Vermögenssteuer und Negativzinsen-Verbot: Scholz im Gegenwind
Wie sozialdemokratisch darf's denn sein? Wirtschaftsvertreter warnen vor den jüngsten SPD-Vorschlägen
Es ist für die SPD nicht einfach, der wirtschaftlichen Ungleichheit mit Mitteln zu entgegnen, die bei den früheren Stammwählern, die man zurückholen will, Punkte einbringen könnten. Das zeigt sich an zwei Vorschlägen, die den SPD-Finanzminister Olaf Scholz derzeit in die Schlagzeilen bringen. Heute heißt es, dass sich der Kandidat für den Parteivorsitz hinter die Pläne stellt, die Vermögensteuer wiedereinzuführen.
Er habe die SPD-Arbeitsgruppe, die sich mit den Plänen befasste, eng begleitet und unterstütze das Ergebnis, "sich am Schweizer Vorbild zu orientieren", wird er zitiert. Der Gegenwind zum Vermögensteuer-Vorschlag, den der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel vergangene Woche publik machte, hatte sofort eingesetzt.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak tat sie als Neuauflage einer "billigen Neiddebatte" ab. Vom anderen Koalitionspartner, der CSU, kam der Vorwurf, dass damit der "Wirtschaftsstandort Deutschland ruiniert" werde, da auch Unternehmen mehr belastet würden.
Der Vorschlag bedeute das Ende der Koalition, wurde kommentiert, und schließlich sprachen sich Wirtschaftsvertreter scharf gegen die Vermögenssteuer aus.
Herr Schäfer-Gümbel will jetzt diejenigen, die gerade in den vergangenen Jahren überproportional von der wirtschaftlichen Lage profitiert hätten, extra abkassieren. Er übersieht dabei absichtsvoll, dass exakt diese Gruppe es war, die den maßgeblichen Beitrag dazu leistete, dass die Steuer- und Sozialkassen überbordend gefüllt sind (..) Ich kann die SPD nur warnen, sie droht mit Politikansätzen wie diesen endgültig ihre Anschlussfähigkeit an zentrale Teile der deutschen Wirtschaft zu verlieren.
Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands "Die Familienunternehmer"
Die Selbsteinschätzung und die Haltung des Unternehmerverbandes lässt sich auch ganz kurz zusammenfassen: Ein Lösungsansatz, wie man Vermögen besteuere, ohne die Wirtschaft zu beschädigen, sei nicht in Sicht, so Eben-Worlée.
"Keine gute Idee, wenn Banken Strafzinsen erheben"
Tage zuvor hatte Scholz Kritik an Negativzinsen geübt: "Ich finde es keine gute Idee, wenn Banken Strafzinsen erheben für Guthaben auf Girokonten oder Tagesgeldkonten. Am besten wäre es, wenn die Banken das einfach lassen." Er teilte mit, dass das Finanzministerium eine Prüfung veranlasst habe, "ob es der Bundesregierung rechtlich überhaupt möglich ist, Kleinsparer vor solchen Negativzinsen zu schützen". Das sei aber kompliziert und werde etwas dauern. Das ist sachlich und ziemlich vorsichtig formuliert.
Der Vorschlag selbst war allerdings zuvor von CSU-Chef Söder in die Debatte gebracht worden. Dieser forderte ein "Verbot von Negativzinsen für Sparer mit weniger als 100 000 Euro auf dem Konto". Das Projekt werde nun aber Scholz zugeschrieben, kommentiert das Handelsblatt in seiner Wochenendausgabe.
Entsprechend richtet sich die Kritik jetzt gegen den SPD-Finanzminister. Das "von Scholz ins Spiel gebrachte Verbot", so schreibt die Finanzzeitung, stoße bei Verbraucherschützern nicht auf große Begeisterung. Das wird mit einer Bemerkung unterlegt, die von Klaus Müller, dem Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) stammt:
Ein Verbot von Strafzinsen für Kleinsparer ist gut gemeint, aber eine Scheinlösung. Bereits jetzt sind Negativzinsen bei bestehenden Verträgen aus Sicht des vzbv rechtswidrig. Banken und Sparkassen können dagegen Gebühren für Girokonten erhöhen, was sie bereits vielfach tun. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das, dass der effektive Zins für diese Konten heute schon oft negativ ist.
Klaus Müller, Vorstand des vzbv
Laut Müller bleibt den Bankkunden nur der Preisvergleich. Das bietet seiner Äußerung nach den einzigen Ausweg, den Schaden zu begrenzen: "Dass Banken für ihre Konten Gebühren verlangen, ist legitim. Wichtig ist aber ein funktionierender Wettbewerb für die Preise von Girokonten. Verbraucher müssen bei Bedarf schnell und einfach wechseln können. Eine unabhängige Vergleichsplattform für Girokonten, wie sie eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist, fehlt bis heute."
Von den Sparern spricht der Verbraucherschützer Müller gar nicht. Aus der Spitze der Finanzindustrie kommen die erwartbaren Aussagen: "Gesetzliche Verbote sind systemfremd, helfen Kunden nicht weiter und können letztlich zu einer gefährlichen Instabilität der Finanzmärkte führen", so die Warnung.
Bankenvertreter argumentieren mit dem Druck, den der negative Einlagezins der EZB ausübt. Kosten für die Einlagen würden bislang nur wenige Institute ihren Kunden weitergeben, hieß es kürzlich. Betroffen seien "besonders hohe Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten im sechsstelligen Bereich".
Aber, wie der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Krautscheid, ankündigte, könnte sich das bald ändern, da viele Banken "auf Dauer nicht mehr umhinkönnen, die zusätzlichen Belastungen auch in der Breite an Privatkunden weiterzugeben".
Man darf gespannt sein, wie die Reaktionen aussehen, sollte sich die SPD trauen und sich in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten für eine weniger zurückhaltende Lohnpolitik einsetzen.
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