Vom Heimatschutz über den Naturschutz zum Schutz der Rasse

Seite 3: Die Kontinuität der Heilkräuter

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Landschaftsarchitekt Leberecht Migge hatte für die Freiraumgestaltung in der Zwischenkriegszeit richtungsweisende Bedeutung. Er arbeitete mit Vertretern des Neuen Bauens wie Bruno Taut und Ernst May zusammen. Er plädierte für "grüne Städte", worunter er eine urbane Landwirtschaft in einem Kreislaufmodell verstand. Nach dem ersten Weltkrieg nannte er sich "Spartakus in Grün", um seinen gesellschaftskritischen Anspruch zu unterstreichen. Seine Kritik fasste er in die Worte: "Das Blut der Menschheit trank der Vampir Stadt."

1932 lief Migge zu den Nationalsozialisten über. War er mitgerissen von seiner eigenen Metaphorik? Sozialkritik verraucht im Geraune von dunklen Mächten oder blutsaugenden Kreaturen. Die Stadt ist Lasterparadies und Sündenbabel. Nur Asphaltjuden leben dort gerne. Schon ist aus dem Sozialisten Migge ein Nationalsozialist geworden.

August von Kreling: Erwin von Steinbach im Waldesdom, 1849. Bildquelle: Niedersächsisches Landesmuseum Hannover

Auf eine Zukunft vergangener Gegenwarten setzen heute sich links gerierende Gruppen mit nationalistischen Tendenzen, wenn sie sich "nationalrevolutionär" oder "nationalbolschewistisch" nennen. Es ist nur eine Umschreibung der Drift nach rechts, der sich die Umweltbewegung ausgesetzt sieht. Der DDR-Dissident und linke Ökologe Rudolf Bahro sagte 1990: "Eigentlich ruft es in der Volkstiefe nach einem grünen Adolf." Der 68er Kommunarde Rainer Langhans sekundierte 1999: "Wir müssen die besseren Faschisten sein." Aber nicht nur abgehalfterte Prominente folgen den Fährten, von denen sie sich einen Ausgleich für ihren Bedeutungsverlust versprechen. Aus "CasaPound", einer römischen Hausbesetzerbewegung vom Anfang des Jahrtausends, wurde schnell eine neofaschistische Partei mit Affinität zu den Identitären.

In Deutschland traten in der Gründungsphase der Grünen etliche ältere Herren auf, die ihre Nazi-Vergangenheit passförmig für die neue Organisation machten, darunter Werner Georg Haverbeck, Baldur Springmann und in Österreich Konrad Lorenz. Ihre Weltanschauungen waren anthroposophisch, biologisch-dynamisch oder soziobiologisch geprägt. Einen ähnlichen Input erhielt der BUND. Seine Gründung wurde vom "Bund Naturschutz in Bayern" initiiert, dessen Vorsitzender von 1958-63 der Landschaftsarchitekt Alwin Seifert war.

Seifert kam aus dem Umfeld von Lebensreform und Anthroposophie. In der NS-Zeit war er leitender "Landschaftsanwalt". Seine vordringlichste Aufgabe war die Gestaltung des Begleitgrüns der Autobahnen als germanische Heimatlandschaft. Seine Vorliebe für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise führte ihn nach Dachau. Im dortigen Konzentrationslager nahm er Anteil an den Versuchen der SS mit einer Heilkräuterplantage.

Seifert ahnte jedoch voraus, dass der Kampf gegen den Klimawandel auf der Agenda ganz nach oben rücken würde. In Teilen der heutigen Umweltbewegung verbindet sich die Kritik am Klimawandel mit einem ganz von rechts kommenden Argument: Die Bevölkerungsexplosion führe zum Raubbau an der Natur mit allen klimatischen Folgen. Schon vor 2015 stand fest, dass die Migranten die Schuld tragen. Damit geht die Renaissance des Begriffs der Heimat einher, der regionalen Gebundenheit der von anderen abgegrenzten Populationen.

Wie sich die Begriffe historisch entwickelt haben, sollte heute nicht weggewischt werden: Wenn Naturschutz nur wirksam ist, sofern er in den Heimatschutz eingebettet ist, dann mündet er über kurz oder lang in den Rassenschutz, die Erhaltung der "Art" auf eigener Scholle in der richtigen Proportion. Die Begriffsverschiebungen laufen vor dem Hintergrund einer spiritualistischen Verklärung der Natur ab. Aus den Diesseitsreligionen vor dem Ersten Weltkrieg ist eine ökologische Religion geworden.

Das ist kein Generalverdikt gegen die organisierte Umweltbewegung. Es ist nicht auszudenken, wie es ohne sie stünde. Aber sie sollte ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Kräfte, die sie in totalitäre Denk- und Verhaltensweisen lenken könnten, ebenso sehr in ihr selbst schlummern wie sie von außen kommen. Bereits 1989 fassten die Delegierten des BUND einen (ersten) Abgrenzungsbeschluss nach rechts: "Der BUND lehnt die Zusammenarbeit - nicht aber die Auseinandersetzung - mit allen dem rechtsradikalen und rechtsextremen Spektrum zugehörigen oder nahestehenden Parteien ab." Dass die Dämme brechen können, zeigt Thüringen.