Venezuela vor dem Kollaps?

Seite 2: Aussichtslose Lage: Sinkende Ölförderung und ausbleibende Reformen treffen auf einbrechenden Ölpreis

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Tatsächlich hat Venezuela - ungewollt - ganz eigenständig die Ölförderung verringert, womit aber die Abhängigkeit von einem hohen Preis immer stärker wurde. Auch nach Angaben der sozialistischen Regierung förderte das Land zwischen 2009 und 2010 noch etwa 3,1 Millionen Barrel pro Tag. Das war aber in etwa der Stand von 1997 und 1998, wie aus den OPEC-Jahresberichten zu erfahren ist. Andere Quellen gehen davon aus, dass die Förderung 2010 längst auf etwa 2.3 Millionen geschrumpft war, wie auch die OPEC in neueren Jahresberichten zu ihrem Mitglied feststellt. Aus ihnen wird auch klar, dass die Produktion zunächst eine weiter schrumpfende Tendenz aufwies.

Raffinerie Amuay. Bild: Luisovalles/CC-BY-3.0

Schon 2010 wurde in den Stellungnahmen der Regierung von einer massiven Ausweitung der Produktion gesprochen. Die Produktion sollte 2015 auf fünf Millionen und bis 2020 sogar auf 6,5 Millionen Fässer gesteigert werden. Zu sehen war davon nichts. Wie der letzte Jahresbericht der OPEC zeigt, ist die Förderung immer weiter gesunken und hält sich erst in den letzten Jahren stabil auf dem niedrigen Niveau von 2,3 Millionen Barrel täglich

Da es dem Land nicht gelungen ist, seine Wirtschaft auch nur annähernd zu diversifizieren, kann jeder sich den bedenklichen Vorgang leicht vorstellen, wenn die Ölproduktion um etwa fast eine Million Barrel um fast 30% einbricht. Das konnte eine lange Zeit durch immer weiter steigende Ölpreise einigermaßen kompensiert werden. So stieg er ab 1999 in Richtung 40 Dollar, fiel dann 2002 wieder unter die Marke von 20 Dollar, um dann zu einem rasanten Höhenflug anzusetzen und bis 2008 sogar auf fast 150 Dollar zu klettern.

Das Problem für Venezuela - aber nicht nur für das südamerikanische Land - war, dass die Ölpreise mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu purzeln begannen. Es muss Panikattacken bei den Verantwortlichen in Caracas gegeben haben, als der Preis Ende 2008 sogar wieder unter die Marke von 40 Dollar fiel. Doch die gingen wohl schnell vorüber, da der Preis sehr bald wieder anstieg. Das enorme Wachstum in China und anderen Schwellenländern sorgten weiter für eine weiter hohe Nachfrage. Mitte 2009 lag der Ölpreis wieder über der Marke von 60 Dollar. Und für Caracas lag er wieder voll im grünen Bereich, als er ab 2011 bis Mitte 2014 über der Marke von 100 Dollar lag.

Allerdings wurden die ökonomischen Probleme im Land trotz des hohen Ölpreises immer deutlicher. Sie wurden seit dem Absturz des Ölpreises auf das derzeitige Niveau von gut 30 Dollar nur extrem schnell zugespitzt. Man kann mit dem Taschenrechner nachvollziehen, was ein Ölpreis von gut 30 Dollar für ein Land bedeutet, dessen Produktion zudem um etwa 30% eingebrochen ist. Damit wird klar, warum auch die Regierung zugibt, dass die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal 2015 gegenüber dem Vorjahresquartal um sogar 7% abgestürzt ist. Denn die Bedeutung des Öls für die Wirtschaft ist in nicht gesunken. Erdöl hat einen Anteil an den Gesamtexporten des Landes, der deutlich über 90% liegt. Nur Libyen und der Irak hängen noch stärker am Ölhahn.