Vendetta zwischen Tsipras und Schäuble?

Seite 2: Was bekommen die Rentner wirklich?

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Tatsächlich stecken hinter Tsipras vollmundigen Ankündigungen eben nicht die Gaben, deren Herausgabe er vor allem aus Berlin beschuldigt wird. Die einmalige Rentensonderzahlung, als die sie auch im Parlament verabschiedet wurde, heißt nur in Tsipras' Sonntagsreden "dreizehnte Monatsrente". Tsipras hatte den Rentnern Gelder von mindestens 300 bis 650 Euro versprochen. Per Saldo fanden die Rentner, die zu in Schlangen zu hunderten vor Bankautomaten am 22. Dezember seit sechs Uhr morgens auf die Auszahlung der dringend benötigten Almosen warteten, nämlich kaum mehr als hundert bis dreihundertfünfzig Euro extra.

Den Betrag erhielten auch nur diejenigen, deren monatliche Bruttorente unter 850 Euro lag. Alle anderen fanden erheblich verminderte Geldbeträge auf ihren Konten. Mit der Zahlung der Renten des Dezembers einher ging nämlich die eigentlich für 2017 angekündigte weitere Kürzung und Belastung der Ruhegelder mit Abgaben. So hatte eine achtzigjährige Rentnerin, deren normale Rente einschließlich der Ausgleichszahlung EKAS bis November bei 650 Euro pro Monat lag, am Donnerstag knapp 750 Euro auf dem Konto. Die nächste Rente im Januar wird etwas über 450 Euro liegen. Eine andere Siebenundachtzigjährige fand 850 Euro auf ihrem Konto. Ihre Altersrente brachte ihr bislang Netto 515 Euro, wodurch sie im Vergleich zur anderen eine höhere Sondergabe von 450 statt 300 Euro erhielt. Im Januar bekommt sie dann 400 Euro. Hinsichtlich der Rentenausgleichszahlung EKAS wurde von der Regierung mit dem Jahresbudget für 2017 eine weitere, von den Kreditgebern verursachte Kürzung festgeschrieben. Dies geht aus dem Staatsanzeiger vom 20. Dezember 2016 hervor.

Die anhand der Lebenshaltungskosten statistisch ermittelte Armutsgrenze liegt bei 665 Euro pro Monat. Es gibt für die betroffenen Rentner mit niedrigeren Einkommen keine weitere Sozialleistung des Staats, abgesehen von einer Ermäßigung der Zuzahlung für Medikamente. Jedoch ist auch diese an eine Obergrenze gebunden. Ein bettlägeriger Patient mit Dekubitus erhält pro Monat maximal spezielles Verbandsmaterial für 450 Euro, was im Prinzip für die Versorgung einer Wunde ausreicht. Bei weiteren Wunden muss er selbst den vollen Betrag zahlen. Dazu kommt eine jährliche Beihilfe von knapp 100 Euro für eine Luftmatratze, welche das Wundliegen vermindern soll.

Bei dem Mehrwertsteuergeschenk für die griechischen Grenzinseln schaut der tatsächliche Gewinn für die Regionen ebenfalls eher gering aus. Die Inseln, auf denen sich Hotspots mit Flüchtlingen befinden, klagen über einen Buchungsrückgang der Tourismuszahlen von bis zu 90 Prozent. Dementsprechend angespannt ist die soziale Lage. Es ist bezeichnend, dass Tsipras trotz der Gaben im gesamten Land bei öffentlichen Auftritten wie am 20. Dezember in Moires auf Kreta auf wütende Mengen von Bürgern stößt, welche ihn und seine Regierung wegen der kollektiven Verarmung zum Teufel wünschen.

Zahlreiche Streiks sind bereits angekündigt. Die Bauern werden am dem 23. Januar wieder Griechenlands Fernstraßen mit ihren Traktoren blockieren. Sie sehen sich nicht in der Lage, mit höheren Sozialabgaben bei niedrigeren Renten und gleichzeitig einer höheren Einkommenssteuer sowie der Erhöhung der Energiesteuern für Traktorendiesel konkurrenzfähig zu den internationalen Markpreisen für Agrargüter zu arbeiten.

Bild: W. Astestopoulos

Warum die Eile vor Jahresende?

Durch die Sparprogramme wurden den Griechen immer mehr und immer höhere Steuern auferlegt. Wie hoch die fiskalische Belastung der Griechen mittlerweile ist, wird deutlich daran, dass bis zum Jahresende noch knapp vier Milliarden Euro an direkten, den Dezember betreffenden Steuern zu zahlen sind.

Dazu erwartet die Griechen mit Jahresbeginn 2017 ein weiterer fiskalischer Schock bei den Verbrauchssteuern. Für Festnetz und Internet werden Sondersteuern eingeführt. Auf fünf Prozent Abgabe wird dann auch noch zusätzlich die Mehrwertsteuer von 24 Prozent erhoben, so dass die Griechen effektiv 6,2 Prozent Internetsteuer zahlen müssen. Pro Kilogramm gemahlenen Kaffee müssen drei Euro Sondersteuer abgeführt werden, für Instantkaffee sind vier Euro pro Kilogramm fällig. Jeder Liter Benzin wird mit zusätzlichen drei Cent besteuert. Die Tabaksteuer steigt erneut, so dass künftig mehr als neunzig Prozent der Einnahmen aus dem Tabakverkauf Verbrauchssteuern sind. Auf die Nachfüllflüssigkeiten von elektronischen Zigaretten wird erstmalig eine Tabaksteuer erhoben. Außer den Verbrauchssteuern müssen sich die Griechen nun auch mit einer Art Zwangsabgabe für Banken abfinden. Denn für den Steuerfreibetrag von 5000 Euro auf die Einkommenssteuer müssen sie entsprechende Einkäufe nachweisen. Die soll nur noch bei Einkäufen im Supermarkt oder Kiosk per Kreditkarte möglich sein. Allerdings erheben die Banken für solche Geschäfte bei jeder Transaktion Gebühren, welche dann den Kaufpreis belasten.