"Volksparteien" weiter im Niedergang
Politbarometer: Die SPD ist abgewirtschaftet, die FDP verliert gegenüber der rechten Konkurrenz der AfD, es fehlt ein neues, unverbrauchtes Gesicht in der politischen Landschaft
Die SPD sackt ab. Das hat der DeutschlandTrend gezeigt und wird auch vom Politbarometer bestätigt. Ob das mit den GroKo-Verhandlungen zusammenhängt, ist nicht ganz klar. Sicher ist jedoch, dass die SPD wie andere sozialdemokratische Parteien mit dem Versuch, ihre linken Positionen aufzugeben, um mit den konservativen Parteien um die Mitte und die Wirtschaft zu konkurrieren, zum Scheitern verurteilt ist. Von einer Volkspartei ist nicht mehr zu sprechen. Vermutlich verstärken die Koalitionsgespräche aber den Niedergang, weil sie belegen, dass die Parteifunktionäre lieber noch einmal kurzfristig an der Macht festhalten wollen, als in die Opposition zu gehen oder in Neuwahlen die Union und AfD mit einer linken Position herauszufordern.
Immerhin sinkt die SPD im aktuellen Politbarometer "nur" auf 19 Prozent. Die Union verliert hingegen um 2 Prozentpunkte und kommt noch auf 31 Prozent. Damit ist jedoch klar, dass die GroKo-Verhandlungen bereits im irrealen Raum stattfinden. Union und SPD haben real keine Mehrheit mehr. Die Zeiten einer Großen Koalition sind vorbei. Jetzt ist die Zeit für größere Flexibilität der Parteien und ihres Personals angebrochen, was bereits die FDP unter ihrem Chef Lindner zurückschrecken ließ, der trotz aller Innovationsrhetorik immer noch im Geist der alten Bundesrepublik festzuhängen scheint.
Dass die FDP auch einen Punkt verliert und auf 7 Prozent rutscht, ist sicherlich ein Verdienst von Lindners Weigerung, mit den neuen Realitäten klarzukommen. Der Anbiederungskurs der FDP an die AfD, an ihre Konkurrenzpartei, stärkt diese. Die AfD legt um zwei Punkt auf 14 Prozent zu. Auch die Grünen profitieren, die Linke kann zumindest um einen Punkt auf 11 Prozent zulegen, wobei sie aber die kleinste Partei im Bundestag bleibe.
Es gibt auch keine Mehrheit in der Bevölkerung, die einer "großen" Koalition zustimmen würde, die meisten Befragten wären für Neuwahlen. Ausrangiert scheinen Martin Schulz und Horst Seehofer zu sein. Die Deutschen lieben weiterhin Wolfgang Schäuble. Sigmar Gabriel kann wie üblich als Außenminister punkten und liegt in der Beliebtheit noch vor Angela Merkel. Der zurückgetretene Cem Özdemir rangiert noch vor der regierungswilligen Andrea Nahles, Christian Lindner rutscht herunter, aber kann sich noch vor Sahra Wagenknecht platzieren. Auch diese Popularitätsskala macht deutlich, dass es wenig Bewegung gibt - und vor allem kein überzeugendes neues Gesicht, das sich wie Macon in Frankreich oder Kurz in Österreich dazwischen schiebt.
Achja, Donald Trump, der Abkömmling deutscher Einwanderer, ist in Deutschland höchst unbeliebt. Nur 9 Prozent sagen, er mache seine Arbeit als Präsident gut, 84 Prozent meinen, dass er einen schlechten Job macht. Dabei setzt er um, was sich auch viele Deutsche wünschen: Grenzen dicht für Einwanderer und Flüchtlinge sowie insgesamt eine nationalistische Politik.
Mit dem Verschwinden der großen Parteien und damit der "Mitte" muss Politik mehr verhandeln, Kompromisse schließen, beweglicher werden. Die einzelnen Parteien verlieren an Macht, die Diskussion wird offener, möglicherweise wird auch einmal eine Reform der Parteiendemokratie möglich, etwa dass die Deutschen den Bundeskanzler oder einzelne Kandidaten wählen können, nicht nur vorgegebene Listen.