Vogelgrippe & Co.: Aviäre Erkrankungen und wie sie sich verbreiten
- Vogelgrippe & Co.: Aviäre Erkrankungen und wie sie sich verbreiten
- Weiterverbreitung durch Tiertransporte
- Viren reisen um die Welt
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Die Vogelgrippe wird durch Wildvögel verbreitet, heißt es. Doch welchen Anteil hat die Geflügelindustrie und der globale Handel an der Verbreitung der Viren?
Die Geflügelpest geht um – wie beinahe jedes Jahr um diese Zeit. Von Finnland über die Faröer bis nach Irland, von Russland bis Portugal wurden infizierte Tiere gefunden. Auch aus Kanada, Indien und Ostasien kamen die Meldungen. Der aktuelle Ausbruch überträfe sogar das Seuchengeschehen der letzten Jahre, heißt es.
Seit Anfang Oktober wurden in Deutschland rund 400 Infektionen bei Wildenten, -gänsen, Schwänen und Möwen erfasst, in Schleswig-Holstein vor allem entlang der Küste. In ganz Schleswig-Holstein wurde mittlerweile eine Stallpflicht verhängt. Darüber hinaus registrierte das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) 46 Ausbrüche in Geflügelhaltungen, allein 18 davon in Niedersachsen.
Ende Dezember wurden auf einem Putenbetrieb im Landkreis Märkisch-Oderland 19.000 Puten gekeult, nachdem die hochpathogene Variante H5N1 festgestellt worden war. Im Umkreis des Betriebes wurde eine Schutzzone mit einem Radius von drei Kilometern und eine Überwachungszone von zehn Kilometern Radius eingerichtet.
Damit konnte allerdings nicht verhindert werden, dass unweit davon, im Oderbruch, das Virus in einem weiteren Putenmastbetrieb ausbrach. Auch hier wurden alle 16.500 Tiere durch die Behörden getötet.
Im Januar war die Zahl der gefundenen infizierten Wildvögel im Kreis Segeberg sprunghaft angestiegen. Für Geflügelzüchter und Halter wurden verschärfte Hygiene-Auflagen angeordnet.
Nachdem Mitte Januar ein Ausbruch der Geflügelpest in einer Tierhaltung in Baden-Württemberg bekannt wurde, ordnete das hessische Umweltministerium im südhessischen Kreis Groß-Gerau eine Stallpflicht an. Um das Eindringen von Wildvögeln zu verhindern, wie es hieß, müssen Hühner oder Puten in geschlossenen Ställen oder in entsprechenden Vorrichtungen gehalten werden.
Seither reißen die Meldungen von immer neuen Vogelgrippe-Fällen nicht ab: Mitte Januar war ein Bestand mit 6.000 Puten in einem Betrieb in Gießelhorst im Landkreis Ammerland in Niedersachsen betroffen. Der gesamte Bestand wurde "geräumt", wie es hieß.
Auch in Thüringen treten immer neue Fälle von Vogelgrippe auf. Während an manchen Orten eine Stallpflicht gilt, wurde diese an anderen Orten wieder aufgehoben. Bereits Ende Dezember waren auf einem Geflügelbetrieb nördlich von Prag mehr als 100.000 Tiere der Seuche zum Opfer gefallen.
Nach Angaben der Veterinärbehörden wurden rund 80.000 weitere infizierte Tiere gekeult und mehr als eine Million Eier vernichtet. Den Veterinärbehörden zu Folge ist das nachgewiesene H5N1-Virus "sehr aggressiv" und tötet die Tiere schnell.
Auch in Israel meldete das Landwirtschaftsministerium ein Massensterben von Legehennen in Batterien in der Nähe von Hochhäusern. Um weitere Ansteckungen zu verhindern, wurden Hunderttausende Tiere getötet. Seither fehlen auf dem israelischen Markt monatlich rund 14 Millionen Eier, wie es heißt.
Wildvögel als alleinige Virenschleudern?
Die Krankheit werde von ziehenden Wasservögeln über weite Strecken verbreitet, mutmaßen Virologen. In Israel sollen rund zwanzig Prozent der Kraniche infiziert gewesen sein. Die Zugvögel kamen aus Südeuropa und legten auf dem Weg nach Afrika einen Zwischenstopp ein.
Auch in der letzten Saison vom Herbst 2020 bis zum Frühling 2021 sollen vorüber ziehende Zugvögel über Deutschland und Europa die Seuche verbreitet haben. Das FLI empfiehlt Kontrolle und Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen auf den Geflügelbetrieben. Die Geflügelfarmen und Wildvögel würden aktuell nicht so eng überwacht, weil sich alle Anstrengungen auf die Bekämpfung von Covid-19 richteten, warnen Experten.
Das Epidemie-Geschehen von Oktober 2020 bis März 2021 wurde von Wissenschaftlern des FLI genauestens dokumentiert. Tatsächlich deuten die Diagramme darauf hin, dass ein erheblicher Anteil auf die Verbreitung durch die Wildvögel zurückgeht. Demzufolge schleppen Wildvögel wie Gänse, Enten, Schwäne, Greifvögel etc. die verschiedenen Subtypen ein, wobei H5N8 am häufigsten auftritt.
Ähnlich wie die Sars-Cov-2 gehören auch die Krankheitserreger der Vogelgrippe zu den so genannten Zoonosen, also Virenkrankheiten, die sich sowohl von Tier zu Tier als auch von Tier zu Mensch bzw. vom Menschen zum Tier übertragen. Erstmalig wurden die so genannten HPAI-Viren in Europa Ende der 1950er Jahre identifiziert. Allerdings gab es bereits im späten 19. Jahrhundert schon ein Massensterben von Geflügel, das vermutlich ebenfalls auf HPAI zurückgegangen war.
Seit Jahren wiederholt sich in Europa dasselbe Muster: Erst findet man das Virus bei den Wildvögeln, dann in Geflügelmast- und Legehennenbetrieben, schließlich wird massenhaft Nutzgeflügel "gekeult". Kein Zeifel: Für die Halter ist der wirtschaftliche Schaden groß. Doch stellt sich auch eine ethische Frage: Dürfen wir mit Tieren, die wir gezüchtet haben, derart respektlos umgehen?
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