Vertrauensverlust und vertrauensbildende Maßnahmen
Seite 2: Übersterblichkeit
In Deutschland lag die offiziell erfasste Übersterblichkeit im Oktober bei 9 Prozent, im November sogar bei 20 Prozent. Gerd Roettig, der sich ausführlich auf Telepolis mit diesem Thema beschäftigt, kommentiert:
"Die pauschale Feststellung des Bundesamtes, dass auch die jüngst erhobene Übersterblichkeit der Monate September und Oktober des laufenden Jahres durch 'die gemeldeten Covid-19-Todesfallzahlen' nur zum Teil erklärbar sei, bleibt also wichtige Antworten weiterhin schuldig, da sie die Behörde gar nicht selber liefern kann."
Gerade bei der Bedeutung dieses Thema wären transparente Analysen dringend geboten. Nicht nur, um die Antworten zu finden, sondern auch gerade um das Vertrauen der Bevölkerung zu erhalten oder zu gewinnen.
Man denke an dieser Stelle an die niederländische Regierung, die aktuell, wie Stephan Schleim an dieser Stelle geschildert hat, auf die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der gemeldeten Übersterblichkeit von 800 bis 900 Personen pro Woche nicht eingeht und Daten zurückhält.
Transparenz bei Nebenwirkungen
Besonders sensibel stellt sich das Thema der Transparenz bei den Nebenwirkungen der Impfung dar. Alexander Unzicker kritisiert daher: "Auch das RKI unterlässt viele Maßnahmen, die zur Vertrauensbildung beitragen würden, etwa mehr Obduktionen."
Ganz in diesem Sinne lautet die Forderung des Pathologen Johannes Friemann:
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Ausschluss einer Überhäufigkeit von Todesfällen nach Covid-Impfungen seitens des öffentlichen Gesundheitswesens als Verpflichtung im Rahmen der Patientenfürsorge und des Bevölkerungsschutzes aufgefasst werden sollte. Alle Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung, zum Beispiel im 14-Tageszeitraum, sollten behördlich erfasst und bezüglich eines kausalen Zusammenhangs, wenn möglich mittels Obduktion, abgeklärt werden.
Johannes Friemann
Dies geschieht bisher nicht, ist nicht einmal in der Diskussion. Zur Transparenz gehört nicht nur die entsprechende Aufbereitung und Darstellung der Nebenwirkungen der Impfung, insbesondere die Melderate der schweren Nebenwirkungen, sondern auch, dass Medien – zwar sicherlich nicht jeden Tag, aber dennoch regelmäßig die Zahl der Meldungen schwerer Nebenwirkungen nennen, damit sich die Menschen ein Bild machen können und nicht, das Gefühl haben, die schweren Nebenwirkungen würden unter den Teppich gekehrt und ignoriert.
Sicherlich spielt hier die Sorge eine Rolle, falls man wiederholt die bisherige Häufigkeit der Meldungen von schweren Nebenwirkungen nenne, würde man eine irrationale und überdimensionierte Angst schüren. Wenn aber die Zahlen transparent aufbereitet und von Experten eingeordnet werden, sollte dieses Argument gegen die Notwendigkeit der Transparenz eigentlich nicht mehr stichhaltig sein.
Insbesondere wenn die Notwendigkeit einer regelmäßigen Boosterung im Raum steht, Biontech-Gründer Uğur Şahin eine Boosterung nach drei Monaten sowie eine vierte Dosis vorschlägt (die in Israel bereits durchgeführt wird), die Stiko diese Ansicht teilt, und der Chef der sächsischen Impfkommission davon ausgeht, dass in Zukunft regelmäßige Impfauffrischungen notwendig sein werden, ist die Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen wichtiger denn je.
Schließlich besteht die Möglichkeit, dass die derzeitige Melderate von 0,2 Meldungen schwerer Nebenwirkungen auf 1.000 Impfdosen, die das Paul-Ehrlich-Institut bisher verzeichnet, bei jeder Boosterungs-Runde erneut zu verzeichnen ist.
Man kann daraus freilich nicht zwingend folgern, dass die Boosterung zu gefährlich sei. Die Zahlen aber nicht offen zu kommunizieren, lässt nachvollziehbarerweise bei einer Reihe von Menschen das Gefühl fehlender Transparenz entstehen und damit die Frage aufkommen, aus welchem Grunde diese Transparenz bei einem solch wichtigen Thema nicht ausreichend gewährleistet wird. So entsteht kein Vertrauen in die Regierung, sondern Misstrauen.
Planung und Transparenz
Betrachtet man die georderten Impfstoff-Lieferungen der EU für das kommende Jahr, scheint es, dass die politische Führung vermutlich auch langfristig von einer Auffrischung der Impfung ausgeht.
Für Deutschland stehen insgesamt 109 Millionen Impfdosen für Erwachsene allein für das erste Quartal 2022 zur Verfügung. Das reicht, um deutlich mehr als alle Deutschen im Alter über fünf Jahre zu impfen. Auf EU-Ebene sieht es ähnlich aus. Zu den bereits 450 Millionen Impfdosen von Biontech wurden aktuell 200 Millionen weitere geordert.
Hinzu kommen 200 Millionen Dosen von Novovax. Ohne andere Impfstoffe in dieser Rechnung zu berücksichtigen, kommt man also auf 850 Millionen Impfdosen für 447 Millionen EU-Bürger. Gut zwei Impfdosen pro EU-Bürger, der älter als fünf Jahre ist. Die Tatsache, dass die vermutliche Absicht, wiederholt eine Boosterung aller EU-Bürger vornehmen zu lassen, lange Zeit so nicht kommuniziert wurde, stellt leider ein weiteres Beispiel fehlender Transparenz dar.
Die berühmten Langzeitfolgen
Ein letzter Punkt zu den Nebenwirkungen. Das RKI erklärt: "Sogenannte Langzeitnebenwirkungen, die unerwartet und erst lange Zeit (mehrere Jahre) nach der Impfung auftreten, sind bei noch keiner Impfung beobachtet worden und sind auch bei den Covid-19-Impfstoffen nicht zu erwarten."
Diese Darstellung wurde sehr breit in den Medien wiedergegeben. Der Epidemiologe Alexander Kekulé gibt aber angesichts der Vorbehalte im Hinblick auf mögliche Langzeitfolgen, die eine Reihe von Impfkritikern haben, zu bedenken:
Natürlich hat man die neuen Wirkstoffe mittlerweile milliardenfach verimpft, ohne dass bedenkliche Nebenwirkungen registriert wurden.
Die sehr seltenen Herzmuskelentzündungen heilen meist folgenlos aus und stünden jedenfalls einer Impfpflicht für Erwachsene nicht entgegen. Allerdings kann kein seriöser Wissenschaftler ausschließen, dass in Zukunft Nebeneffekte entdeckt werden, die mit den heutigen Kenntnissen über das Immunsystem und seine Entwicklung in der Kindheit nicht vorhersehbar waren.
Alexander Kekulé
Offensichtlich ist die Eindeutigkeit der Aussage des RKI auch unter Experten nicht so eindeutig. Daher wäre auch dies eine Frage der Transparenz, wenn dies offen und widersprüchlich diskutiert würde. Denn nur so kann man Vertrauen schaffen und die Menschen überzeugen.