belegschaft gibt es aber auch skeptische Stimmen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo fragte auf einer Betriebsversammlung im September: "Können wir sicher sein, dass das nicht das nächste Milliardengrab ist?"

VW steckt mitten in einem schmerzhaften Umbau, kämpft mit Absatzschwäche, harter Konkurrenz aus China und immensen Kosten für den Umbau zur E-Mobilität. Werksschließungen drohen. Da kommt der Milliardendeal mit einem noch unerfahrenen US-Start-up zur Unzeit, fürchten Kritiker.

VW-Chef Blume beschwichtigt und sieht Rivian als "perfekte Ergänzung". Man werde weiter auf die eigenen Stärken setzen. Cariad werde eine zentrale Rolle im Konzern behalten, etwa beim autonomen Fahren.