Seite 3: Russland

Genauso wenig, wie der Versuch unternommen wird, China zu verstehen oder die Entwicklung auf der riesigen asiatischen Landmasse auch nur ins Auge zu fassen, werden russische Sichtweisen und Interessen ernst genommen. Die Sicherheitsinteressen Moskaus sind nur ein "Narrativ" und ihre Legitimität muss durch Anführungszeichen infrage gestellt werden:

Vielmehr unterstützte die Volksrepublik China das Narrativ Moskaus, dass die sukzessive Osterweiterung der NATO "legitime" Sicherheitsbedürfnisse Russlands außer Acht gelassen habe und somit der Westen den Krieg provoziert habe.

Die traumatischen Erfahrungen der Menschen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kommen nicht vor. In dieser Zeit des Hungers und der Seuchen sank die Lebenserwartung in Russland von 70 auf 65 Jahre. Auch, dass heute die Lebenserwartung die Niveaus der Sowjetzeit deutlich übertrifft, die russische Regierung also durchaus erfolgreich etwas für ihre Leute tut – hat keinen Platz im Weltbild der Autor:innen.

Die Osterweiterung der Nato wird insgesamt nur zwei Mal erwähnt und der Unterschied, den Moskau zwischen den ehemaligen Ostblock-Staaten und ehemaligen Sowjetrepubliken macht, ist offensichtlich überhaupt nicht verstanden. Der russische Präsident Wladimir Putin dient vor allem als fleischgewordener Gottseibeiuns – wahlweise brutal, böse oder blöde. Das ist ja jetzt Mode, das muss man so machen. Im Hinblick auf China heißt es etwa:

Doch aus Chinas Sicht war und ist Putin eher ein "nützlicher Idiot", um Russland in eine vasallenartige Abhängigkeit von China zu bringen.

Als Beleg für diese gewagte Behauptung führen die AutorInnen lediglich einen im Berliner Tagesspiegel übersetzten Kommentar aus dem Project Syndicate an. Dessen Autorin ist Nina Lwowna Chruschtschowa, eine in den USA lehrende Russland-Kennerin, deren China-Expertise allerdings nicht verbürgt ist.

Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO) wird gar nicht erwähnt. Und wofür gibt es eine Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS)? Was ist mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU)?