Viel zu warm

Seite 2: Auslaufmodell Kohle

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Eine Mittel gegen diese Subventionen über die Stromrechnung der Privathaushalte und des Gewerbes wäre, nicht mehr so viel Kohlestrom zu produzieren oder diesen zumindest über eine Abgabe auf den Treibhausgasausstoß zu verteuern. Letzteres sollte nach offiziellem Bekunden eigentlich die Aufgabe des EU-Emissionshandelssystems sein.

Allerdings funktioniert dieses nunmehr seit einigen Jahren nicht mehr. Die Preise für die Emissionszertifikate sind im Keller aber die Regierungen der Mitgliedsländer sehen keine Veranlassung, die Zertifikate zu verknappen und damit ausreichend zu verteuern.

Ein anderer Weg wäre ein organisierter Kohleausstieg, wie zum Beispiel von der Linkspartei schon seit längerem gefordert wird. Ende Januar will sie im Herzen des Ruhrgebiets, in Essen, auf einer bundesweiten Konferenz darüber diskutieren wie "ein sozial ökologischer Umbau" der Industriegesellschaft und damit auch der Stromversorgung gelingen kann. Bei den Grünen wurde die Forderung nach dem Ausstieg aus der Kohle gerade auf einer Klausurtagung ihrer Bundestagsfraktion erneuert. 20 Jahre geben sie darin dem Land für einen Ausstieg. "Bis 2035" heißt es bei der Linkspartei.

Der Abschied von Kohle zeichne sich seit langem ab, schreiben die Grünen in ihrem Papier. Seit den 1960ern sei die Zahl der Beschäftigten im Stein- und Braunkohlebergbau von einst 650.000 in Ost und West auf inzwischen knapp 30.000 zurückgegangen. Wenn Ende 2018 Schluss mit dem Steinkohlebergbau ist - ab dann, so haben sich die EU-Mitglieder geeinigt, dürfen keine Subventionen mehr fließen - gehen nach Einschätzung der Grünen noch einmal 16.000 Arbeitsplätze verloren.

Es gehe darum, für die Beschäftigten und Regionen neue Entwicklungschancen zu eröffnen. Auch bei der Linkspartei betont man immer wieder, dass der Ausstiegsplan einen Fonds für den Strukturwandel enthalten müsse und die Beschäftigten nicht alleine gelassen werden dürften. Bei den Grünen heißt es dazu:

Warten wir zu lange, verlieren wir wertvolle Zeit. Was das bedeutet, zeigt sich zum Beispiel in Teilen des Ruhrgebiets, das bis heute unter den Fehlern der Vergangenheit leidet.

Die Grünen

Ein wichtiges Argument für den Kohleausstieg ist natürlich neben der industriepolitischen Planung der Klimaschutz. Braun- und Steinkohlekraftwerke sind für rund 80 Prozent der Emissionen des Stromsektors verantwortlich, und auf dessen Konto geht wiederum knapp 40 Prozent des deutschen Treibhausgasausstoßes. Oder mit anderen Worten: Kohlekraftwerke stellen in etwa ein Drittel des Problems dar.

Ausstiegsplan bis 2035

Die Grünen argumentieren in ihrem Papier mit einem Budgetansatz, wie er vor einigen Jahren hierzulande vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) eingeführt wurde. Die Klimawissenschaft kann ermitteln, wie viele Treibhausgase noch emittiert werden dürfen, wenn ein bestimmtes Erwärmungslimit nicht überschritten werden soll.

Dafür werden alle Gase entsprechend ihrer Verweilzeit in der Atmosphäre und ihrer Fähigkeit, Wärmestrahlung zu absorbieren, in Kohlendioxid umgerechnet. Würden die deutschen Kohlekraftwerke wie bisher weiter laufen, heißt es bei den Grünen, wäre das Treibhausgasbudget des hiesigen Energiesektors für eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau bereits 2025 aufgebraucht.

Will man das verhindern, müsste ein mehrstufiger Plan her, wie ihn am Dienstag der World Wide Fund for Nature (WWF) vorgestellt hat. Die von den Umweltschützern beauftragten Autoren vom Freiburger Ökoinstitut und der Prognos AG schlagen vor, ab 2019 alle Kohlekraftwerke abzuschalten, die 30 Jahre Betriebszeit überschreiten.

Bis 2035 sollte dann das letzte vom Netz gehen. Dafür müsste der Ausbau der erneuerbaren Energieträger wieder forciert, die Vernetzung mit dem Ausland verbessert und auch im Inland das Stromnetz ausgebaut werden.

Taiwan steigt auch aus

Andernorts, in Ostasien, verliert die Gemeinde der Atomnationen ein weiteres Mitglied. Kürzlich hat auch Taiwan den Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft beschlossen, berichtet Asia Times Online. Ersatz sollen erneuerbare Energieträger liefern.

Bis 2025 werden alle Reaktoren in drei Atomkraftwerken abgeschaltet. Ein viertes AKW endet nach Jahren der Verzögerungen und Bauunterbrechungen wegen wachsender politischer Widerstände als Bauruine ohne je fertig gestellt worden zu sein.

Umweltschützer kritisieren allerdings, dass die jetzt vorgesehene Regelung die Betreibergesellschaft Taipower aus der Verantwortung für die Meiler nach deren Abschaltung entlässt. Die Folgekosten würden vermutlich von der Allgemeinheit getragen werden müssen.

Zu viel Quecksilber

Der Bundesgerichtshof hat der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Rechtsstreit mit einem Hersteller von Energiesparlampen Recht gegeben. Die jetzt vorgelegte schriftliche Begründung macht klar, dass Lampen, die die gesetzlichen Grenzwerte für Quecksilber überschreiten nicht in den Handel gebracht werden dürfen.

Die festgestellte Verletzung des Grenzwertes stelle auch kein Bagatelldelikt dar. Die DUH hatte, wie sie berichtet bei Laboranalysen von Energiesparlampen der Brilliant AG deutliche Überschreitungen des gesetzlich erlaubten Grenzwerts für Quecksilber festgestellt.

Weil der Lampenhersteller der Aufforderung der DUH nicht nachkam, zukünftig keine Energiesparlampen mit zu viel Quecksilber mehr zu verkaufen, klagte der Umwelt- und Verbraucherschutzverband wegen Verstoßes gegen das Elektro- und Elektronikgerätegesetz und erhielt nun auch in letzter Instanz Recht.

Es ist erstaunlich, mit welcher Ignoranz gegenüber Umwelt- und Verbrauchervorschriften ein Unternehmen über drei Gerichtsinstanzen hinweg dafür kämpft, illegal Lampen mit zu hohem Quecksilberhalt verkaufen zu dürfen. Die Weigerung der meisten für Marktüberwachung zuständigen Landesbehörden, derartige Verstöße zu kontrollieren und zu ahnden, hat dazu geführt, dass Verbraucher zunehmend Gefahr laufen, umwelt- bzw. gesundheitsschädliche Produkte zu kaufen.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch

Nun seien die Bundesländer aufgefordert den Verkauf von Lampen mit zu hohem Quecksilbergehalt zu unterbinden. So lange Kontrollbehörden weiterhin deren Verkauf stillschweigend tolerieren und ihrer Aufsichtspflicht selbst nach entsprechenden Hinweisen nicht nachkommen, werde die DUH gegen ihr bekannt werdende Verstöße vorgehen. Die BGH Entscheidung habe unter anderem auch geklärt, dass Umweltverbände dies können und damit den Verbraucherschutz gestärkt.